Sagen aus Westfalen
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Die reitenden Hexen

Eine besondere Vorliebe hatten die Hexen für das Reiten. Sie ritten aber nicht auf Besenstielen, wie es uns aus dem Harz erzählt wird, sondern auf Pferden. Hören wir nur folgende Geschichte. Ein Bauer aus Haddorf bei Wettringen hatte die Gewohnheit, die Pferde des Nachts auf der Weide zu lassen, um mit dem Heufutter zu sparen. Er sollte aber keine rechte Freude daran haben. Jeden Morgen, wenn er die Tiere heimholte, waren ihnen die Mähnen geflochten, ihre Körper naß, daß der weiße Schaum nur so hervortrat, dazu hatten sie nichts im Leibe und konnten nicht arbeiten. Als das gar nicht anders wurde, stimmte es den Bauern verdrießlich. Da ging er eines Abends nach der Weide und verbarg sich in der Hecke, um aufzupassen, wer das mit seinen Pferden anstelle. Zuerst blieb alles um ihn still. Da um Mitternacht aber nahte ein Sausen durch die Luft. Eine Frau im Siebrand flog herbei, setzte das runde Ding in die Hecke und schwang sich auf eines der Pferde und ritt wie toll. Das ging nur immer: Katuffel, katuffel, de Wieske up un dahl. Wie der Bauer das gewahrte, rief er vor Zorn: »Ik sall di helpen, ik sall di dat endlicks afleän!« Und er nahm den Siebrand an sich. Die Hexe sollte ja schon kommen. Die war auf einen solchen Ausgang nicht gefaßt gewesen, kam ganz verlegen herbei und bat den Bauern, er möchte ihr doch das Sieb zurückgeben; denn sonst würde sie unglücklich werden, und um vier Uhr morgens müßte sie schon in Amsterdam zum Kuhmelken sein. Als der Bauer noch zögerte, versprach sie ihm hoch und heilig, nie wieder seine Pferde belästigen zu wollen. Nur solle er ihr das Sieb wiedergeben. Da gab der Bauer ihr das Sieb denn zurück. Die Hexe schwang sich hinein und sauste durch die Luft davon. Seit der Nacht passierte den Pferden des Bauern nichts mehr.

 


 


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