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Des Teufels Anteil.


I.

Auf dem wildesten, zerklüftetsten und unwirtlichsten Felsen Schottlands thronte Schloß Lilan-Rook. Düster und schwerfällig, wie die ganze Natur ringsum, lag der mächtige Turmbau hoch droben in den Steinmassen eingekeilt, wie ein vorzeitliches Riesennest, von welchem wilde Unholde herabstiegen, die Thalgründe auszurauben und mit Feuer und Schwert heimzusuchen.

Und ein wildes, wüstes Geschlecht hauste auch heutigen Tages noch auf dem Lilan-Rook. Der Burgherr, welcher mit trotzig finsterer Stirne an dem hohen Bogenfenster lehnte, um hinab auf das brausende Nordlandsmeer zu starren, welches eben so ungefüg und gewaltthätig war, wie er, hatte nichts gemein mit den modernen Edelleuten des neunzehnten Jahrhunderts.

Sir Edward war von Jugend auf ein absonderlicher Gesell gewesen, dem nichts so verhaßt war, wie der Zwang von Kultur und Etikette, welche in den großen Städten ihre Polypenarme nach ihm ausstreckten. Die Einsamkeit seiner Herrschaft Lilan-Rook, in welcher er allen Leidenschaften ungeniert die Zügel schießen lassen konnte, wo er wüsten und hausen konnte, wie es ihm just in den rohen Sinn kam, die sagte ihm einzig zu, dauernden Aufenthalt daselbst zu nehmen.

Die unermeßlichen Wälder und Felsenschlüfte bargen noch genugsam Wild, seiner nimmer ruhenden Büchse ein Ziel zu sein, die Rosse konnte er bei rasenden Ritten auf seinem Grund und Boden zu Tode hetzen, ohne daß die sentimentale Welt ein großes Geschrei darüber erhob, und in der Umgegend hausten noch etliche gleichgesinnte Genossen, mit welchen er seine unmäßigen Zechgelage feiern konnte, ohne von lästigen Mitmenschen darüber kritisiert zu werden.

Sir Edward hatte sich vermählt, nicht aus Liebe oder dem Bedürfnis, sich einen glücklichen Hausstand zu gründen, sondern lediglich, um seiner Herrschaft den notwendigen Erben zu geben.

Seine Wahl war auf die stille, holdselige Lady Mary gefallen, welche ihm schüchtern und unbedeutend genug erschien, als wesenloser Schatten neben seiner Herrlichkeit zu existieren. Und Lady Mary war thatsächlich nie mehr gewesen, als ein angstvoll fliehender Schatten, welcher nie ungerufen die Wege des Eheherrn kreuzte und nur im geheimen wie ein guter Engel wirkte, die Wunden, welche die rauhe Hand Sir Edwards schlug, nach Kräften zu heilen.

Schneemassen wuchteten auf den Hochgebirgen Schottlands. Eisige Stürme tobten um die Mauern von Lilan-Rook, und das Meer warf seine Wogen so ungestüm gegen die Klippen, als wolle es seine trotzige Stirn daran zerschellen.

Wüst war das Wetter, so wüst wie das Trinkgelage Sir Edwards, welcher heute ein Doppelfest feiern wollte, die Sylvesternacht und die Geburt seines Stammhalters. Drüben, in dem dämmerigen, von Schneegetrieb umbrausten Gemach, lag Lady Mary in dem mächtig seidenen Himmelbett, unter Thränen zitternder Angst die Geburt ihres Kindes zu erwarten. Und dieweil sie in verzweifelndem Gebet die Hände rang, schlug ihr Gatte unter zornigem Gelächter den Becher auf den Tisch und schrie: »Wagt's, daran zu zweifeln, daß es ein Sohn sein wird! Ich will und verlange einen Sohn; ich habe keinen Platz in meinem Haus für solches Gewürm, welches sie Mädchen nennen! Einen Sohn, einen Sohn will ich, oder ich will verflucht sein, hört ihr, ihr Laffen? Was gilt die Wette, daß es ein Sohn ist!«

Lärmendes, johlendes Durcheinander. Die weinerhitzten Köpfe glühen, die Augen rollen wie im Fieber.

Da öffnet sich die Thüre, Lady Eveline, die Schwester der Hausfrau, steht hoch und bleich wie ein steinernes Bild auf der Schwelle. Wie mit Zauberschlag verstummt der Lärm, aller Augen starren auf die Botin aus der Wochenstube.

Sir Edward erhebt sich schwankend, seine Stirn brennt, die Adern sind hoch aufgeschwollen.

»Was ist's?« lallt er mit schwerer Stimme.

Eveline hebt furchtlos das Haupt:

»Gottes Gnade hat Dir soeben ein gesundes Mägdlein geschenkt,« sagt sie feierlich.

Totenstille, selbst das Unwetter hält für einen Augenblick den Atem an. Dann gellt ein Hohngelächter durch den Saal; Sir Edward faßt den Humpen und schleudert ihn in wilder Wut gegen die Sprecherin, daß er an dem Steinpfeiler splittert und der rote Wein wie ein breiter Blutstrom die Dielen färbt: »Hol es der Teufel!« schreit er auf, und gleichzeitig donnert und kracht es in den Lüften, als wolle Lilan-Rook schmetternd in die Tiefe sinken. Wie ein grauenvolles Hohngelächter gellt es durch den Sturm, ein Pfeifen, Zischen und Brausen, als sei die ganze Hölle entfesselt, und als das hohe Bogenfenster klirrend auffliegt und ein Windstoß die Lichter auf der Tafel löscht, da schlottern Sir Edward die Kniee, leichenblaß, noch den Fluch gegen sein Kind auf den Lippen, sinkt er vornüber und bricht in schwerem Fall auf die Dielen nieder – der Schlag hat ihn gerührt.

Einsam, todesstill liegt Schloß Lilan-Rook; dumpf und schwer, wie die Schatten eines grausigen Schicksals, ziehen die Wolken über die Türme, sich in der schwermütigen Unendlichkeit des Meeres zu verlieren.

Lady Mary lebt still und segensreich auf dem Erbe ihres Kindes, welches in engelhafter Schöne zart und blondlockig wie die Mutter, an ihrer Seite erblüht.

In jener Nacht, als das Furchtbare geschah, als Lady Eveline voll Entsetzen die Hände rang: »Der Unmensch hat das Kind dem Teufel verschworen,« ließ die junge Mutter, bebend vor Grauen, einen Priester rufen, aus daß er des Säuglings Stirn mit heiligem Wasser wasche und den Fluch von seinem Haupte nehme!

Der würdige alte Herr that es, flehte voll Inbrunst an der Wiege des Kindes und sprach: »Lasset es uns dem lieben Herrgott weihen; damit der Böse keine Macht über die Seele gewinne, nennt das Kind ›Engelina,‹ auf daß dem Teufel sein Anteil streitig gemacht werde!«

Und so geschah es. Mit angstvoll sorgenden Augen beobachtete Lady Mary das Heranwachsen ihres Töchterleins, zitternd in dem Gedanken, dasselbe könne des Vaters Wesen geerbt haben und in Wahrheit eine kleine Teufelin werden.

Aber nein. Nie hatte wohl ein Kinderantlitz so holdselig und fromm in die Welt gelächelt, wie das der kleinen Engelina. Gleichsam als ob Seraphschwingen das junge Leben beschirmten, wuchs sie heran, goldlockig und lilienhaft zart, die verkörperte Herzensgüte, Milde und Barmherzigkeit.

Welchen Anteil hatte der Böse an ihr? Nichts deutete darauf hin, und dennoch blickten die Bewohner von Lilan-Rook sorgenvoll und geängstigt auf das liebliche Kind, dessen große Blauaugen, trotz aller Jugend so ernst, beinahe schwermütig in die Welt blickten, als ahnte sie es, daß ein unheilvoller, nie zurückgenommener Fluch auf ihrem Köpfchen laste, welcher sie dem Teufel selber verschrieben.

Auf strengen Befehl der Lady Mary durfte vor dem heranwachsenden Kind nie ein Wort von jener grauenvollen Sylvesternacht, da sie geboren, verlauten, und da man die gütige Herrin ebenso liebte und verehrte, wie man einst Sir Edward gehaßt und gefürchtet hatte, befolgte man treulich den Befehl.

So blühte Engelina zu einer wunderholden, aber äußerst zarten Menschenblume empor, und der Wintersturm blies abermals über Schottlands Hochgebirge und wirbelte die Schneeflocken um die Bogenfenster von Lilan-Rook.

Lady Mary war an einem heftigen Fieber, welches sie sich bei einer nächtlichen Schlittenfahrt zu schwer heimgesuchten Dorfbewohnern geholt, erkrankt. Sie lag wieder in den seidenen Kissen ihres Himmelbettes, wie vor siebenzehn Jahren, da sie ihrer Tochter das Leben geschenkt, und starrte mit flammenden Wangen empor in den Baldachin, an welchem die vergoldeten Engelchen mit Blütengewinden spielten. Da man sie schlafend glaubte, hatte sich die Wärterin zurückgezogen, Engelina allein den Platz am Krankenbett überlassend.

Still und öd war es ringsum, ein trauriger Geburtstag, eine kalte, einsame Sylvesternacht. Nur der Sturm sauste um den Felsen und die Wetterfahnen auf dem Schloßdach kreischten wie geängstigte Kinder.

Die Hände im Schoß, hatte Engelina eine Zeit lang regungslos gesessen, ihr Blick schweifte durch das hohe Gemach, über die uralten Möbel, welche wohl schon seit hundert Jahren hier standen, über den mächtigen Schrank mit den buntgemalten Scheiben, hinter welchen heute der Vorhang halb zurückgeschlagen war. Was barg eigentlich der mächtige, geschnitzte Holzkoloß?

Neugierig erhob sich das junge Mädchen, trat lautlos an die Scheiben und blickte hinein. Bücher! große, mächtige, ledergebundene Bände, welche sicher die schönsten Bilder enthalten. Ist es ein Unrecht, dieselben anzusehen? Man hat es ihr nie verboten.

Leise dreht die weiße Mädchenhand den Schlüssel und öffnet die Schrankthür. Es ist, als würde sie magnetisch angezogen, just den einen, feuerroten Band zu fassen und aufzuschlagen. »Die Memoiren des Teufels!« » Les Mémoires du diable« (1837/38), ein Fortsetzungsroman von Frédéric Soulié, Vorläufer von » Les Mystères de Paris« (1842/43) von Eugène Sue. ( D. Hrsg.) Wunderlich geschnörkelt, wie Feuerflammen anzusehen, stehen diese Worte auf dem Titelblatt, auf einem großen, gemalten Buch, über dessen Rand sich eine ganz außergewöhnliche Männergestalt lehnt.

Starr, wie gebannt, ruht das Auge Engelinas darauf. Der Teufel, ja, das muß er sein. Aber er sieht nicht aus, wie man ihn sonst abgebildet erblickt, sonst hat er doch Hörner auf dem Kopf und einen Pferdefuß, trägt einen feuerfarbenen Mantel oder gleicht in der Gestalt einem Ziegenbock, aber dieser hier, nein, der ist gekleidet wie ein feiner, eleganter Herr, nur die Haare, die sind so sonderbar über der Stirn gelockt, wie zwei Hörnchen und hier, der elegante Stiefel, welcher hinter dem Buch sichtbar wird, trägt zwar keinen Pferdehuf, aber er ist verkrüppelt zu einem Klumpfuß, welcher den Träger sicherlich zwingt, etwas zu hinken. Und nun das seltsame, seltsame Gesicht!

Atemlos schaut Engelina in die faszinierenden Mephistoaugen, welche just auf sie gerichtet sind. Ein schönes, anziehendes Gesicht, aber es liegt etwas unerklärlich Unheimliches darin. Der schwarze Schnurrbart ist spitz ausgedreht, die Augenbogen tief dunkel und etwas schräg gestellt, aber das Lächeln der Lippen, das ist schier unwiderstehlich, wenngleich dem jungen Mädchen vor Grauen dabei das Blut in den Adern erstarrt.

Was liegt nur in diesem Lächeln, in dem flimmernden, zwingenden Blick der schwarzen Augen? Es ist Engelina unerklärlich! Das Gesicht ist entschieden schön und fesselnd, aber sie fürchtet sich vor ihm, daß sie zittert. Und je mehr sie ihn ansieht, desto lebendiger, desto unheimlicher wird das Teufelsgesicht vor ihr auf dem Papier. Lacht es nicht wirklich? Nickt es ihr nicht leise zu? Neigt es sich nicht näher und immer näher zu ihr? Entsetzt schritt das junge Mädchen zurück, angstvoll blickt sie sich um, als stehe der Mann mit den schwarzen Augen bereits hinter ihr. Und sie sieht ihn; wo sie hinblickt, begegnet sie seinem lächelnden, nickenden Angesicht. Ist es Spuk?

Horch, wie wunderlich heult und tobt plötzlich der Sturm, so hörte sie ihn noch niemals klingen und schrillen! Wie Lachen klingt's, wie wilde, leidenschaftstolle Musikklänge, die prickeln ihr durch Mark und Bein und benehmen ihr schier den Atem. Und wieder muß sie auf das Bild starren, unsichtbare Gewalten zwingen sie, und die Teufelsgestalt wächst aus dem Buch heraus, lächelt ihr zu und breitet die Arme nach ihr aus. Mit zitterndem Aufschrei taumelt Engelina zurück und flüchtet an das Bett der Mutter, das glühende Antlitz in den Kissen zu bergen. Aufschreckend zuckt die Kranke empor. Die Fieberträume halten sie im Bann, sie schlingt angstvoll die Arme um ihr Kind.

»Sylvesternacht! Sylvesternacht! Heut hat der Teufel Gewalt über Dich! Engelina, wo bist Du? Legt mir meinen Liebling in den Arm, damit ich den gräßlichen Fluch von ihrer Stirn küsse. Hört ihr das Gläserklingen und Lachen? Dort drüben zecht Sir Edward und weiht sein Kind dem Bösen! Nun hat der Teufel Anteil an ihr, nun ist sie seiner Gewalt verfallen. Engelina! Engelina! Bete zu Gott, daß er Dich errette! Herr des Himmels, lösche den Höllenfluch von meines Kindes Stirn!«

Aechzend sinkt die Kranke zurück, das junge Mädchen aber starrt sie mit weit offenen Augen des Entsetzens an. Leichenblaß krampft sie die Hände um die Sessellehne. Spricht die Mutter nur im Fieberwahn oder sind ihre rätselhaften Worte Wahrheit, grauenvolle, entsetzliche Wahrheit? Welch ein Fluch lastet auf ihr? Welchen Anteil haben Hölle und Teufel an ihrem jungen Leben?

Von Grauen geschüttelt, wankt Engelina in das Zimmer zurück. Sie weiß nicht mehr, was sie thut, sie weiß nur, daß sie Klarheit erlangen will über die Worte der Mutter. Weiß Dolly, ihre alte Amme, nicht jedes Geheimnis dieses Schlosses? Ist sie nicht Lady Marys Vertraute, welche jede Regung ihres Herzens kennt?

Dort im Turmzimmer sitzen die Frauen am Kamin und spinnen –Dolly soll ihr Antwort geben auf die furchtbarste Frage, welche sie je an einen Menschen gerichtet.

Wie eine Nachtwandlerin wankt das junge Mädchen durch das Schlafgemach nach der Nebenthüre, schlägt den Thürvorhang zurück und bleibt in seinem Schatten stehen, um tief Atem zu schöpfen.

Vor ihr, den Rücken gegen sie gekehrt, sitzen drei alte Frauen vor dem offenen Kaminfeuer, die Hände lässig an das Spinnrad gelegt, weit vorgebeugt, mit angstvollen Augen auf Dolly starrend, welche die Hände vor das Antlitz gelegt hat.

Der Sturm tobt im Schornstein, es klirrt und rasselt an den altersschwachen Fenstern.

»Dieselbe entsetzliche Sylvesternacht wie vor siebenzehn Jahren,« stöhnt Dolly schaudernd: »der Fluch Sir Edwards hat die Hölle entfesselt und mir däucht, der Böse fliegt heute nacht um das Schloß, seinen Anteil an unserm Liebling zu holen!«

»Dolly, wie kannst Du so sprechen,« bekreuzt sich ihre Nachbarin zitternd; »was könnte der Teufel einem solch reinen, unschuldigen Wesen wie der Engelina anhaben?«

»Weißt Du, was ich weiß, Anny?« murmelt die Alte dumpf. »Hast Du jene Sylvesternacht erlebt, in welcher Engelina dem Teufel verschworen ward? Gott im Himmel mag wissen, wie sich des Vaters Fluch erfüllt, denn erfüllen muß und wird er sich, er ist mit in das Grab genommen.«

»Aber ihre Seele ist fromm und heilig, nie wird die Hölle über sie Macht gewinnen. Beten wir nicht jeden Sonntag in der Kirche für das Heil einer bedrohten Seele? Das gilt der Engelina?«

»Gewiß gilt es ihr. Glaube auch, daß der Satan niemals ihre Seele zwingen wird, aber was, was soll sein Anteil sein?«

»Ihr Herz!«

»Ihr Herz? Wie möchte ein Teufel ihr Herz stehlen?«

»Hör an, Dolly, mir fällt eine alte Geschichte ein, die man sich in meiner Heimat als Wahrheit erzählt. Zwischen den Jahren – also in der Sylvesternacht – wird alle hundert Jahre ein Engel zur Erde geschickt, eine verlorene Seele zu retten. Der Engel nimmt Menschengestalt an und wird als Mägdlein geboren. Alle hundert Jahre steigt auch der Teufel in Menschengestalt zur Welt und er sucht die Wege jenes Engels zu kreuzen, um ihn für die Hölle zu gewinnen. Nun kämpfen beide um den Sieg. Vermag es der Teufel, das liebe Englein zu verlocken, daß es geheim und in Sünden mit ihm entflieht, so ist es der Hölle verfallen, widersteht es aber seinen Lockungen und führt ihn auf den Weg der Tugend zurück, so ist er dem Himmelreich gerettet. In dem Augenblick, wo der Engel segnend die Lippen des Teufels küßt, ist die Macht des Bösen gebrochen, und seine erlöste Seele fliegt empor zum Himmelreich!«

»Wohl, Anny, sehr wohl! Deine Legende wird heilige Wahrheit sein, und darum gebet acht, unsere Engelina ist von Gott gesandt, und der Teufel wird ihr auf ihrem Lebensweg begegnen, daß sie mit ihm kämpfe um das höchste Ziel. Lasset uns beten, ihr Frauen, daß der Böse nun und nimmermehr seinen Anteil an ihr gewinne.«

Die Hände falteten sich, die Häupter neigten sich in inbrünstigem Flehen – draußen um die Schloßmauern aber schrillte der Höllengraus.

»Was schlug eben so schwer in jenem Zimmer herab?«

Dolly sprang angstvoll empor.

»An jener Thüre – Herrgott des Himmels!«

Die Portière war herabgerissen, und unter ihren grellroten Falten begraben lag Engelina, bleich und leblos, als habe die Hölle schon jetzt siegreich ihren Purpurmantel um sie hergeschlagen.

*

Lady Mary war gestorben, und ihrem letzten Wunsche gemäß nicht in der Schloßgruft, an Sir Edwards Seite, sondern auf den kleinen, friedlichen Dorfkirchhof gebettet, wo der blaue Himmel ihr zu Häupten lächelt und der Epheu seine Ranken um die Hügel schlingt, wie liebevoll zärtliche Arme einen müden Schläfer halten.

Lady Eveline, auch seit Jahren verwitwet, traf in Lilan-Rook ein, der verwaisten jungen Erbin eine treue Pflegemutter zu sein.

Und der sorgendsten Pflege bedurfte niemand so dringend, wie Engelina, welche schon seit der Krankheit der Mutter eine solch erschreckende Schwermut gezeigt, daß auch der Arzt ihr sein Interesse zuwenden mußte.

Ein sich schnell entwickelndes Herzleiden, an welchem auch Sir Edward in letzter Zeit gekrankt, schien ihm Anlaß zu ernster Sorge zu geben.

 

Die Zeit zog bleiern und öde dahin und es waren schon zwei Jahre nach dem Tode der Lady verstrichen, als der Arzt in langer Unterredung mit Frau Eveline seine Ansicht aussprach, daß eine schleunige Luft- und Lebensänderung zwingende Notwendigkeit für Engelina sei. Ihre Jugend verlange gebieterisch nach ihrem Recht, die Einsamkeit von Lilan-Rook ertöte die Lebensfrische und -lust in ihr; sie müsse Welt und Menschen sehen, sich amüsieren, anregen und sich selbst vergessen. Eine Reise nach Deutschland oder Italien sei das ratsamste; die junge Lady möge selber über das Ziel der Fahrt entscheiden.

Die alte Dame war durchaus einverstanden mit dieser Anordnung. Ihre Nichte befand sich in einem Alter, welches es notwendig machte, daß sie der Welt zugeführt wurde.

Dennoch stieg Lady Eveline etwas sorgenvoll in das Turmgemach empor, der Erbin von Lilan-Rook die große Neuigkeit mitzuteilen. Sie fürchtete ein entsetztes Weigern, Thränen und Widerstand – mit energischem Druck auf die Klinke trat sie ein.

Engelina schrak jählings empor. Sie saß tief über ein großes, rotes Buch geneigt, welches sie erschrocken beim Eintritt der Pflegemutter zuschlug. Heiße Blutwellen stiegen in ihr bleiches, süßes Angesicht.

Wunderbar – Frau Eveline hatte sich völlig getäuscht. Weder ein Erschrecken noch Widerwillen spiegelte sich in den Zügen des jungen Mädchens, im Gegenteil, fast schien es ihr, als leuchte es ganz seltsam erfreut und lebhaft in den blauen Augen auf. »Wenn es sein muß, so laß uns nach Deutschland reisen, Tante! Dort haben die Menschen blondes Haar und helle Augen, in Italien sind sie schwarz! wie, wie –«

»Wie die Teufel,« lachte die Lady unbefangen. »Gewiß, mein Herzchen, ich bin völlig einverstanden mit Dir. Aber wo möchtest Du wohl zuerst Aufenthalt nehmen? In einer großen Residenzstadt, in Berlin, Wien oder –«

Engelina schüttelte hastig das Köpfchen. »Nein; dort würde mich die Menschenmasse und das Labyrinth der Straßen ängstigen. Mütterchen war auch einmal in Deutschland und zwar in einem Badeort, der hieß Wiesbaden. Dort soll es sehr, sehr schön sein; sie hat mir so viel davon erzählt, daß ich all ihre Lieblingsplätzchen wiedererkennen werde. Dorthin laß uns reisen, wenn ich herzlich bitten darf, und wenn es Dir genehm ist, liebste Tante!«

Die alte Dame küßte freudig erregt die Stirn ihres Lieblings, plauderte heiter und lebhaft noch über die einzelnen Vorbereitungen, und eilte strahlend vor Freude zurück, dem Arzt das unerwartet günstige Resultat ihrer Unterredung zu berichten.

Engelina blieb allein. Sie faltete die Hände um das Knie und blickte nachdenklich hinaus über die dunkelwaldigen Häupter des Gebirges, über die seitwärts blaurollende Flut des ewigen Meeres. Weiß-schäumend jagten die Wogen dahin, vom Wind gepeitscht, daß es aussah, als seien ihre Schneekämme die flatternden Mähnen von Neptuns wilden Rossen. Wie oft hatte sie ihnen schon sehnsüchtig nachgeblickt, den heißen, brennenden und dennoch nie ausgesprochenen Wunsch auf den Lippen, ihnen folgen zu können in die blaue, grenzenlose Ferne, weit hin, so weit, daß die Türme von Lilan-Rook hinter ihr versinken auf immerdar.

Seit jener unheilvollen Sturmnacht, welche ihr das schrecklichste Geheimnis ihres Lebens offenbart, empfand sie ein unbezwingliches Grauen vor dem alten Schloß, in welchem sie allein, so wähnte sie, der Macht finsterer und unsichtbarer Mächte verfallen war. Die wunderlichsten Gefühle stritten in ihrem jungen Herzen.

Abscheu und Widerwillen gegen alles, was der Sünde und ihrem Meister zugehörte, und dennoch eine unerklärliche Vorliebe für das Bild des Mephisto auf dem Titelblatt der Teufelsmemoiren.

Wie mit Zaubergewalt zog es sie an, so mächtig und unwiderstehlich, wie der Magnet das Eisen zwingt. Sie begriff es nicht, und konnte es nicht fassen, daß dieses Angesicht einem Teufel angehören solle, es war so schön, so unsagbar schön. Freilich, in den Augen, da blitzte und glimmerte es, und in dem cynischen Lächeln, da drohte etwas, daß ihr Herz in unerklärlichem Schauder davor zurückschreckte. Etwas Böses, Grausames, Sündhaftes. Und dennoch machte es einen tiefen, dämonischen Eindruck auf sie. Ein schönes Angesicht! Die bestechende Maske für eine verlorene Seele.

Sie ist eine Närrin, daß sie sich durch ein paar gemalte Augen in wüste Fieberträume ängstigen läßt.

Hinaus in die weite, bunte, heitere Gotteswelt! Dort ist der Bann gebrochen, welcher sie hier gefangen hält. Wenn sie den düstern Mauern von Lilan-Rook entflohen, können auch die schwarzen Fittiche nicht mehr über ihr rauschen, welche hier, Verderben drohend, die Türme umkreisten. Entschlossen sprang Engelina empor, atmete tief auf und faßte mit beinah zornigem Griff das rote Buch.

»Fort von Dir! Ich will Dir entfliehen, Du unheimliches Bild, und Dich vergessen, wenn ich Dich nicht mehr sehe. Hier sollst Du bleiben, hier in dem Grabe meines Friedens, welches ich, so Gott will, nie wieder mit Augen schauen werde! Das Weltmeer lege ich zwischen Dich und mich, und alle Engel Gottes werden mich begleiten, mich vor Deiner Macht zu schützen, daß Du niemals einen Anteil an mir habest!«

Sie riß das Bild, gewaltsam den Blick wendend, aus dem Buch und schleuderte es hinaus durch das offene Fenster, dann entfloh sie wie ein gehetztes Reh aus dem Zimmer, ahnungslos, daß der Wind das Bild faßte, es in eines der tiefer gelegenen Fenster hinein zu wirbeln.

Dort kniete bereits die Kammerfrau neben dem offenen Koffer der jungen Herrin, in fliegender Eile zu packen, wie es Lady Eveline befohlen.

Anny hatte just ein Fläschchen Lawendelwasser von dem Toilettentisch genommen und blickte suchend umher, es in ein Papier zu schlagen. Raschelnd fiel ein weißes Blatt durch das offene Fenster nieder und Anny griff hastig darnach und lachte: »Du kommst mir just gelegen!«

Gar ein Bild? Ein schöner, junger Herr? Sein Namen scheint darunter zu stehen, aber leider kann die Hochlandsmaid nicht lesen. Es wäre schade, das hübsche Gesicht mit dem flotten Schnurrbärtchen zu zerknittern. Haha, wäre es nicht ein Scherz, das Bild hier oben auf den Koffer zu legen, und es so einzurichten, daß es Engelina drüben im fernen Deutschland finden muß? Dann kann man sich wohl eine heitere, kleine Neckerei erlauben und sagen, dies Bild des künftigen Herrn Bräutigams habe eine gute Fee zum günstigen Anzeichen aus Lilan-Rook mitgeschickt.

Sie sollen ja alle möglichst lustig und guter Dinge sein, der lieben, jungen Herrin die finstern Gedanken von Hölle und Teufel zu verscheuchen.

Mit verschmitztem Lächeln legte Anny das Bild oben auf in den Koffer und verschloß denselben. Nun sollte sich Engelina 'mal das Köpfchen zerbrechen, wie es dahin gekommen sei; ihre Kammerfrau verriet ihr kein Sterbenswörtchen.

 

Wie eine Erlösung aus quälender Angst überkam es Engelina, als die Rosse ihres Reisewagens ungeduldig ausgriffen, als der graue Turmbau von Lilan-Rook mehr und mehr im Morgennebel versank und die Bergkolosse Schottlands sich als erste Scheidewand zwischen sie und die so bitter verleidete Heimat schoben. Und als gar die blauen Wogen um das Schiff schäumten, das junge Mädchen hochklopfenden Herzens sie zum erstenmal von einem Bord aus schaute, mit dem Empfinden, endlich das Ziel langjähriger Sehnsucht erreicht zu haben, da war es, als streife ein frischer Hauch belebend über das junge Gesicht, all die düsteren Schatten fort zu blasen, welche es so lange beherrscht. Wie ein Kind sich an buntem Spielwerk erfreut, so entzückte sich Engelinas naives Herz an der fremden, lustigen, wunderlich schönen Gotteswelt, und Lady Eveline beobachtete voll inniger Zufriedenheit, wie die stets neu daher wirbelnden Eindrücke alle Gedanken fern hielten, welche bisher den Sinn des jungen Mädchens getrübt. Schnell, viel zu schnell rückte das Reiseziel näher.

Die Herbstsonne vergoldete die Parkwipfel Wiesbadens, als die beiden Schottländerinnen mit dem begleitenden Dienstpersonal in einem der ersten Hotels der Stadt abstiegen. Die ehedem so bleichen Wangen Engelinas waren von zarter Röte überhaucht, die Augen strahlten und die Lippen lächelten, und die Leute, an welchen sie auf Flur und Treppe, mit ihrem kindlich treuherzigen Gruß vorüberschwebte, blickten staunend der süßen Erscheinung nach und hatten das Empfinden, als sei ein guter Genius unter ihr Dach eingezogen.

Wie hell, wie sonnig und froh lachte dem jungen Mädchen die Welt hier entgegen. Sie lehnte an der hohen Spiegelscheibe des Fensters und konnte nicht satt werden, den farbenprächtigen Menschenstrom vorüberwogen zu sehen. Die Parkbäume prunkten in den üppigsten Spätherbstfarben, wie geschmolzenes Silber plätscherten die Springbrunnen über die Marmorschalen, und durch die Säulen der Kolonnaden lockten herrliche Läden mit nie geschauten Wunderdingen.

So lustig hatte Engelina noch nie mit der alten Anny geplaudert, wie heute, und die Kammerfrau kniete vor einem großen Koffer und erging sich in vertraulichen Neckereien, was für schöne Dinge die junge Herrin alle hier erwarteten, wie viel stattliche Kavaliere wohl bald auf der Promenade drunten lustwandeln und sehnsüchtig hier heraufblicken würden.

»Geben Sie nur acht, Lady, welcher der schönste von allen ist. Mich dünkt, eines Tages wird ein Gentleman daher kommen, mit schwarz blitzenden Augen, einem kecken dunklen Schnauzbart und lockigem Haar, und er wird meiner gnädigen Herrin in das Antlitz schauen, daß ihr ganzes Herzlein an seinem Blicke hangen bleibt!«

Engelina zuckte leicht zusammen, zum erstenmal umwölkte sich ihre Stirn.

»O, nicht doch, Anny; keine schwarzen Augen und kein schwarzes Haar, ich mag's nicht sonderlich leiden!«

»Ei, ei! Ihr habt das rechte noch nicht geschaut. Wartet nur, vielleicht erscheint Euch der Zukünftige früher als Ihr ahnt, manchmal spielt der Zufall ganz seltsam, und es hat schon manch Jungfräulein das Bild des Herzallerliebsten eher geschaut, als das Herrchen selbst in Fleisch und Blut!« Anny griff hastig her und hin. »Um alles, wo hab' ich das Morgenkleid der Lady hingepackt? Will schnell einmal die anderen Koffer aufschließen,« und huschte hinaus.

Die Tochter Sir Edwards aber stand plötzlich und starrte nachdenklich in die aufsteigende Nacht hinaus, Licht um Licht flammte auf, auch hinter ihr der Salon erstrahlte jählings in elektrischem Glanze. Engelina sah und hörte nichts mehr, nur noch die Worte Annys klangen ihr vor den Ohren: Hat schon manch Jungfräulein das Bild des Herzallerliebsten eher geschaut, wie das Herrchen selber in Fleisch und Blut!

Sein Bild! Wie mit einem Zauberschlage tauchte auch plötzlich vor ihrem geistigen Auge ein Bild auf, welches sie im Trubel der Reise schier vergessen hatte. Das entsetzliche, dämonische Teufelsbild, welches einen so unerklärlichen Eindruck auf sie gemacht. Wie stand es plötzlich so greifbar deutlich vor ihr. Sie schloß wie schwindelnd die Augen und preßte die Hände gegen das Herz. Sie wollte es nicht sehen, sie fürchtete sich vor ihm, und dennoch überkam sie eine heiße Sehnsucht, ein leidenschaftlicher Schmerz, daß sie es vernichtet, daß es ihr für ewige Zeit verloren sei.

Und dennoch, es ist ja gut so, es muß ja so sein; wenn sie es nicht mehr sieht, wird sie aus seinem Bann erlöst sein. Wie war ihre Vorliebe für dieses unheimliche Bild so quälend und beängstigend für sie; es verfolgte sie wie ein böser Geist, der sie ganz zu eigen nahm und alle Lust und Freudigkeit von ihrem Herzen fern hielt. Das ist nun vorbei, für immer vorbei!

Sie atmet erleichtert auf und lächelt wieder, sie blickt wieder hinaus in das fröhliche Geschwirr, in das Lichtermeer zu ihren Füßen. Und dann will sie sich zerstreuen und etwas anderes denken. Anny sucht ihr Morgenkleid? Wo mag es stecken? Mechanisch tritt sie an den Koffer und blickt hinein. Einen Augenblick, dann taumelt sie, wie von einem Faustschlag getroffen, vor, neigt sich und starrt auf ein Bild, welches ihr mit seinen dunklen Augen siegesstolz, triumphierend lachend und faszinierend wie stets entgegenblickt.

Ein leiser Aufschrei. Engelina reißt das Bild mit zitternden Händen empor, drückt es gegen ihr leichenblasses Antlitz und sinkt lautlos mit ihm auf den Teppich nieder.

*

Wie ist dieses Bild in den Koffer gekommen? Anny weiß nicht, ob sie etwas Kluges oder Thörichtes begangen, sie leugnet entschieden jegliches Wissen über die Herkunft des Bildes ab.

Engelina lächelt wie geistesabwesend. Sie ist dem Teufel verschworen, er hat seinen Anteil an ihr und keine Macht der Welt kann sie davon erretten. Und ob sie bis an das Ende der Erde vor ihm flieht, er folgt ihr, das weiß sie jetzt. Darum will sie sich nicht mehr auflehnen gegen ihr Schicksal, sie will es hinnehmen, wie es ihr beschieden ist, und will den Kampf mit der Hölle aufnehmen, ob ihr oder dem Himmelreich der Sieg beschieden sei. Der phantastische, durch allen Aberglauben genährte Sinn der Hochländerin bricht mächtiger denn je hervor, sie kennt ihr Verhängnis und glaubt daran.

*

Die freudige, lebensfrohe Stimmung, in welche die Reise Engelina anfänglich versetzt, erfuhr seit der Ankunft in Wiesbaden einen, für Lady Eveline unbegreiflichen Rückschlag.

Ihre junge Nichte zeigte keinerlei Interesse mehr an irgend welchem geselligen Leben, und führte sie ihr Weg in die lustige Menschenmenge der belebten Straßen, so war es, als irre ihr Blick stets in angstvollem, beinah furchtsamem Suchen von Gesicht zu Gesicht, als bange sie sich, irgend einer entsetzlichen Persönlichkeit zu begegnen.

Am liebsten besuchte sie abendlich die Konzerte im Kurhaus. Seit der Winter seinen frühen Einzug gehalten, spielte die Kapelle in dem großen Saal, und eine leidenschaftliche Vorliebe für die Musik führte Engelina beinah allabendlich auf ihren bestimmten Platz, seitlich auf dem etwas erhabenen Wandpolster, wo ihre Pflegemutter sich nebenbei vortrefflich amüsierte, die stets wechselnde originelle Menge des Publikums zu beobachten.

 

Wochen waren vergangen. Engelina hob wieder etwas freier und freudiger das liebliche Köpfchen, und hatte sogar freiwillig den Wunsch geäußert, auch einmal das Theater zu besuchen.

Lady Eveline griff diesen Wunsch beinah ungestüm auf.

»Gewiß, mein Liebling, ich werde den Portier sofort beauftragen lassen, uns eine Loge zu besorgen; Anny soll sich augenblicklich nach dem Theaterzettel erkundigen.«

Das junge Mädchen legte zärtlich den Arm um die Sprecherin: »Heute nicht, Tantchen; ich bitte Dich von Herzen! Heute zieht es mich mit ganz rätselhafter Sehnsucht in das Abendkonzert! Das Programm ist ganz herrlich, und diese eine Nummer, die fünfte, die möchte ich unbeschreiblich gerne hören.« Sie neigte sich zu der Kurzeitung hernieder und blickte gedankenvoll auf diese fünfte Nummer: »Fantasie aus des Teufels Anteil.« » La Part du diable« (1843), komische Oper von Daniel-François-Esprit Auber auf ein Libretto von Eugène Scribe. ( D. Hrsg.)

Die alte Dame war zu zerstreut, um darauf zu achten, sie trat etwas erregt an die hohe Spiegelscheibe: »In das Konzert, bei diesem schauderhaften Wetter, Darling? Sieh dieses Schneetreiben, die Straßen stehen völlig unter Wasser! Wir werden die einzigen Menschen in dem ganzen Saal sein.«

»Um so besser, Tantchen,« schmeichelten die zart rosa Lippen. »Dann haben wir alle schöne Musik ganz allein für uns! Bitte, bitte, bestell den Wagen, ich möchte heute so unbeschreiblich gern zum Konzert. Morgen, übermorgen, so oft Du willst, begleite ich Dich dann auch in das Theater.« Lady Eveline lachte. »Gern, Du Närrchen, des Menschen Wille ist sein Himmelreich – fahren wir!«

Wie geheimnisvoll sauste der Wind um die Wagenfenster. Nicht so stürmische, aber ähnliche Weisen wie in Lilan-Rook.

Engelina betrat beinah ungeduldig den glänzend erleuchteten Kursaal. Sie haßte den Wind und seine unheimlichen Lieder, sie wollte sie vergessen über weit köstlicheren Melodien. Was kann ein zitterndes Herz wohl süßer in Ruhe wiegen, als Musik, wo läßt es sich wohliger sinnen, träumen und die Welt vergessen, als in dem Zauberreich der Töne, welche ein Nowak Franz Nowak, 1888-1894 Konzertmeister und Dirigent des städtischen Orchester Wiesbaden. seiner Geige entlockt, welche ein Lüstner Louis Lüstner (1840-1918), deutscher Violinist und Dirigent in Wiesbaden. ( D. Hrsg.) dirigiert? Engelinas Augen strahlen auf, als die ersten Klänge ertönen.

Ihr Pflegemütterchen hatte recht. Das Unwetter hat viele Leute im Hause zurückgehalten, so wenig besucht wie noch nie liegt der weite, majestätische Saal vor den Blicken der beiden Schottländerinnen.

Lady Eveline ist etwas müde und abgespannt, sie findet heute weniger Anregung durch das Publikum, lehnt den Kopf zurück und blickt mit halbgeschlossenen Augen in das Lichtgewirr der Kronleuchter empor.

Eine Nummer nach der andern wird gespielt. Plötzlich richtet sich das junge Mädchen an ihrer Seite unruhig empor. »Jetzt kommt Nummer 5,« sagt sie schweratmend.

»Nummer 5, was ist's?«

»Des Teufels Anteil!«

»Hm; ich kenne es nicht!«

Der Kapellmeister hebt den Taktstock, die ersten leisen Klangwellen schweben durch die tiefe Stille

Plötzlich ein Schritt. Durch die Mitte des Saals, langsam, hochaufgerichet, schreitet eine schlanke Männergestalt. Ein grauer Wettermantel ist über die Schultern geschlagen; den Hut hält er in der Hand.

Wie von einem Schlag getroffen, schrickt Engelina zusammen und starrt auf den Fremden. Ist es ein furchtbarer Traum, welcher sie quält? Jenes schöne, scharfgeschnittene Antlitz, der spitze, hochgedrehte dunkle Schnurrbart, die finstern, etwas stechenden, zwingenden Augen und endlich das lockige Haar, welches in zwei Tollen aufgestellt ist, wie zwei Teufelshörnchen … das junge Mädchen kann kaum einem zitternden Aufschrei wehren. Leichenblaß, mit weit aufgerissenem Augen unfähig den Blick von dem Fremden los zu reißen, starrt sie ihn an. Langsam schreitet er weiter. Er zieht den einen Fuß nach und hinkt etwas.

Endlich setzt er sich auf den ersten Stuhl in der vordersten Reihe nieder.

Auch Lady Eveline hat ihn bemerkt. Sie lacht unbefangen auf. »Sieh doch, Darling, sieh dort! Die Musik spielt des ›Teufels Anteil‹ und der Mephisto erscheint in Person, sich diesen Anteil zu holen. Bless me! Ich habe ja noch nie im Leben eine solche Teufelsgestalt in Fleisch und Blut gesehen. Er fällt auch den anderen Leuten auf. Die Damen hinter ihm stecken die Köpfe zusammen und kichern!«

Sie bekam keine Antwort, erwartete wohl auch keine – amüsiert nestelte sie ihre Lorgnette vom Armreif, den Unbekannten noch schärfer zu mustern.

Die Musikklänge brausten wild und wüst um Engelinas Ohr, ebenso sinnverwirrend wie einst in der Sylvesternacht im Krankenzimmer von Lilan-Rook.

Die Tochter Sir Edwards hört sie nicht mehr, ihre ganze Seele drängt sich in ihren Augen zusammen.

Sie sieht nur ihn, ihn – ihn allein. Vor Grauen starrt ihr das Blut in den Adern und dennoch fliegen ihre Pulse wie in Fieberglut.

Er ist's, es hat sich erfüllt; er kreuzt ihren Weg. Wird er sie sehen?

Langsam wendet er das Haupt. Sein Blick wandert in scharfem, beinah feindseligem Mustern von einem Antlitz zum andern. Er flammt auch zu dem Wandpolster empor, und jetzt – jetzt ruht Auge in Auge.

Wie gelähmt, atemlos verharrt Engelina.

Frappiert zuckt das Haupt des Fremden empor, sein Blick schärft sich, es liegt plötzlich etwas zornig Gereiztes, Drohendes darin, dann sieht er, wie dunkle Glut jählings das Antlitz des jungen Mädchens färbt, wie eine süße, haltlose Verwirrung sich darin ausdrückt.

Und der Ausdruck seines Gesichtes wechselt. Er lächelt – teils Spott, teils kühne Ungenirtheit liegt in der Art und Weise, wie er Engelina mustert. Es ist nicht respektvoll, so sieht kein Kavalier eine Dame an. –

Lady Eveline läßt die Lorgnette sinken. »Jetzt hat Mephisto uns entdeckt,« lacht sie leise, »und er kann Deine blonden Locken nicht genugsam anstarren! Seltsam, der Mann hat ein schönes, interessantes Gesicht, und dennoch liegt etwas ausgesprochen Teuflisches darin! Ich könnte mich fürchten vor ihm. Du nicht auch, Darling?«

Die Gefragte zwingt sich zu antworten; halb abgewendet von der Sprecherin nickt sie tief atmend vor sich hin: »Ja, just so wie er, mag wohl der Teufel in Wahrheit aussehen. Ich sehe ihn nicht an, und dennoch glüht sein Blick auf meinem Gesicht; ich fühle und empfinde ihn.«

»Wer mag er sein? Sahst Du ihn nie früher?«

»Nie!«

»Pst, er erhebt sich! Gott erbarme sich, wenn er sich nur nicht hier neben uns setzen will!« Engelina schauert zusammen. »Nur das nicht« ringt es sich wie ein Aufstöhnen von ihren Lippen. Die Musik hat geendet. Langsam, wie er gekommen, verläßt der Fremde seinen Platz; doch nimmt er diesmal nicht den Weg durch die Mitte des Saals, sondern schreitet um die Stuhlreihen herum, droben neben den Wandpolstern zurück zu gehen.

Er streift hart an Engelina her, und wie er just vor ihr steht, scheint er zu zögern. Sie will ihn nicht ansehen, aber sie muß es; wie eine geheimnisvolle Gewalt zieht sein Auge sie an.

Und sie blickt empor. Entsetzen, Leidenschaft, all die tausend widerstreitenden Gefühle ihrer reinen Seele spiegeln sich in den blauen Augensternen. Das dünkt ihm neu und fesselnd. Er lächelt und sieht sie an, als wolle er mit diesem einzigen Blick Herz und Seele an sich reißen. Wie ein Höllenbrand flammt's ihr entgegen, begehrlich, leidenschaftlich, rücksichtslos, und dennoch sind die Augen so schön, daß ihr Herz unter ihrer Gewalt erzittert. Eine Sekunde nur hat er vor ihr gezögert, dann schreitet er gelassen, den linken Fuß in leichtem Hinken nach sich ziehend, vorüber, ohne noch einmal das Haupt zu wenden.

»Er verläßt den Saal,« flüstert Lady Eveline. »Das ist ja unglaublich seltsam. Nur das eine Stück hört er sich an? all right! Der Teufel hat sich seinen Anteil geholt.«

Sie folgte ihm mit dem Blick und sieht nicht, wie die Erbin von Lilan-Rook das totenbleiche Antlitz mit geschlossenen Augen zurücklehnt, wie sie voll jähen Schmerzes die Hände gegen das Herz preßt. Nur jetzt, nur jetzt kein neuer Anfall ihres Leidens. Es hämmert und klopft in ihrer Brust, als solle sie zerspringen, glühend heiß steigt es in Stirn und Schläfen empor, und dann wird es plötzlich ganz still, der Herzschlag setzt aus, sie fühlt ihn nicht mehr.

Hat sie noch ein Herz? Nicht mehr, der Teufel holte seinen Anteil.

Erschrocken blickt die alte Dame sie an. »Um Himmels willen, Darling, ist Dir unwohl geworden? Hat der unheimliche Mensch Dich erschreckt?«

Engelina schüttelt, nach Atem ringend, das Köpfchen.

»Laß uns aber heimfahren,« bittet sie leise.

Tante Eveline kann es sich nicht versagen, den Portier anzureden, dieweil der Wagen vorfährt.

»Kannten Sie den hinkenden Herrn mit dem schwarzen Schnurrbart, welcher soeben hier heraustrat?« fragte sie.

Der Portier lacht. – »Der leibhaftige Satanas, Mylady! Ich habe ihn wohl gesehen, aber ich kenne ihn noch nicht; er hat heute Abend das Kurhaus zum erstenmal besucht und sich die Karte an der Kasse gelöst!«

»So, so! Seltsame Erscheinung! Ich danke Ihnen, Herr Portier!«

 

Fieberträume quälten Engelina die ganze Nacht. Sie lachte und weinte in ihre Kissen. Verzweifeln vor Angst und Grauen wollte sie, und dennoch durchrieselte es sie wie ein süßes, wonnevolles Entzücken, wenn sie an seine Augen dachte, daran dachte, daß diese Augen gerade sie unter allen heraus gefunden.

Sie ward nicht krank, wie ihre Pflegemutter gefürchtet; eine beinah aufgeregte Freudigkeit hatte sich ihrer plötzlich bemächtigt, wie bei einem Menschen, der sich in banger qualvoller Erwartung eines drohenden Unheils schier aufgerieben, und nun die nahende Entscheidung wie eine Erlösung begrüßt. Ob siegen oder untergehen, wenn es nur zu Ende kommt.

An das Theater dachte sie nicht mehr, ihr ganzes Interesse konzentrierte sich in dem Konzertsaal, und da Lady Eveline ebenfalls gespannt war, zu sehen, ob » le diable boiteux« » Le Diable boiteux« (1707, ›Der hinkende Teufel‹), Roman von Alain-René Lesage, der erste europäische Großstadtroman. ( D. Hrsg.) auch heute abend erscheinen werde, war sie gern bereit, Engelina auch den folgenden Abend in das Konzert zu begleiten.

Die Erwartungen wurden getäuscht, der Fremde kam nicht. »Natürlich, heute ist ihm das Programm zu fromm und gut,« mokierte sich Eveline etwas ärgerlich; »ein Teufel hört sich keine Oratorienmusik und keine heiligen Klassiker an. Der Fremde ist ein unheimlicher, unangenehmer Patron, aber ich möchte doch wohl wissen, wer er ist.«

Dieser Wunsch sollte jedoch versagt bleiben. Der Fremde war spurlos verschwunden, und so lebhaft ihm die Damen auch auf der Promenade, im Theater und sogar auf einer Reunion nachforschten, blieb Mephisto dennoch so unsichtbar, als habe ihn die Unterwelt wieder verschlungen. Eine fiebrische Lebhaftigkeit ergriff Engelina: »Nach ihm nur schau' ich zum Fenster hinaus, nach ihm nur gehe ich aus dem Haus,« stand als Motto mit glühenden Lettern über all ihrem Handeln und Thun. Was sie vormals als höchst unsympathisch verwarf, suchte sie jetzt voll beinah krankhafter Unruhe auf, Menschen, Geselligkeit, Vergnügungen, und ihre Begleiterin war zu entzückt darüber, um sich vernünftigerweise zu sagen, daß solch ein übertrieben greller Wechsel nur schädlich auf die sehr zarte Gesundheit des jungen Mädchens einwirken könne.

 

Und wieder saßen die beiden Damen auf dem altgewohnten Wandpolsterplatz im Kurhaus, das Abendkonzert anzuhören.

Lady Eveline gähnte verstohlen hinter dem Muff. »Unser interessanter Fremdling aus der Hölle ist sicher abgereist. War eine jener Eintagsfliegen, welche Wiesbaden so viel unsicher machen. Ich amüsiere mich jetzt über den kleinen amerikanischen Petroleumprinzen, welcher seine beiden Gouverneure Hier im Sinne von ›Erzieher‹ - männliches Gegenstück zu ›Gouvernante‹. ( D. Hrsg.) ruhelos von einem Platz zum andern durch den ganzen Saal hetzt. Der Vater sieht ausgesprochen wie ein selfmade man aus, Mutter hat viel Niggerblut, aber enorm viele Brillanten und sehr grellfarbig seidene Toiletten! – Apropos, was haben wir heute für ein Programm?«

Engelina entfaltete es und las vor: »1) ›Kaiserstadtmarsch‹ von Eilenberg. 2) Ouverture zu ›Josef und seine Brüder‹ von Méhul. 3) »Du und Du,« Walzer von Strauß. 4) Phantasie aus ›Robert der Teufel« von Meyerbeer.« Die Sprecherin hielt jählings inne, und auch Eveline horchte hoch auf. »›Robert der Teufel?‹ Das wäre ja nach dem Herzen unseres Mephisto! Haha, es wäre ja unglaublich komisch, wenn der Herr aus dem feuerfarbenen Reich sich heute wieder seine Leibmusik anhörte!«

»Das muß sich bald zeigen,« atmete das junge Mädchen mit brennenden Wangen auf, »soeben stimmt man schon den Strauß'schen Walzer an.«

» Well, beobachten wir!«

Die Tanzmusik war verstummt, das Stimmengeschwirr der Zwischenpause legte sich, und der Kapellmeister betrat das Dirigentenpult und hob den Taktstock, die ersten Töne der Phantasie klangen durch den Saal.

Da fühlte Lady Eveline die Hand der Nichte mit krampfhaftem Druck auf dem Arm. »Da, sieh da!«

Langsam durch den leeren Mittelgang, genau wie das erstemal, schritt der Fremde. Stolz, finster, wie ein Fürst unter Vasallen. Er nahm in der ersten Stuhlreihe Platz und starrte minutenlang in das Orchester. Dann wandte er mit jähem Ruck den Stuhl schräg zur Seite und blickte lächelnd zu Engelina empor, als sei sie eine gute Bekannte, welche er bestimmt auf ihrem Platz droben erwartet.

»Unerhört!« alterierte sich Lady Eveline. »Der Mensch ist grauenvoll! Entweder haben wir es mit einem Schauspieler zu thun, welcher sich den Scherz macht, dem Kursaal eine eklatante Komödie vorzuführen, oder er ist wahrlich ein böser Geist, welcher hier sein Wesen treibt.«

Das junge Mädchen antwortete nicht; regungslos, wie gebannt starrte sie zu dem Fremden hernieder. Ihre Wangen flammten, die Augen strahlten wieder in dem rätselhaften Gemisch von Todesgraun und Entzücken, und die Lippen lächelten wie im Traum.

Auge in Auge. Es war, als sprächen tausend Worte in diesen Blicken hin und her.

Dann verstummte die Musik. Er erhob sich und schritt an ihr vorüber. Wieder lächelte er zu ihr nieder, aber sein Auge war noch ausdrucksvoller, sein Zögern noch auffallender.

»Heute sah er nicht so satanisch aus, wie das erstemal, sein Blick war nicht so böse, aber er phosphoreszierte förmlich bei seinem Aufblitzen. Herr des Himmels, der Mensch ist geradezu unheimlich, aber unglaublich interessant!«

»Tante, glaubst Du wahrlich, daß er dieses ganze auffallende Benehmen nur aus Scherz in Szene setzt?« fragte Engelina sehr erregt; »ich halte es eher für einen Zufall, daß er just nur zu den Musikstücken kommt, welche etwas mit Hölle, Teufel oder Unterwelt zu thun haben.«

Die alte Dame zuckte die Achseln: »Das wäre ja zu konstatieren.«

»In wiefern?«

»So viel ich hörte, ist Herr Kapellmeister Lüstner einer der zuvorkommendsten und chevalereskesten Herren, welcher bisher stets in liebenswürdigster Weise die Wünsche des Publikums erfüllte, wenn man ihn um eine bestimmte Pièce für das Konzertprogramm bat.«

»Ah, willst Du an ihn schreiben?«

»Ich will es, und will ihn sehr dringend bitten, an ein paar sich folgenden Abenden Nummern aus den Opern: ›Teufels Anteil,‹ ›Der Dämon,‹ ›Der Dämon‹ (1875), phantastische Oper von Anton Grigorjewitsch Rubinstein. ( D. Hrsg.) ›Robert der Teufel,‹ Robert le diable‹ (1831), Oper von Giacomo Meyerbeer. ( D. Hrsg.) ›Mephistopartien aus dem Faust,‹ ›Faust‹ (1859), Oper von Charles Gounod. ( D. Hrsg.) und so weiter zu bringen. Dann werden wir ja sehen, ob der mysteriöse Gast mit dem hinkenden Fuß sich regelmäßig seinen Anteil holt.«

Engelinas Augen leuchteten. »Das ist eine herrliche Idee, liebe Tante. Ich flehe Dich an, laß uns sogleich nach Hause zurückkehren und den wichtigen Brief schreiben.«

Im Vestibül wandte sich Lady Eveline wieder an den Portier: »Nun, Herr Portier, haben Sie etwas erfahren, wer der geheimnisvolle Herr mit dem Hinkfuß ist?«

Der Gefragte hob bedauernd die Achseln. »Nicht das mindeste, Mylady. Kein Mensch kennt den seltsamen Herrn, man hört und sieht am Tage nichts von ihm. Heute abend hat er sich übrigens wieder ein Stück angehört, ich bat besonders um seine Kurkarte, doch hatte er leider wieder nur ein Tagesbillet gelöst!«

»Hat er an der Kasse wohl deutsch gesprochen?«

»Allerdings, jedoch mit auffallendem Accent.«

»Hm, hm! Also doch wohl Ausländer. Wenn Sie etwas über seine Persönlichkeit erfahren, Herr Portier, würde es mich sehr amüsieren, darüber zu hören!«

»Ich werde mir besondere Mühe geben, Mylady.«

Der Brief ward geschrieben, und die beiden Schottländerinnen hatten nicht zu viel von der außerordentlichen Liebenswürdigkeit des Herrn Kapellmeisters gehört. Schon nach zwei Tagen brachte das Abendprogramm bereits die Lindpaintnersche Ouvertüre zu dem »Vampyr« ›Der Vampyr‹ (1828), Oper von Peter Josef von Lindpaintner. Im gleichen Jahr vertonte auch Heinrich Marschner diesen Stoff; seine Oper hat sich sich auf dem Spielplan länger gehalten und wird heutzutage bisweilen wieder aufgeführt. ( D. Hrsg.).

In hochgradiger Erregung warteten die Damen auf den Unbekannten. »Vampyr und Teufel sind so nahe verwandt, daß man sie kaum unterscheiden kann,« sagte Frau Eveline, »und ich habe das unheimliche Empfinden, als ob der düstere Gesell mit den fürchterlichen Augen kaltlächelnd ein Weib totküssen könne.«

»Ob er wohl kommt?«

 

Und er kam. Unverändert wie die Abende vorher. Diesmal lag ein wunderliches Lächeln um seine Lippen und sein ganzes Wesen drückte eine Unruhe aus, wie bei einem Raubtier, welches raublustig im engen Käfig auf und nieder schleicht. Als er an Engelina vorüber schritt, war es, als wolle er sich jählings, voll glühender Leidenschaft zu ihr nieder neigen, wie mit gewaltsamem Ruck riß er sich selber zurück und schritt schneller wie zuvor vorüber.

Engelina befand sich in einer unbeschreiblichen Aufregung, aber nur die stille, dunkle Nacht sah die Qualen, welche sie durchlitt, tagsüber war sie beinah ausgelassen heiter, angstvoll besorgt, Lady Eveline über den wahren Eindruck, welchen die Begegnungen mit dem Fremden auf sie machten, zu täuschen. Es gelang ihr vollkommen, denn die Lady war nicht mit sonderlichem Scharfblick ausgestattet und amüsierte sich selber viel zu lebhaft über das originelle Abenteuer, um seine Wirkung auf das junge Mädchen unparteiisch zu beurteilen.

Die nächstfolgenden Abende brachten das Potpourri: »Der Teufel ist los« von Hamm Johann Valentin Hamm (1811-1874); er versah 1855-1871 das Amt des Konzertmeisters des Bad Kissinger Kurorchesters und komponierte für dieses 86 Werke des Genres ›Kurmusik‹, zu dem auch der genannte Titel gehört. ( D. Hrsg.), den »Furientanz« aus Glucks Orpheus, »Der Dämon« von Rubinstein und abermals eine Phantasie aus »Teufels Anteil.«

So oft die Kapelle die betreffenden Nummern intonierte, war's, als habe sich die Erde geöffnet, den absonderlichen Musikfreund aus den Flammen der Unterwelt emporsteigen zu lassen.

Regungslos saß er Engelina gegenüber, aber seine Augen sprachen immer leidenschaftlicher und glutvoller, je deutlicher er in dem süßen Engelsangesicht des jungen Mädchens las. Und sie verstand diese stumme Sprache ebenso gut, wie er die Antwort auf sein unheimliches Liebeswerben in ihrem Blicke erforschte. Wie konnte es auch anders sein? Ihr ganzes Herz lag offen in dem lieben Kindergesicht. Das einemal trug er eine feuerfarbene Nelke, das anderemal eine brennendrote Granatblüte im Knopfloch. Als er an Engelina vorübergeschritten war, lagen die Blumen jedesmal vor ihren Füßen.

Das erstemal wagte die junge Lady nicht, sie aufzunehmen, das zweitemal that sie es, gleichviel, ob es bemerkt werde oder nicht. Wohl nie hatte sie einen kostbareren Schatz gehütet, als wie diese Granatblüte. Wie ein Feuerstrom ging es von der Blume aus, der ergoß sich von schwindelnder Glut in ihr Herz und ihren Kopf. Immer tiefer schlug die phantastische Leidenschaft ihre Wurzeln. Engelina zitterte vor Grauen und Entsetzen in dem Gedanken, dem Fremden jemals allein gegenüber zu stehen, und dennoch zog es sie voll fieberischen Verlangens in seine Nähe, als könne sie nur noch in dem Bann seiner verderblichen Augen leben.

All ihr Denken, all ihr Sein gehörte ihm. Die Wahnvorstellung, dem Teufel mit Leib und Seele verschworen zu sein, trieb sie voll bittersüßer Wollust in ihr Verhängnis War nicht alles eine unerklärlich wundersame Verkettung der Geschicke? Mußte es nicht so kommen? Sollte er nicht, einem Fatum folgend, ihren Weg kreuzen, sie rettungslos in seinen Zauberkreis zu ziehen?

Mag der Sturm sie fassen und hinschleudern, wohin es ihr bestimmt ist – willenlos, ein lächelndes Opfer, fügt sich Engelina.

Näher und näher rückt die Sylvesternacht. Ein großer Maskenball in den Räumen des Kurhauses soll sie feiern, und Lady Eveline spricht den lebhaften Wunsch aus, sich solch ein weltberühmtes Fest einmal anzuschauen. Ihre Nichte nickt hastige Zustimmung, obwohl sie sich schon seit Tagen so leidend fühlt, daß sie kaum imstande ist, die immer häufiger auftretenden Herzbeklemmungen zu verheimlichen.

»Werden wir ein Kostüm wählen?« forscht Lady Eveline in heiterster Laune.


II.

Einen Augenblick schaut das junge Mädchen nachdenklich vor sich hin. Dann recitiert sie mit traumverlorenem Lächeln: »So laßt mich scheinen, bis ich werde – zieht mir das weiße Kleid nicht aus,« Eines der Mignon-Lieder aus »Wilhelm Meisters Lehrjahre« von Johann Wolfgang Goethe, populär auch durch die Vertonung von Franz Schubert. ( D. Hrsg.) und dann hebt sie mit aufleuchtendem Blick das Köpfchen: »Ja, Tante, ich möchte ein Kostüm tragen, jenes, welches meinen Namen in sich schließt. Laß mich eine Engelsgestalt sein. Ein schlichtes, weißes Kleid, ein Paar Flügel, eine Lilie in der Hand. Gerade in der Sylvesternacht möchte ich dem Himmel näher sein, gebe Gott, daß er auch mein ›ewig Vaterhaus‹ werden möge!«

Lady Eveline ist zu lebenslustig und oberflächlich, um solch ernste Worte zu beachten. Sie ahnt nicht, daß Engelina jemals Kunde von dem Fluch des sterbenden Vaters erhalten, sie selber hat die aufregende Episode jener Nacht im Wirbel der Jahre beinahe vergessen.

Die Idee, ein Engelkostüm zu tragen, entzückt sie. »Es paßt einzig für Dich, Darling, ganz wie geschaffen bist Du dazu. Gib acht, es wird große Sensation erregen. Ich werde natürlich den Domino tragen, aber für die Jugend ist es doppelt amüsant, in einem originellen Kostüm zu gefallen. Weiß das, weiß das, Darling, ich war auch einmal jung und die Maskenbälle der Königin waren das herrlichste, was ich je erlebte.«

Sie nickte lächelnd vor sich hin, versenkte sich in die lieben Erinnerungen und ward nicht müde, davon zu erzählen; Engelinas Hände ruhten gefaltet im Schoß, sie hörte stille zu, aber ihre Gedanken flogen weit hinaus in die dämmernde Welt, wie sturmverschlagene Vögelein, welche sehnsüchtig zwischen Himmel und Erde irren.

*

Die Kurhaussäle strahlten in blendendem Licht.

Prinz Karneval hatte seinen rosenbekränzten Thron darin aufgeschlagen und für den Sylvesterabend eine große, lustige, schellenrasselnde Cour für alle angesetzt, welche ihm mit lachendem Munde und tanzenden Füßen huldigen wollten. Da strömten sie in bunten Scharen herbei, die Ritter von der Pritsche, vom Domino und der Papprüste, da glänzten die zierlichen Dämchen in Sammet und Seide, einher tanzend aus allen Zeitaltern und allen Nationen, kokett hinter der Maske versteckt, alle vereinigt unter dem Wunderbaum, welcher Gold, Silber, Flitter und Sternlein herniederstreut. Das Champagnerglas schäumt im Wappen, die fliegenden Herzen blühen als Helmzier, und wer gestern unter dem Druck der grauen, nüchternen Alltagswelt geseufzt, dem wachsen heute schillernde Flügel, die tragen ihn hoch hinaus über alle Sorgen, in das Zauberreich jenes Prinzen mit dem Pokusstab, welchem man nur in Lachen und Jubilieren die Steuern bezahlt.

Alle Säle sind geöffnet. Fahnen, Guirlanden und Embleme schmücken Pfeiler und Wände, Walzerklänge schmeicheln, Rosenduft zieht durch die Luft. Es wirbelt und flutet auf und nieder in tollem Maskenschwarm.

Der Hanswurst treibt übermütigen Scherz, mit geschminkten Wangen und kurzen Balletröckchen necken die Kinder der Welt ihresgleichen, raffinierte Toiletten, welche mehr enthüllen wie verbergen, feiern ihre Triumphe, und darum wendet sich unwillkürlich jedes Haupt, als plötzlich durch all diese irdische Lebensluft eine Erscheinung schwebt, welche sich aus weiter, weiter Ferne hierher verirrt zu haben scheint.

Eine schlanke, sylphenhafte Mädchengestalt, das Haupt von langen, blonden Locken umwallt, das Antlitz nur verhüllt durch undurchsichtigen Schleier. Ein feines, weißseidenes Kleid, von goldenem Gürtel gehalten, fällt in weichen Falten nieder, goldene Flügel entwachsen den Schultern, und dieselben Lilien, welche das Köpfchen kränzen, blühen in der Hand. Welch ein Kontrast! Die Allongeperücken, Schäferhüte und Narrenkappen umtanzen in jubelnder Huldigung einen solch seltenen Gast im Banketsaal des Hokus-Pokus.

Die tosende Lustigkeit ängstigt Engelina und benimmt ihr den Atem, sie zieht den orangefarbenen Domino an ihrer Seite schüchtern mit sich zu dem Wandpolster, von droben einen Ueberblick über die Menge zu gewinnen. Sie möchte nicht lange hier bleiben, sie fühlt sich heute kränker und müder wie je. Lady Eveline ist ganz in ihrem Element. Sie neckt sich mit einem Matrosen, welcher vorzüglich englisch spricht und ist sehr überrascht, als derselbe sie ungeniert mit Namen nennt. Woher kennt er sie? Wer ist er? Sie will es um jeden Preis erforschen.

Vom Orchester erklingt die Straußsche Diabolinpolka. Engelina kennt sie und blickt jählings empor. Eine Hand faßt in leidenschaftlichem Druck die ihre, eine Stimme flüstert die deutschen Worte leis und ungestüm in ihr Ohr: »Nun bist Du mein!«

Wie ein elektrischer Schlag durchzuckt es sie, jählings wendet sie das Haupt. Hinter ihr steht Mephisto. Das feuerrot geschlitzte Sammetgewand umspannt knapp seine schöne Figur, der spitze Hut mit den Hahnenfedern züngelt wie eine Flamme auf dem dunkellockigen Haupt und durch die schwarze Halbmaske glühen sie zwei Augen an, als wollten sie in durstigem Blick ihr Leben trinken.

Er ist es.

Engelina erzittert so heftig, daß ihr die Stimme versagt. Sie will ihre Hand losringen, sie stößt wie in einem Aufschrei die englischen Worte über die Lippen: »Gib mich frei!«

Nur fester hält er sie. Seine Hand ist kalt, und dennoch strömt's wie Feuer von ihr aus,

»Nein, ich lasse Dich nicht,« flüstert er in geläufigem Englisch zurück, »und wenn Du selbst zurückfliehen wolltest in die Einsamkeit von Lilan-Rook, ich folge Dir und halte Dich fest, ich nehme Dich zu eigen für alle Ewigkeit!«

Betroffen starrt sie ihn an. »Woher kennen Sie Lilan-Rook?« stammelt sie.

Ein leises, wunderliches Lachen. Kosend legt er ihre Hand auf seinen Arm und führt sie, ohne daß sie es merkt, Schritt um Schritt in das Gewühl der Tanzenden.

»Woher ich Sir Edwards verlassenes Felsennest kenne?« flüstert er, tief zu ihr geneigt. »Sieh mich an, Engelina! Auch ein Teufel trägt Schwingen an den Schultern, mit welchen er über Land und Meer in alle Welten fliegen kann. Warum schrickst Du zurück vor mir? Glaubst Du, Dein Engelgewand reiße einen Abgrund zwischen Dich und mich? Mit nichten! Auch Satanas war vor langen, langen Jahren ein Engel Gottes, ehe er herabstürzte aus der lichten Höhe, und die, welche er in seine Arme zieht, holt er mit besonderer Vorliebe aus seinem verlorenen Paradies!«

Sie bleibt schwer atmend stehen, wie im Schwindel klammert sie sich an seinen Arm.

»Und warum thut er es? Warum? Was that ihm die Unschuld zu leide, daß er sie um Glück und Frieden, um Heil und Seligkeit betrügen will? Sieh, dort führet gar manch verlorene Seele ihren Reigen! Sie wird Dir entgegenstürmen mit offenen Armen, lachend bereit, Dir zu folgen! Warum verschonst Du sie und streckst Deine Hände nach mir, die mit allen Fibern ihrer Seele nach dem Himmelreich verlangt?«

Einen Augenblick starrte er schweigend zu ihr nieder, der rührende Klang ihrer Stimme, das Zittern ihrer zarten Gestalt bannte momentan auch seinen Fuß. Ein wildes, zorniges Feuer flammte aus seinem Auge.

»Eine verlorene Seele,« lachte er schneidend auf. »O, Engelina, was weißt Du, ob ich nicht einst um solch ein Kind der Welt in heißer, treuer und lauterer Liebe geworben. Aber sieh, diese Satanellas sind oft noch schlechter, noch verworfener wie der Teufel selbst. Sie belügen und betrügen, sie brechen Schwüre und Herzen, sie sind falsch bis zum Verbrechen, wehe dem, der seine Seele an solch ein Weib gehängt« – ein Klang maßloser Erbitterung, ein Stöhnen wilden Hasses bebte durch seine tiefe, volltönende Stimme, dann preßte er die Hand, zur Faust geballt, gegen die Stirn und schwieg sekundenlang. Leise, düster fuhr er fort: »Wenn eines Menschen Herzblut vergiftet, wenn sein Glauben an alles Gute gemordet und er in Wahrheit zu dem Teufel ward, als welcher er sein Leben lang geschienen, dann braucht er die Sünde nicht mehr in jenem flittergoldbehangenen Schwarm hier zu suchen, er trägt sie selber in der Brust. Dann gerade reizen ihn Tugend und Unschuld an zu wildem Begehren, weil er sie von sich warf und sie dennoch beneidet und haßt. Es giebt keine Tugend und keine Unschuld mehr, und auch Dein weißes Engelsgewand ist erborgter Schein, ist eine Maske, welche Du trägst, weil sie für Dein Antlitz paßt.« Er faßte jählings ihre beiden Hände und preßte sie mit beinah schmerzendem Druck in den seinen. »Warum bist Du brav, fromm und gut geblieben, Engelina? Weil die Versuchung niemals Deinen Weg gekreuzt! Lerne erst die Liebe und die Leidenschaft kennen, dann wird sie Dich auch herabreißen von Deiner lichten Höhe, dahin, wo sie auch mich in die Höllentiefe schleuderte!«

Sie hob das Köpfchen, unwillkürlich zog ihre Hand den Schleier etwas tiefer von dem glühenden Antlitz herab, und ihre großen, seelenvollen Augen blickten strahlend zu ihm auf. »Die Liebe? Die heilige, goldgetreue Liebe sollte mich herabziehen, anstatt mich .zu erheben? O, welch irriger Glauben, welch eine absonderliche Ansicht. Wenn es nichts auf der Welt gäbe, mich vor Hölle und Verderben zu retten, die Liebe könnte es einzig und allein, und die wahre Liebe ist so zauberstark, daß sie nicht mich allein auf reiner Höhe festhält, sondern auch gesunkene Seelen zu sich empor zieht in ihr verloren Paradies!«

Er schüttelte schier ingrimmig das Haupt. »Wenn Du einen Mann wahrhaft liebst, mit aller Glut, mit allen Fibern Deines Herzens liebtest, würdest Du ihm nicht willig folgen, gleichviel wohin er Dich führt, zum Himmel oder zur Hölle?«

Sie legte die gefalteten Hände schlicht über die Brust. »Nein!« flüsterte sie leise, aber fest entschlossen; »würde ich das thun, so wäre ich nur durch die Leidenschaft verblendet, aber ich würde ihn nicht wahrhaft lieben, denn die wahre Liebe währt selbst über den Tod, und denkt nicht nur an ein irdisches, vergängliches, sondern an ein ewiges Glück! Ist es nicht der Liebe heiligste Pflicht, nicht nur das Herz, sondern auch die Seele zu läutern? Und wäre es ein Teufel selber, dem ich diese Liebe weihte, so würde es dennoch meiner Seele höchstes Streben sein, zu retten, anstatt mit ihm zu verderben!«

Sein Haupt sank tief, tief zur Brust. »Das sind Worte, Engelina, nur Worte, und ich weiß, wie solche Worte lügen können.«

In jäher Erregung faßte sie seine Hand. »Gebe Gott, daß ich diese Worte durch die That bekräftigen kann!«

Er fuhr außer sich empor. »Welche That!« rief er mit heiserer Stimme. »Was willst Du für einen Mann thun, wenn Du ihm nicht folgst? Himmel und Hölle führen weit aus einander, und was nicht Hand in Hand denselben Weg geht, ist getrennt für alle Ewigkeit!«

»Und steht das Himmelreich nicht allen offen, die es suchen?« flehte ihre süße Stimme.

»Ich suche es nicht mehr, ich kann nicht mehr zurück, es ist zu spät. Welche That der Liebe könnte da ein Weib noch für mich thun?«

»Sie kann sterben für Dich, und durch ihr geopfertes Leben Deine Seele in Ewigkeit erretten!«

Er zuckte zusammen und starrte sie an, es lag ein wundersamer, überirdischer Klang in ihrer bebenden Stimme. Sie waren in das Konversationszimmer getreten, der bunte Menschenschwarm strömte nur promenierend hin und her, aus den Divans war es einsam und still.

Tief erschöpft sank das junge Mädchen darauf nieder; um leichter atmen zu können, zog sie mit unsicherer Hand den Schleier ganz hernieder und schloß momentan die Augen.

Er setzte sich neben sie nieder und nahm abermals ihre Hand in die seine. »O, daß ich glauben könnte, Engelina; daß mein armes, gemordetes Herz noch einmal vergessen und aufleben könnte! Sieh, ich bin heute Abend hierher gekommen, damit die Hölle ihren Triumph feiern könne, und nun trittst Du mir so unerwartet in den Weg und versperrst mir mit Engelsschwingen den Weg zum Abgrund. Warum das? Ich suchte Dich nicht, heute abend am wenigsten. Du ahnst es nicht, was mich hierher geführt, Du weißt nicht, an welchem Scheideweg ich stehe, Du hältst voll süßen Glaubens eine Hand« – er unterbrach sich und neigte sich in starrem Schauen vor, ein Schüttern und Beben ging jählings durch seine Gestalt, als rase ein Sturmwind über eine Eiche. Er erhob sich, sein Atem rang sich zischend von seinen Lippen, ein gurgelnder, wilder, halb erstickter Aufschrei; blitzschnell flog seine Hand an den Dolch im Gürtelgehänge. So stand er wie ein Raubtier, welches sprungbereit sein Opfer erwartet.

Durch die Saalthüre war ein junges Paar getreten. Eine schlanke Männergestalt im blauen Domino und ein junonisch schönes, imposantes Weib im prunkenden Gewand einer Königin Elisabeth. Alles atmet Leben, Glut, Leidenschaft und ungestümes Verlangen an ihr. Sie hat momentan die Maske abgenommen, lacht mit zaubrischem Blick zu dem Herrn an ihrer Seite auf und ruft lachend: »Nein, amico, nicht hierher! Drüben winken die Champagnerbüffets!«

Wie das Aufstöhnen eines verwundeten Stiers klingt es von Mephistos Lippen: »Alexandra!« und dann ein wilder Fluch – der Dolch blitzt aus der Scheide.

Aber er kann nicht vorstürzen wie er will. Eine weiße, zitternde Mädchengestalt wirft sich an seine Brust und klammert voll Entsetzen die Arme um seinen Hals. Die Engelsflügel flimmern vor seinen Augen, weiße Lilien schmiegen sich an sein Angesicht. Er kann nicht vorwärts, ohne Engelina rüde von sich zu reißen und zur Seite zu schleudern.

»Laß mich, laß mich!« knirscht er außer sich.

»Nein, ich lasse Dich nicht,« haucht sie, ihn mit der Kraft der Verzweiflung noch fester umschlingend; »denn, was Du thun willst, ist ein Mord und liefert Leib und Seele dem Verderben! Fort die Waffe! Um Gottes Barmherzigkeit willen, um meinetwillen, Herzlieber, laß ab von dieser grauenvollen That!«

Wie ein Schrei der Todesangst klingt es, und Mephisto läßt schlaff die Arme sinken und bricht wie ein Sterbender auf den Diwan nieder. Die Maske fällt hernieder, als er das totenbleiche Antlitz aufschluchzend in die Polster drückt.

Lachend, ahnungslos schwebt Königin Elisabeth mit ihrem Tänzer in den Saal zurück.

Engelina bricht zitternd auf die Kniee und hebt sekundenlang die gefalteten Hände, dann richtet sie sich auf, legt die Hand auf das Haupt des Fremden und flüstert in tiefstem, innigstem Schmerz: »Du armer, armer Mann!«

Da hebt er das Antlitz und starrt sie an. »Du bist noch bei mir, Engelina? Du bist nicht voll Grauen und Entsetzen geflohen?« murmelt er.

Sie lächelt, ein Blick unaussprechlicher Liebe bricht aus ihren Augen. »Wo gehörte ich in diesem Augenblicke mehr hin, als an Deine Seite,« sagte sie schlicht, und sie faßt seine Hand und spricht feierlich: »Nun ahne ich es, was Dein Herz vergiftet und Dich der Hölle verschrieb, aber ich weiß auch, daß Deine Seele nicht verloren ist, daß Gott mich gesandt hat, sie zu suchen und zu retten, sie heim zu führen, kraft meiner treuen Liebe!«

Wie ein Ertrinkender krampft er sich an ihre Hände. »Engelina, Deine Worte, ist's nur ein Fieberwahn, kann es wahr und wahrhaftig sein, gerade jetzt, gerade in diesem Augenblick – o, Herrgott im Himmel, ich verdiene es nicht!« Und wie in einem Rausche seligen Entzückens reißt er sie an seine Brust und murmelt mit versagender Stimme: »Hast Du mich lieb, Engelina? Mich, den Namenlosen, Entsetzlichen, den Teufel in Menschengestalt?«

Leichenblässe bedeckt ihr Antlitz, schwarze Schatten wehen vor ihren Augen, sie preßt die Hände gegen das stürmende Herz, und dennoch lächeln ihre Lippen wie in seligem Glück: »Ich habe Dich lieb, lieb bis in den Tod!«

Da neigt er das Antlitz; die schwarzen, unstät flammenden Augen glühen näher und näher, das schöne, unheimliche Teufelsgesicht, in welchem noch die sündige Leidenschaft all ihre Spuren zurückgelassen, sinkt tiefer und tiefer zu ihr herab.

»Willst Du mein sein, Engelina?«

Sie vermag kaum noch zu sprechen. »Droben in der ewigen Heimat,« haucht sie, »um Deiner Seele willen gehe ich, folge mir nicht nach, Herzlieber!«

Da fühlt sie zwei heiße, zuckende Lippen auf den ihren. Todesgrauen schüttelt sie, ein Gefühl unaussprechlicher Seligkeit raubt ihr den Atem. Das Herz schlägt wild auf – dann ein Zusammenschrecken und Aufzucken, und gleichsam, als ob ihre Seele langsam in dem Kuß entschwebte, steht das Herz still, ganz still.

Musikklänge jubeln auf, der Fremde aber schrickt empor und starrt auf die schwer und schwerer in seinem Arm zusammensinkende Engelsgestalt.

»Engelina!« schreit er gellend auf, »Engelina!«

Gleichzeitig hört er Lady Evelines hastigen Schritt hinter sich. »Gott im Himmel, sie ist bewußtlos! Tragen Sie das unglückliche Kind zu meinem Wagen!« ruft sie entsetzt.

Mephisto neigt sich und hebt die süße, traurige Bürde auf seine Arme. Thränen stürzen aus seinen Augen; auf Umwegen erreicht er die Garderobe und die Equipage der Schottländerin.

Erstaunte Blicke folgen dem seltsamen Paar, dem Teufel, welcher den lieblichsten aller Engel im Arme trägt.

Mephisto bettet das junge Mädchen in die Wagenpolster, neigt sich und preßt noch einmal in wildem Schmerz die Lippen auf das kühle, friedlich lächelnde Antlitz. Dann springt er zurück und starrt Lady Eveline mit düsteren Augen an.

»Schnell nach Hause!« ruft diese, bebend vor Angst. »Es ist ein Anfall ihres alten Herzleidens.«

Er schüttelt mit zusammengebissenen Zähnen das Haupt, macht eine heftige Bewegung, als wolle er sprechen und stürmt durch die Schar der herandrängenden Menge davon. Noch einmal glüht der rote Sammet seines geschlitzten Wamses im Laternenschein auf, dann schlägt die Dunkelheit der Nacht über ihm zusammen.

 

Im duftigen, warmen, rosig erhellten Teppichgemach liegt »Königin Elisabeth« der verflossenen Maskenballnacht im Schaukelstuhl. Die Füße, in golddurchwirkten Pantöffelchen, ruhen auf dem Kopf der mächtigen, sibirischen Wolfsschur, ein weißes Spitzennegligé umwogt in koketter Pracht die wundervolle Figur. Neben ihr auf der Chaiselongue raucht ein Herr im seidenen Schlafrock die erlesensten Zigarretten. An die Thüre klopft es, ein Diener überreicht auf silberner Schale etliche Briefe.

Angenehm überrascht, streckt sich die schneeweiße, diamantenfunkelnde Frauenhand darnach aus, und das hochfrisierte Haupt neigt sich eifrig vor, die Adressen zu lesen.

Ein jähes Zusammenschrecken, ein leiser Aufschrei des Entsetzens Totenbleich starrt das schöne Weib auf den Briefumschlag nieder.

»Was ficht Dich an, Alexandra? Siehst Du am hellen Tag Gespenster?« lacht ihr Gatte, aber er richtet sich besorgt auf und schaut über ihre Schulter. Auch er entfärbt sich. » Diantre! Ein Brief von Demetri, und so wahr ich lebe, an unsere richtige Adresse gelangt!«

»Von Demetri!« schaudert die junge Frau zusammen, »nun Gnade uns Gott, er hat unsere Spur gefunden!«

»So werden wir dieselbe neuerdings verwischen, die Welt ist ja groß genug dazu!«

»Umsonst! Ich fühle und empfinde es, daß er bereits in unserer Nähe ist.«

»Laß ihn kommen, ich werde ihn empfangen!«

Sie schüttelt mit einem Ausdruck der Todesangst das Haupt. »Er kommt, um zu rächen, er führt hinterlistigen Stoß!«

»Gemach, gemach, Herzlieb! Vor allen Dingen laß uns diesen ›Brief aus der Hölle‹ öffnen!«

Sie vermag es nicht, ihre Hände zittern wie Espenlaub. Gelassen greift ihr Gemahl darnach und reißt mit schroffer Hast den Umschlag ab. Ein umfangreicher Brief. Seltsam.

»Lies vor! Verheimliche mir nichts,« fleht sie leise, »ich bin ja seit Jahresfrist auf das Entsetzlichste vorbereitet!«

Er setzt sich neben die Bittenden, ruhig und gelassen liest er vor:

 

»Wenn diese Zeilen in Eure Hände gelangen, habe ich Wiesbaden bereits verlassen, und nur einer wunderbaren Gnadenfügung Gottes habt Ihr es zu danken, daß es geschehen. Lachende, leichtsinnige, schöne Sünderin! Du ahntest es nicht, daß gestern Nacht nur zwei Engelschwingen meinen Dolch vom Herzen der Königin Elisabeth trennten. Ich habe ihn für Dich bereit gehalten, in wildem, rachedurstigem Haß, seit jener verfluchten Nacht, wo Du unselig Weib mich in Wahrheit zu dem Teufel gemacht, dessen Gestalt zeitlebens mein Fluch gewesen! Ich habe Dich geliebt bis an die Grenzen des Wahnsinns, ich habe selbst in meiner verspotteten Mißgestalt als Mephisto den Himmel offen gesehen, als Du mit süßem Liebeswort mir ewige Treue geschworen, als Du eingewilligt, mein Weib zu werden. Elende! Du hast mich voll Lug und Trug zum Paradies gehoben, um mich voll teuflischer Grausamkeit desto sicherer zur Hölle zu stürzen! Wer war von uns die verlorene Seele? Ich, der seit Kindesbeinen an wegen meines Aeußern gemieden, verspottet, gekränkt wurde, oder Du, die mit falschem Heiligenschein der Welt eine große Komödie voll Tugend und Engelsgüte vorspielte? Die Welt hat ihn gelesen, Deinen Abschiedsbrief, als Du heimlich mit einem Geliebten mein Haus verließest und mir als einzig Lebewohl nur das Bekenntnis zurückließest: Du habest Dich in jugendlicher Verblendung, nur um des elenden Reichtums willen dem Teufel Demetri verschrieben, welchen Du nie geliebt, wohl aber stets gefürchtet und verabscheut habest! Das war Dein Nachwort zu Deinem Ja und Amen vor Gottes Traualtar! Was Du mir in jener fürchterlichen Nacht angethan, magst Du einst vor Gott dem Herrn verantworten, wenn er meine gemordete Seele von Dir fordert! Wenn ich ehemals nur ein Teufel schien, so hast Du in Wahrheit einen Satanas aus mir gemacht. Du hast meinen Glauben an alles Gute und Edle getötet, Du nahmst mir das Himmelreich, darum wählte ich nun freiwillig die Hölle. Schlecht und verworfen war ich, seit Du mich dazu gemacht; was ich seit jener Zeit gesündigt und gefehlt, ist Dein Werk und wird auch Dir einst angerechnet! Meine Liebe zu Dir starb, wie alles in meinem Herzen, was lauter und fromm gewesen. Ich habe Dich verflucht, und Dir und dem Schänder meines Hauses Rache geschworen. Ruhelos und unermüdlich durchkreuzte ich die Welt, um Eure Spur zu finden, bis ich sie hier entdeckte. Wenn meine unheimliche Mißgestalt ehemals mein Schmerz und Unglück war, so ward sie jetzt zu einer Maske, welche ich mit teuflischem Behagen trug, welche ich bis in die feinsten Züge der Verworfenheit ausarbeitete, darnach lechzend, an Leib und Seele zu sein, was ich so lange schuldlos geschienen!

Ich fand Euch in Eurem strahlenden, gewissenlosen Glück, und ich umkreiste Euch, wie der Böse sein Opfer. Sterben! Nur sterben? Mir schien jeder Tod zu barmherzig für Euch, ich sann auf Qualen, die ich Euch bereiten wollte, auf ein tropfenweises Verbluten, so wie ich an meinem Elend stückweise zu Grunde gehe! Der Himmel aber erbarmt sich selbst der Teufel, wenn falsche Liebe sie dazu gemacht. Was taugt jenes Gotteswunder für Eure tauben Ohren? Wisset nur, daß sich ein großes, unfaßliches Gnadenwunder an mir vollzog. Du, Alexandra, hattest den Teufel Demetri nur gefürchtet und verabscheut, ebenso wie alle anderen Weiber der Welt, welche zu eitel waren, meine Mißgestalt an ihrer Seite zu ertragen! Und darum sandte Gott einen Engel aus dem Himmel, daß er sich meiner erbarme, daß er mich liebe, treu liebe bis in den Tod. Die Liebe hat gesühnt, was die Liebe an mir verbrochen, ich bin versöhnt mit Gott und meinem Schicksal, mag dasselbe noch so todestraurig sein, wie es ist. Das Vergangene liegt hinter mir, ich habe in der gestrigen Nacht die Teufelsmaske von mir geworfen, die der Seele wenigstens, meinem Körper haftet sie als Scheinwesen an, bis die Hand des Todes mich von ihr erlöst. In mir ist's stille geworden, wie in einem Grab, Gottes Engel hat mir den Weg zur Heimat gezeigt. Was ihr mir auch angethan, Alexandra und Feodor, was ich auch um Euretwillen gelitten, es soll vergessen und vergeben sein. Ihr tragt ein Gewissen in der Brust, das wird mich rächen, früher oder später, ich lege es in Gottes Hand. Lebt! – lebt unbedroht von mir, ich kann Euch nicht segnen, aber ich will Euch auch nicht mehr fluchen!

Demetri.«

 

Der Leser ließ tief atmend den Brief sinken; Alexandra hatte ihr Antlitz in die seidenen Kissen gedrückt und weinte bitterlich.

Feodor biß einen Augenblick nachdenklich die Lippen zusammen, dann hob er entschlossen den Kopf. »Möglicherweise ist der Brief Wahrheit, wahrscheinlicherweise jedoch nur eine Falle, welche unsere Wachsamkeit einschläfern soll. Art läßt nicht von Art, und was als Teufel geboren, trägt niemals wieder die Lilienkrone der Seraphine. Auf jeden Fall beobachten wir nach wie vor die äußerste Vorsicht; ich werde augenblicklich schellen, daß die Koffer gepackt werden!«

Der junge Russe riß stürmisch an dem Schellenzug. Nichts kam ihm willkommener, als dieser jähe Aufbruch. Warum hatte Alexandra gestern abend so auffallend viel mit dem jungen Minnesänger getanzt, gelacht und gescherzt? Der Kerl hatte verteufelte Augen im Kopf, je nun, und daß man Alexandra über Nacht verlieren kann, wußte ja keiner besser wie er. Willkommener Vorwand beständiger Todesangst! Nun hat er ein Recht, das junge Weib in tiefste, weltvergessenste Einsamkeit zu vergraben. Steht nicht manch' altes, weltvergessenes Schloß im schottischen Hochgebirge? Dort will er der Liebe ein Gefängnis bauen. Fürchtet er sich vor Weiberlaunen und Thränen, vor Ueberdruß und Langeweile? Nein, er fürchtet nur die Marder, welche um sein Nest schleichen.

Da schillert die Schlange durch das Paradies, welche einst Demetri rächen wird.

*

Die Kirchthüren von St. Peter in Rom stehen weit geöffnet. Eine bleiche Frauengestalt in tiefer Trauerkleidung schreitet durch das Portal – Lady Eveline. Müde wankt sie durch die knieende, betende Menge nach einer kleinen Seitenkapelle, wo auf einem Marienbild eine auffallend schöne Engelsgestalt den Lilienzweig vor der Himmelskönigin neigt. Das süße, von goldenen Locken umwallte Antlitz hat eine wunderbare Aehnlichkeit mit Engelina – die Lady kann nicht satt werden, es anzuschauen und in leidenschaftlicher Selbstanklage davor die Hände zu ringen. Sie war stets allein in der kleinen Kapelle; heute weicht sie jäh zurück, ein Mönch kniet vor dem Bild und betet. Sie tritt wartend zur Seite. Wunderbar; warum starrt er so regungslos auf das Bild, warum krampft er die Hände so leidenschaftlich um den Betschemel?

Lady Eveline blickt schärfer in das farblos starre Angesicht, und ein jähes Zittern des Schrecks durchläuft ihre Glieder. Träumt sie? Ist es ein Trugbild? Dieses selbe fanatische düstere Angesicht, die eingesunkenen, schwarzlodernden Augen; ist er es wahr und wahrhaftig? Der Beter erhebt sich – ja, er ist es, den Fuß nach sich ziehend, hinkt er an der schwarzgekleideten Frauengestalt vorüber.

Ihre jähe Bewegung läßt ihn aufschauen. Auch er zuckt zusammen und starrt sie an wie eine Erscheinung. Er öffnet die Lippen, als wolle er in jäher Erregung zu ihr sprechen, dann schüttelt er abermals mit einem todtraurigen Ausdruck das Haupt, auf welchem die lockigen Teufelshörnchen der Tonsur gewichen, hebt die Hand und beschreibt das Zeichen des Kreuzes wider sie.

Im nächsten Augenblick ist er in der ab- und zuströmenden Menge der Kirchenbesucher verschwunden.

Vor dem Bild der Mutter Gottes und dem lieblichsten aller Engel liegt jedoch ein Strauß frischer Lilien, auf dem glänzen helle Tropfen, Thränen, wie sie eine zum Tod getreue Liebe weint.


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