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2.

Die Reize Fatimens fesselten den Khalifen nur auf wenige Tage. Er kehrte bald zu seiner Schwester zurück; theilte von neuem seine Zeit zwischen seine Geschäfte und ihre Gesellschaft, ohne weiter seiner neuen Gemahlin zu erwähnen. Noch düsterer, noch quälender ward nun seine Laune. Die Sanftmuth, die Freundlichkeit, der Witz der Prinzessin, ihr Gesang, ihr Lautenspiel wirkten weiter nichts auf ihn, als daß sie ihn zu noch ungestümern Aeußerungen reizten. Sein Betragen gegen Giafar war entweder äußerst rauh oder äußerst zärtlich. Er haßte und liebte ihn in gleichem Maße; seine Abwesenheit war ihm so unerträglich, wie seine Gegenwart, und je weiser, muthvoller Giafar seine Laune ertrug, je mehr empörte sich sein stolzes Herz. In jedem seiner Worte, in jedem seiner Blicke sah und hörte er einen Sieg über sich, und um so peinlicher ward ihm diese Empfindung, da sein Verstand ihm deutlich zeigte, er verdiene die Niederlagen. Eines Tages neckte er ihn in Gegenwart Abbassa's auf das grausamste; Giafar erduldete es lange; endlich sah er ihn mit kaltem Ernste an und sagte: »Herr der Gläubigen, wäre mein Herz zum Stolze geneigt, du müßtest ihn heute mehr als je erweckt haben; denn nun seh' ich erst ganz klar, daß du in deinem Innern mit mir und meinen Diensten weit zufriedner bist, als ich zu denken wagte. Würdest du es wohl, wenn du gegründete Ursache zum Mißvergnügen hättest, bei der Verspottung der Eigenschaften bewenden lassen, wodurch ich allein deiner würdig sein kann? Spotte, Herr; ich, der ich nur Einen Wunsch habe, von dir geachtet zu sein, wenn ich es verdiene, kann auch deinen unverdienten Haß ertragen. Erlaube mir nur für mein Dulden, daß ich dir so dienen darf, wie es deiner, meiner und der Menschen würdig ist, die das Schicksal dir zur Leitung anvertraut hat.«

Haroun sah von ihm auf Abbassa. In ihren Augen schimmerte der Beifall des gerührten Herzens. Sie blickte nach Haroun; er ward die Thränen gewahr, die an ihren Augenwimpern zitterten – lispelte Giafar ins Ohr: »diese Nacht begleite mich durch Bagdad,« und brach auf.


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