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11. Kapitel.

Schon nach einem Jahre konnte Alida zur Uebersiedelung an den Herd rüsten, den Thiddi mit Tante Guschis Hilfe weit draußen in der Pampa gegründet. Zwar ist der Herd bescheiden, ein langgestrecktes, niederes Gebäude aus Holz und Lehm erbaut. Aber doch nicht ganz schmucklos. Eine breite Veranda ziert es, von jungen Orangen- und Pfirsichbäumen umstanden.

Von diesem bescheidenen idyllischen Heim schweiften die Augen über unermeßliche Weiten, über wohlbestallte Mais- und Weizenfelder, sowie eine in vorzüglichem Zustande sich befindende Schafherde, die weit abseits hinter den Paddocks auf den fetten Grastriften ein beschauliches Dasein führten und dem Besitzer einen guten Gewinn zur nächsten Schafschur versprachen.

Thiddi ist stolz auf seine Estanzia, er hat sie Alidenheim getauft.

Er und Tante Guschi haben sich redlich um das Gedeihen der neuen Gründung gemüht, so daß ihr Stolz vollkommen berechtigt ist.

Aber auch Herrn Norden gebührt ein Teil des Erfolges. Seine Anerkennung war für Thiddi ein rechter Sporn, sein möglichstes zu leisten. Und die Freude an der Arbeit ist ein wackerer Gehilfe gewesen. Jetzt ist alles fertig und bereit, die künftige Herrin zu empfangen. – –

In Newyork hat das Paar sich trauen lassen.

Immer wieder ruht Alidas Blick mit Stolz auf ihrem Eheliebsten. Der ist scheint's breiter in den Schultern geworden, sein Gesicht ist tief gebräunt von der Luft und der südlichen Sonne.

»Du mein Süßes, mein Einziges,« flüstert Thiddi seiner kleinen Frau ins Ohr.

Sie sieht ihm so blaß, so gebrechlich aus.

»Na,« tröstet er, »nach einem Jahr, dann guck dich mal an im Spiegel. Du sollst was erleben. Du wirst kräftig und stark werden.«

Tante Guschi ist ganz gerührt bei ihrer Ankunft. Sie schließt ihr zweites Kind in die Arme und küßt es auf die roten Lippen.

Die junge Frau schlingt ihre Arme um den Hals Augustes.

»Hab' mich Lieb, Tante Guschi,« bittet sie mit ihrer süßen Stimme.

Und Tante Guschi gelobt sich in dieser Stunde, über das kleine Weibchen zu wachen, wie über ihren Augapfel.

Alida verweilt noch einen Augenblick auf der Veranda, nachdem Tante Guschi sich zurückgezogen, die letzte Hand an die festliche Mahlzeit zu legen.

»O mein Thiddi, wie schön ist unser Besitz. Das alles gehört uns? Alles, was meine Augen hier sehen?«

»Alles, Schatz. Und noch ein paar Jahre, dann erbauen wir uns an Stelle dieser Lehmhütte ein kleines Schlößchen.«

»Seine Mauern werden nicht mehr Glück umfassen können als diese Lehmmauern, Geliebter,« sagte Alida mit sinnigem Ernst.

In Thiddis Augen lacht der Schalk.

»Vielleicht doch. Ich habe solche Ahnungen.«

»Die hatte Tante Malve auch,« sagt Auguste hinzutretend.

Ihr fielen die dunklen Wolken ein, die Malve bei der Abfahrt des geliebten Neffen gesehen Aber sie sagt nichts davon; die dunklen Wolken waren ja von Thiddis Himmel verschwunden.

»Nun kommt zu Tisch,« bittet Auguste. »Das Essen wartet.«

* * *

Und wiederum ist ein Jahr vergangen Zwar war das Schloß noch nicht erstanden aber an ein stattlicheres Wohnhaus denkt Thiddi doch schon.

Im reizenden Korbwägelchen träumt ein kleiner Prinz seine ersten Träume. Ihn werden dereinst keine beengenden Mauern umfassen, frei wird er auf der Pampa aufwachsen.

Mit den Nordens halten Liebeknechts gute Nachbarschaft, soweit bei der großen Entfernung sich ein Umgang erlaubt.

Die Drei auf Alidenheim leben eine Welt für sich. Nur ganz wie fernes Brausen schlägt zuweilen eine Kunde von der Welt draußen an ihr Ohr, die einst die ihre gewesen.

Malve schreibt manchmal. Zwar recht selten, aber doch, wenn die Sehnsucht nach allem, was einst ihr gehörte, sie zu sehr übermannt. Von sich selber weiß sie wenig zu berichten. Trotzdem ihr Leben ein recht bewegtes zu sein scheint, nennt sie es doch das Einerlei des Tages. Sie besucht Theater, Konzerte, gibt Gesellschaften und geht in solche. Und doch dringt durch ihre Zeilen eine Sehnsucht nach ewig Verlorenem Von Westerfeldts erzählt Malve wohl auch.

Die schöne Mercedes flattert nach wie vor wie ein schillernder Schmetterling im Weltenraum umher, weiß nichts von Sorgen und will nichts davon wissen. Man sagt, ein reicher Russe bewirbt sich um ihre Hand und habe gute Aussichten auf Erhörung. So sehe man denn einer abermaligen Verlobung im Hause Westerfeldts entgegen.

Hans Westerfeldt ist alt geworden. Der stolze Nacken ist gebeugt; nicht von der Last der Jahre, wohl aber von der drückenden Sorgenlast. Sein Leben gleicht einem steten Auf und Ab. Es ist ein Jagen und Haschen nach den Gütern des Lebens, das aufreizend und vernichtend auf sein Nervensystem wirkt.

Benno hat sich dem Bankfach zugewandt. Editha aber hofft noch immer auf die Erfüllung ihrer Herzenswünsche.

Wenn solche Nachrichten in Alidenheim eintreffen legt sich wohl auf Tante Guschis wie auf Thiddis Gemüt ein tiefer Schatten. Doch nicht lange kann er vor so viel Sonne und Licht anhalten wie Alidenheim aufzuweisen hat. Und diese Sonne und dieses Licht schaffte die Arbeit und jene allgewaltige, große Liebe, die nichts anderes kennt, als in dem anderen völlig aufzugehen.

Wohl niemals hat ein Mann den Segen rühriger Frauenhände mehr empfunden als Thiddi an der Seite der beiden mit ihm schaffenden Frauen in der Pampa.

 

:: Ende ::

 


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