Heinrich Pestalozzi
Lienhard und Gertrud
Heinrich Pestalozzi

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127.
Leid und Freude in einer Stunde.

Das waren Gertruds und Arners Wege; aber nicht weniger edel und schön war der Weg ihres Pfarrers. Er arbeitete jetzt immer an der Wiederherstellung des armen zerrütteten Vogtes.

Dieser war, seitdem ihm die Härte seiner Mitvorgesetzten durch die Kalberleder-Historie zu Ohren gekommen, niedergeschlagener als vorher. Der Pfarrer tröstete ihn zwar oft; aber es war jetzt tief in seine Seele hineingegraben, kein Mensch habe mehr Mitleiden mit ihm, und er verdiene auch nicht, daß ein Mensch mehr Mitleiden mit ihm habe. Er saß seither oft mit Tränen in den Augen in des Pfarrers Stube, und wollte oft nicht mehr von dem Weine trinken, den der Pfarrer ihm vorstellte. So saß er besonders den letzten Donnerstag neben dem Pfarrer, und dieser war betrübt und nachdenkend darüber, wie er ihn doch zufrieden stellen und wieder beruhigen könnte; aber er wußte eben nicht recht, was er tun solle. Da kam eben der Hübelrudi, um dem Pfarrer zu sagen, er könne es nicht länger mehr anstehen lassen, mit dem Vogte zu reden, und ihm zu sagen, was ihm seine Mutter auf dem Todbette befohlen, und auch, was er ihm in seinem Unglück gottlob jetzt Gutes tun könne und wolle.

Das Herz war dem Pfarrer leicht, sobald er den Hübelrudi sah, und da er mit ihm geredet, dankte er dem Vater im Himmel, daß die Hand seiner Allmacht seinen leeren Worten zu Hilfe gekommen sei, und sagte dann zum Rudi, daß er auch ihm danke, und sich freue, wenn er sicher sein könne, daß es ihn nie gereuen werde, was er ihm soeben wieder für den armen Vogt versprochen habe.

Rudi. Mein Gott, nein! fürchtet doch das nicht! Es wird mich gewiß nicht gereuen.

Pfarrer. Nun in Gottes Namen! ich will dich auch nicht davon abhalten.

Dann gingen sie miteinander zum Vogt.


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