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Epigrammatische Gedichte.


Witz und Tugend.

Wie schön ist nicht Homer, der Dichter aller Zeiten,
Wie reizend, wie gelehrt, wie reich an Trefflichkeiten!
Doch auch nur eine That rechtschaffner Menschenhuld,
Der wahren Mäßigunq, der Großmuth, der Geduld,
Verschwiegne Tugenden, die wir mit Kenntniß üben,
Sind noch einmal so schön, als was Homer geschrieben.

 

An Hypsäus.

Man muß nicht allezeit was Hocherhabnes sagen:
Der allgemeine Witz ist nicht der Hoheit Freund.
Des Weltlichts vollen Glanz kann mancher nicht ertragen,
Der seinen Schimmer liebt, wann er in Wassern scheint.
Nicht jeder Wahrheit Bild kann helle Farben leiden,
Die reizt, wann um ihr Licht ein zarter Schatten spielt.
Uns brennt der Sonne Glut auf unbepflanzten Haiden,
Die uns zur Anmuth strahlt, wenn sie ein Lustwald kühlt.

 

Grabschrift des Neodars.

Neodar, seiner Freunde Plage,
Ruht hier, und hört zu fragen auf.
Das Fragen war sein Lebenslauf,
Und er verschied in einer Frage.
Du fragst bei diesem Leichenstein:
Ward er durch Fragen klug? Ach nein!

 

Flaminius Vacca

Wer ist, was Vacca war, ein Meister, welcher allen
Durch Werke seiner Kunst, und nie sich selbst gefallen?

 

Cosmus.

Wie klug ist Cosmus von Gesicht!
Man muß ihm etwas Stolz erlauben:
Doch alles, was er heute spricht,
Scheint ihm des Witzes Ruhm zu rauben.
Ist Cosmus klug? Ist er es nicht?
Ich werde seinen Worten glauben.

 

An den verwachsenen Gurdus.

Du gleichest dem Aesop; doch dein Verstand ist klein.
Der Kern der Bucklichen räumt dir gewiß nicht ein,
So dumm als höckericht, und dennoch stolz zu sein.

 

Ueber das Bildniß des Herrn Professor Bodmer, Mitgliedes des großen Raths zu Zürich.

(1752.)

In dieser Bildung herrscht der schöpferische Geist,
Der neuen Witz und Muth im Noah uns beweist.
Sein Auge lebt und denkt, und weissagt Meisterstücke.
Wie reizt mich's, daß ich hier auch einen Freund erblicke,
Der mich so lange liebt, und daher fast vergißt,
Daß meine Dichterei dem Reim noch dienstbar ist!

 

Auf den Cheselden der Deutschen.

Es lebe Carpser lang! er zieret unsre Zeiten.
Wünscht Aerzten seine Kunst, und Königen sein Herz!
Sein Anblick selbst erquickt, die Schwermuth hemmt sein Scherz,
Und er vergißt sonst nichts, als seine Gütigkeiten.

 

Wernicke.

Wer hat nachdenklicher den scharfen Witz erreicht,
Und früher aufgehört, durch Wortspiel' uns zu äffen?
An Sprach' und Wohllaut ist er leicht,
An Geist sehr schwer, zu übertreffen.

 

An den Freiherrn von ***.

Der, unverführt von Freuden und von Sorgen,
Nie herzlich weinet oder lacht;
Der, jede Nacht und jeden Morgen,
Ohn' alle Träume schläft; nur, wann er soll, erwacht;
Der, gleich entfernt von Witz und Unverstande,
Sich nicht versteigt, auch nicht versteigen kann:
Trifft man in dem den größten Geist nicht an;
So ist er doch vielleicht der Glücklichste im Lande.

 

Philosophen. Redner.

Den Weisen von Stagir entehret eine Metze:
Demosthenes spricht als ein Held;
Doch er verläßt Schild, Schlacht und Feld:
Und Harpalus Geschenk ersticket sein Geschwätze;
Ein Diogen verfälscht das Geld;
Ein Seneca verdammt und sammlet Schätze.
Das ist der Lehrer Art; das ist der Lauf der Welt.
Erbauliche Gesetze,
Die ihr Gebieter selbst nicht hält!

 

Leander und Scapin.

So glichen sich wol niemals Herr und Knecht.
Der Herr ist lang; der Diener ist nicht kleiner:
Der Herr lacht laut; der Diener wiehert recht:
Der Herr ist grob; der Diener ist nicht feiner:
Der Herr ist bleich; ist nicht der Diener blaß?
Der Herr sieht halb; was kann der Diener sehen?
Leander haßt ein ausgeleertes Glas;
Läßt auch Scapin ein volles vor sich stehen?

 

An einen Arcadier

laevae parte mamillae
Nil salit Arcadico juveni
Juvenal Sat VII 159

Du grübelst Tag und Nacht, umringt vom Dichterchor,
Der in Athen und Rom der Kenner Lust gewesen.
Was nutzt dein stummer Fleiß? Was hilft dein blindes Lesen?
Dein bleierner Verstand steigt nicht, durch sie, empor.
Es scheint fast jede Müh' vom Ziel dich zu entfernen.
An Witze bist du arm, doch an Poeten reich,
Und nur den schweren Ankern gleich,
Die stets im Wasser sind, und nimmer schwimmen lernen.

 

Wider den Horaz.

Wahr ist es, auch Horaz folgt andrer Weisen Spur,
Entlehnet vom Chrysipp, und borgt vom Epicur:
Alcäus, Archiloch sind dieses Schülers Meister,
Und Pindar und Homer, das Muster großer Geister.
Man sagt: Er denket wahr; man sagt, daß er ergötzt;
Was sagst denn du, Pantil? Du sagst: Er übersetzt!

 

Wunsch.

Langweiliger Besuch macht Zeit und Zimmer enger:
O Himmel, schütze mich vor jedem Müßiggänger!

 

Marcus Aurelius Antoninus Verissimus

Monarchen, euren Werth wird jede Zeit erheben,
Und die Benennungen berühmter Herrscher leben.
Noch wiederholt die Welt das Lobwort ungeschwächt:
Noch heißen sie uns groß, noch weise, noch gerecht.
Ein schöner Name fehlt, den Antonin erworben,
Der des Wahrhaftigsten. Ist dieser ausgestorben?

 

Erill.

Wir wissen, daß Erill nie günstig denkt noch spricht:
Zum Beifall bringen ihn Geist oder Sitten nicht.
Es gleiche noch ein Herz, mein Wilckens, deinem Herzen,
Ein Witz selbst Rab'ners Witz in seiner Kunst zu scherzen;
Besitzet, könnt' es sein, zum schönsten Eigenthum,
Des Leibnitz Wissenschaft und unbegrenzten Ruhm;
Euch mögen Tugenden, Verdienst' und Glück erheben:
An jedem Vorzug wird sein Biß, sein Geifer kleben.
Man nenn' ihn, wie man will, stolz, neidisch und vergällt:
Ich nenne den gestraft, dem keiner wohlgefällt.

 

Warnung.

Wie leichtlich wird man hintergangen!
Doch das Verhängniß läßt geschehn,
Daß, die uns gerne hintergehn,
Oft mit Geräusch und vielen Worten prangen.
So macht die Schrecklichste der Schlangen
Die sich, mit ihr, schon nähernde Gefahr
Durch ihr Geklapper offenbar.

 

Für viele große Folianten.

Der ungeheurste Foliant
Hat, wie der dickste Kerl, zuweilen auch Verstand.
Nicht seiner Bildung muß man spotten:
Steckt Ambra nicht in Cachelotten?

 

An Melint.

Du willst, ich soll jetzt mit Cecil,
Dem feinen Mann, Bekanntschaft machen.
Du rühmest ihn: er spricht nicht viel,
Hält Ordnung in den kleinsten Sachen,
Liebt Häuslichkeit, und flieht das Spiel.
Er sagt recht höflich, was er meint:
Er wird nicht, durch den Umgang, kühner.
Wie sehr ist er dem Weine feind! …
Melint, so lob' ich einen Diener,
So lob' ich niemals einen Freund.

 

Helena und Menelaus.

Zum Menelaus kam die Helena zurück,
Und sprach, mit Recht beschämt, und mit bethräntem Blick:
Es ward dir zwar mein Leib, die irdische Last, entrissen;
Doch, wie der Himmel weiß, blieb meine Seele dein.
Er sprach: Ich glaub' es gern; hingegen magst du wissen:
Was du mir ließest, scheint dein schlechtstes Theil zu sein.

 

Jersbeck.

(1752.)

Hier seh' ich mehr als das, was jenen Kaiser trieb,
Der Rückkehr zu dem Thron die Gärten vorzusetzen:
Ein Reich, das er gepflanzt, wo Freiheit voll Ergötzen,
Zum täglichen Triumph, sein Sieg im Alter blieb.
Hier herrschet diese Lust im würdigsten Gebiete:
Groß ist die Anmuth hier, die jede Gegend schmückt,
Groß jedes Werk der Kunst, und durch die Wahl beglückt;
Doch größer des Besitzers Güte.

 

An den Marschall von Frankreich, Grafen von S.

(1745.)

Gemeiner Tugenden kann nur ein Held entrathen:
Der Glanz von seinem Ruhm strahlt aus erhabnen Thaten,
Aus dem, was andern schwer und unerreichlich fällt.
Die Niedern müssen sich ein leichtres Lob erlesen;
Doch Scipio verbleibt ein Held,
Wär' er in Spanien auch nicht so keusch gewesen.

 

Mahomet und der Hügel.

Zum Volk sprach der Prophet bethörter Muselmänner:
Der Wahrheit zum Beweis, ist unsers Allah Schluß,
Daß, wenn ihr würdig glaubt, versammelte Bekenner,
Der Hügel, der dort ruht, sich einst uns nähern muß …
Auf, Hügel, höre mich! Vernimm, du Kind der Erde,
Vernimm des Schöpfers Ruf! Der Ruf erschallt durch mich:
Er will, daß diesem Volk ein Wunder sichtbar werde,
Erscheine hier vor uns! Auf, auf! Erhebe dich! …
Was? Ruhst du? Ruh' denn heut'! Nun stell' ich euch, ihr Frommen,
Ein sittlich Wunder dar, wie demuthvoll ich bin:
Will nicht zum Mahomet der träge Hügel kommen;
So geht jetzt Mahomet zum trägen Hügel hin.

 

Auf gewisse Ausleger der Alten.

Beklagt des Grüblers trocknen Fleiß,
Der in der Alten besten Werken
Nur eine Lesart zu bemerken,
Nur Wörter auszusichten weiß.
Ihr Geist, Geschmack und Unterricht
Befruchtet seine Seele nicht,
Sie mag sich noch so weise dünken:
Und, nutzt der klügern Welt sein Buch,
So gleicht er denen, die, zum Fluch,
Den Wein zwar keltern, doch nicht trinken.

 

Phax.

Phax ist nur klein, und, was den Witz betrifft,
Scharf, kurz und neu, im Beifall und im Zanken
An Worten karg, verschwendrisch in Gedanken:
Der ganze Phax gleicht einer Ueberschrift.

 

Seltsamer Zorn des Cleons.

Des Cleons spanisch Rohr, der Rächer seiner Ehre,
Gab einem Lästerer empfindlich Unterricht.
Wie sinnlich demonstrirt die Lehre,
Die fast des Schülers Rückgrad bricht!
Wol zehnmal schrie der Bösewicht:
Herr, hab' ich Sie verleumd't; so sterb' ich auf der Stelle!
Doch Cleon gerbet fort und spricht:
Das weiß ich schon, du sauberer Geselle;
Doch lobtest du mich gestern nicht?

 

Der Geheimnißvolle.

Der Zischler Aeltester, Bisbill,
Lehrt heimlich, was er lehren will,
Und spricht mit allen im Vertrauen.
Noch gestern hat er, recht erstaunt,
Mir, unter uns, ins Ohr geraunt:
»Der Preußen König weiß zu siegen und zu bauen.«
Der Nachricht gab ich gern Gehör,
Und sagt' ihm: »Unter uns! der König weiß noch mehr.«

 

Cincinn.

Es lassen sich Cincinn und seines Lächelns Kunst,
In früher Gegenwart, bei Hofe täglich sehen,
Und hieraus schließest du, er müsse recht in Gunst
Bei herrschenden Ministern stehen;
Doch durch sein Dasein wird uns das nicht offenbart:
Erkennt man Christen bester Art
Allein an ihrem Kirchengehen?

 

Arist und Suffen.

Auf Ortolanen, Lachs und Samos stolzen Wein
Hat oft Arist das Glück, Suffenens Gast zu sein.
Dann aber liest Suffen ihm seiner Dichtkunst Proben,
Und diese muß Arist stets hören und stets loben.
Nun überschätze nicht dein theures Mahl, Suffen:
Gewiß, nur für Arist kömmt es recht hoch zu stehn.

 

Eine, vor dem Jahre 1732, seltene Sache.

Es herrschet überall ein dürft'ger, stolzer Neid,
Das lächerlichste Loos der lächerlichen Zeit,
Als ob das große Gut, Unsterblichkeit und Ehre,
Nur Eines Eigenthum, und nicht zu theilen wäre.
Doch, wo regieret mehr Parteilichkeit und Haß,
Als auf dem heutigen Parnaß?
Viel eher findet man bei so vergällten Trieben
Drei Helden, die sich gern in gleicher Größe sehn,
Drei Schöne, die sich nie, aus Mißgunst, hintergehn,
Als zween Dichter, die sich lieben.

 

Susanna, nach Veranlassung zweier Sinngedichte des Prior und Cobbs.

(1731.)

Susannens Keuschheit wird von allen hochgepriesen:
Das junge Weib, das jeder artig fand,
That beiden Greisen Widerstand,
Und hat sich keinem hold erwiesen.
Ich lobe, was wir von ihr lesen;
Doch räumen alle Kenner ein,
Das Wunder würde größer sein,
Wenn beide Buhler jung gewesen.

 

Auf den Gothilas.

Der stolze Gothilas, ein neugedruckter Dichter,
Ein Geist von starker Zeugungskraft,
Fand, seiner Einsicht nach, den Glauben fehlerhaft,
Und ward des Christenthums unbärt'ger Winkelrichter.
Er quälte sein Gehirn, die Werkstatt früher List,
Dir, o Spinoza, nachzuäffen:
Als ein unsterblicher Deist,
Der kleinen Ketzer Schwarm dereinst zu übertreffen!
Dies Klügeln ward sein liebster Zeitvertreib;
Doch, da er lange g'nug dem Himmel Hohn gesprochen,
Erzürnt der Himmel sich, und spricht im Zorne: Schreib!
Er schreibt: man pfeift ihn aus: der Himmel wird gerochen.

 

Res est sacra miser. Seneca.

Ein jeder, den die Hand des schweren Schicksals krümmt,
Dem sie den letzten Hauch der müden Hoffnung nimmt,
Hat ein bethräntes Recht zum Mitleid aller Herzen;
Nur Henker kitzeln sich bei andrer Schmach und Schmerzen.
Die Großmuth ist voll Glimpf: sie hilft, sie schonet nur;
Und diese Regung krönt die sittliche Natur.
Doch wie? wenn Fehler uns zum Sturz und Abgrund leiten? …
Wen straft kein Selbstbetrug? Wie menschlich ist's zu gleiten?
Auch ein verdienter Fall flöß' uns Erbarmung ein!
Ein Unglückseliger sollt' unverletzlich sein.

 

In einer schweren, oft schmerzhaften Krankheit.

(1754.)

Mein Auge füllt sich leicht mit freundschaftlichen Zähren:
Jetzt flößet mir die Dauer eigner Pein
Die Thräne der Betrübniß ein.
Die Weisheit wird sie nicht verwehren:
Es ist erlaubt, sein eigner Freund zu sein.

 

Trostgründe.

Mein Sophron, nichts geschieht vergebens.
Uns witziget, uns übt die Widerwärtigkeit
Im Prüfungsstande dieses Lebens.
Die Seele siegt nicht ohne Streit.
Wenn wir auch nicht den Sieg erwerben;
So hat dennoch das Unglück seinen Werth,
Weil es die größte Kunst uns lehrt:
Die, Glücklichen so schwere, Kunst zu sterben.

 

Charakter eines würdigen Predigers.

Es ist Theophilus ein Lehrer jeder Pflicht:
So heilig wie sein Amt, so wahr als sein Gesicht:
Dem Irrthum billig feind, ohn' Irrende zu hassen:
Voll Liebe, wie sein Gott, und, als sein Knecht, gelassen:
Nur eifrig für das Wort: besorgt für aller Heil,
Und keinem Eigennutz und keiner Meinung feil.
Er sucht die Ehre nicht, noch Güter dieser Erde;
Die Ehre suchet ihn, damit sie edler werde.
Er unterscheidet sich so sehr vom Geist der Welt,
Daß er, im Priesterrock, uns, und nicht sich, gefällt.

 

An einen Maler.

Willst du den Stolz für alle kenntlich malen,
So laß den Muth ihm aus den Augen strahlen!
Sein Blick sei Hohn: ein Trotz, der herrisch droht,
Krümm' ihm den Mund, färb' ihm die Wangen roth:
Er spiegle sich, voll Freude sich zu sehen:
Es mag ein Pfau ihm steif zur Seite stehen:
Und fehlt ihm ja noch was an Aehnlichkeit,
So gib ihm Calchas Kropf, und Wanst, und Priesterkleid!

 

An den Doctor Logus.

Wie leicht beschämst du den Macrin!
Wie schwach sind seine Kleinigkeiten,
Wann deine Waffen sie bestreiten,
Und mit Soriten überziehn.
Allein zu oft besiegst du ihn.
Man muß, und dieses nur weiß Doktor Logus nicht,
Nicht immer klüger sein, als der, womit man spricht.

 

La-Fontaine.

Aesop und Gabrias und Phädrus und Horaz,
Ein Ariost, Machiavell, Boccaz,
Dein Rabelais, und die du oft verhehlest,
Erzählten dir, was du erzählest.
Du schreibest gut genug: man gönnet dir ein Thal
»An dem gebirgigen Pindus, Apollons witzduftenden Höhen.«
Allein, du wirst auch dort weit unter Dourche stehen:
Denn er ist ein Original.

 

Robert Harley, Graf von Oxford.

Der Harley, welchen Swift und Pop' und Prior loben,
Ward in den Grafenstand durch Annens Wahl erhoben.
»Wie? Harley?« fragt erstaunt Britanniens Bathyll, Bathyll war ein berühmter Tänzer zu den Zeiten des August.
Le Sac, ein Mann voll Geist, schnellfüßig wie Achill.
Ja. »Lobt ihn, wie ihr wollt! erhebt ihn zu den Sternen!
Was sieht doch, ruft er aus, in ihm die Königin?
Zwei Jahre gingen mir mit diesem Klotze hin!
Doch konnt' er nie recht tanzen lernen!«

 

An einen Freund.

Der ist nicht klug, der vieles wagt,
Geringen Vortheil zu erwischen.
Dies heißet, wie August gesagt,
Mit einer güldnen Angel fischen.

 

An Celsus, einen jungen anacreontischen Dichter.

Erheb' und zeige dich dem deutschen Vaterlande!
Doch, sollen jetzt noch Kuß und Wein
Der Inhalt deiner Töne sein,
So singe beider Lob nicht zu der Sitten Schande!
Wie dir Anacreon gefällt,
So heiße stets der klugen Welt
Ein Weiser, wie er hieß, in jeglichem Verstande!
Auch folg' einst einem Rath, der weder eilt noch irrt,
Sei nicht der Grille gleich, die bis zum Tode schwirrt!

 

Phanias.

Es schreibt, mit leichter Hand, der leere Phanias,
Bei ungeduld'gem Müßiggang,
Ohn' Achtsamkeit, Beruf und Zwang,
Ohn' Ordnung und Zusammenhang,
In eines Buchs Gestalt, geschwind ich weiß nicht was.
Ist dies nicht stets erlaubt gewesen?
Er schreibt ja, wie die meisten lesen.

 

Geschenke.

»Wer nur zu schenken hat, ist wie ein Edelstein:
Wohin er sich auch kehrt, strahlt seiner Klugheit Schein.«
Wie leicht ist's Reichen, klug zu sein!

 

Vorzug dieses Jahres.

(1752.)

Was nimmt jetzt ab? Das Silber und die Treue.
Was nimmt jetzt zu? Das Gold und der Verstand.
Nichts ist so wahr: nichts ist so sehr bekannt,
Und jeder Tag beweiset es aufs neue.
Unzählbar sind, zu unsrer güldnen Zeit,
Erleuchtete, beredte, theure Männer:
Selbst Jünglinge. Nicht die Erfahrenheit,
Die Zaubernde; schon die Natur verleiht
Statisten, Philosophen, Kenner.

 

An Omphus.

(1754.)

Erdichte stets: man gönnt dir das Vergnügen.
Doch nur der Witz bringt der Erfindung Lob.
Du täuschest dich, statt andre zu betrügen.
Nimm Unterricht: dein Märchen ist zu grob;
Beehre mich mit einer feinern Lügen.

 

Rath.

Ihr, die ihr wagt, und stets geschäftig seid,
Durch Vortheil reich, durch Knechtschaft groß zu werden,
Begebt euch ja des Vorzugs voll Beschwerden,
Den Geist, Geschmack und Wissenschaft verleiht.
Erhebet euch! doch nie in Witz und Wissen:
Witz bringt Gefahr, und Zweifel geben Qual.
O kenntet ihr die Sorgfalt edler Wahl;
Was würd' euch nicht verächtlich werden müssen?

 

An Hygin, einen gesunden Alten.

Hygin, du bist von sechzig Jahren,
Und nur im Kränkeln unerfahren.
Das Podagra, der Krampf, die Gicht
Verbittern dir den Steinwein nicht.
Dich kann kein Arzt zu Elixiren,
Zum Lebensöl, zum Salz verführen:
Macht er dir Aphorismos kund,
So lachst du, bist und bleibst gesund.
Ein andrer zähle seine Tage,
Und rechne nicht die Zeit der Plage,
Noch was vom Leben überhaupt
Schmerz, Krankheit oder Kummer raubt;
So scheinen ihm die Jahre minder:
Wir heißen alt, und sind noch Kinder.
Dem, der mir Nestors Dauer preist,
Und Priams Alter trefflich heißt,
Dem werd' ich nimmer Beifall geben:
Nur die Gesundheit ist das Leben.

 

La-Motte.

Der Houdart, den ich mir zum Muster nie erlesen,
Ist nicht so groß, auch nicht so klein gewesen,
Als Fontenell' und Rousseau ihn gemacht.
Sein Tadel wird noch jetzt von vielen nachgeschrieben,
Die blos die Kunst des Mitbejahens üben,
Und lachen, wenn ein andrer lacht.
Was Houdart ist, hat Voltair' uns gezeiget:
Ihr kleinen Unterrichter, schweiget.

 

Die Tarraconenser,

aus dem Quintilian, de Institut. Orat. L. IV. C. III.

Es schrieb einst Tarracon dem römischen August:
»August, dem Kaiser, Heil! Zu deiner Völker Lust,
Und deiner Siege Bild, die deine Huld beschlossen,
Ist hier, auf dem Altar, den dir die Pflicht geweiht,
Das Zeichen des Triumphs, ein Palmbaum, aufgeschossen.«
Man siehet, sprach August, aus dieser Seltsamkeit,
Wie fleißig ihr im Opfern seid.

 

Menor.

Wie weit ich Menors Herz besessen,
Das weiß er freilich mehr als ich;
Doch hat er öfters sich vermessen,
Mich lieb' er, und recht brüderlich.
Als einen Feind würd' er mich nicht vergessen:
Als einen Freund vergißt er mich.

 

An einen Verfasser weitläuftiger Grabschriften.

Aus Pope.

Der Gräber Ueberschrift ist sehr dein Werk gewesen;
Doch jedes Mal zu lang, und dies ist nicht erlaubt:
Die eine Hälfte, Freund, wird nimmermehr geglaubt,
Die andre nimmermehr gelesen.

 

An Murtzuphlus.

Ein Wolkenbruch und ganzer Städte Brand
Wird dir zuerst, und uns durch dich, bekannt!
Du weißt zuerst, wo Mißwachs, Theurung, Noth
Und Krieg und Pest den sichern Ländern droht:
Du weißt zuerst, wo jetzt die Erde bebt,
Ein Berg schon flammt, und Gegenden begräbt:
Du weißt zuerst, und lehrest überall
Der Handlung Last, und ihrer Säulen Fall:
Du weißt zuerst, was Große hingerafft.
Freund, wann erhenkst du dich mit deiner Wissenschaft?

 

Jodel.

Herr Jodel, Jodels Sohn, erblaßte schnell und satt:
Er, dem die Stadt die Welt, sein Kirchspiel eine Stadt,
Sein Haus das Kirchspiel war: der nie in fremdem Lande
Luft oder Witz geschöpft: ein Feind der welschen Bande,
Die uns Mingotti bringt, der edlen Hetze Freund,
Die Heulen und Musik, und Mensch und Vieh vereint:
Ein Bürger voll von Recht: der schlimmen Zeiten Kenner;
Staats-, Stadts- und Vorstadts-klug: des Kaisers ernster Gönner:
Er starb. Was war sein Tod? Ein fetter Ochsenschmaus.
Wie viel verliert die Stadt, sein Kirchspiel und sein Haus!

 

Grabschrift des Herrn Sextils.

(1746.)

Hier ruht der Herr Sextil, das Bild erfahrner Männer,
Der Leser jeder Stirn, und der Aspecten Kenner.
Der sechste Carl verschied, und kein Komet erschien,
Kein Nordlicht streift' umher, und beides ärgert' ihn.
Doch seine Frau ward krank, zu vieler Mißvergnügen;
Da sah er einen Stern durch seinen Garten fliegen.
Ach! sprach er, voller Furcht, die kaum sich schildern läßt:
Stirbt nicht mein schönes Weib, so kömmt uns doch die Pest.
Sein schönes Weib genas: die Pest blieb aus dem Lande.
Halt! rief er, dieser Stern droht Schiffbeck mit dem Brande.
Der Brand erfolgte nicht, und endlich fiel ihm ein:
Ich erb' in kurzer Zeit: es muß ein Glücksstern sein!
Sextil ererbte nichts von dem verhofften Schatze,
Und starb, im Gegenschein: er selbst und seine Katze.

 

Auf ein gewisses Lobgedicht.

Mich nennt der durstige Hircan
Recht dichterisch den Dichter-Schwan,
Den Phöbus sich erkießt.
Durch ihn werd' ich so stolz gemacht,
Als wenn mir eine Metze lacht,
Und mich ein Jude grüßt.

 

Hilar an Narciß.

O stelle dich, Narciß, doch morgen bei mir ein!
Mein großer Spiegel soll für dich zu Hause sein.

 

Auf einen ruhmredigen und schlechten Maler.

Hör' endlich auf, mit deiner Kunst zu prahlen,
Und male nicht, und laß dich auch nicht malen!

 

Mascar.

Alcinous speist so nicht beim Homer,
Als Mascar thut, den Freund und Feind benagen.
Doch über etwas will man klagen:
Kein Inquisitor forscht so sehr;
So viele Bissen, so viel Fragen:
Man geht zum Schmaus', und kömmt dort zum Verhör.

 

Wohlthaten.

Wer übertrifft den, der sich mild erzeigt?
Der seltne Freund, der es zugleich verschweigt.

 

An Theron.

Du irrst, wann du so kurz in deiner Schreibart bist:
Halt deinen Leser nicht für klüger, als er ist!

 

Freiheit.

Die Freiheit ist dein Wunsch! Kaum trau' ich dem Entschluß.
Lern' und vernimm von mir, wie man sie suchen muß.
Lachst du, wann Jourdains Stolz und Cadenas sich weisen,
Und sein erhabnes Mahl? Kannst du zu Hause speisen,
Und niemals andrer Gast und Tischgefangner sein?
Befriedigt deinen Durst ein kleiner Frankenwein?
Soll dir ein sittsam Tuch, wie mir, zur Kleidung dienen?
Vergnügen deinen Kuß die billigen Nerinen?
Stellt dein beredtes Gold nie den Statiren nach?
Beherbergt, ohne Neid, auch dich ein niedres Dach?
Freund, ist dein Muth so stark, ist dir nur Freiheit theuer;
So lebst du sonder Zwang, und kein Monarch lebt freier.

 

An Opim.

Opim, wie viel ist dir bescheert!
Du bist gesund und reich, und dennoch voller Klagen.
Was wird das Glück von deinem Undank sagen,
Sobald es ihn erfährt?

 

Alcest und Philint.

Alcest. Ein wahrer Freund sagt alles frei,
Er haßt die stumme Heuchelei.

Philint. Ganz recht! die lieb ich nicht;
Doch auch ein kluger Freund gefällt,
Der uns nicht immer, vor der Welt,
Entscheidend widerspricht.

 

An Charin.

Dein Pandus, der so zu dir schleicht,
Hat Eulenaugen, und sie schielen;
Sein Kinn ist spitz; er lacht nicht leicht,
Und wird stets mit der Zunge spielen.
Ich weiß, daß du ihm günstig bist:
Freund, werde nicht durch Schaden klüger!
Wenn dieser Rothkopf ehrlich ist,
So ist er wahrlich ein Betrüger.

 

Veit.

Veit, Schulz zu Michelsdorf, pflag immer zu verzeihn.
Bald ward auch, unter ihm, die Bosheit allgemein,
Und Frevler lachten frei des Galgens und der Schande.
Ein Knecht war mit dem Hengst des Gastwirths fortgetrabt.
Man hält und klagt ihn an. Veit jammert seiner Bande.
Der Kläger ruft ihm zu: Seid gütig mit Verstande!
Fürwahr, Herr Schulz, wenn ihr mit Dieben Mitleid habt,
So habt ihr keines mit dem Lande.

 

An Eutrapelus.

Im Winter machte mich die Gicht, das Erbweh, schwach:
Da lobt' ich deinen Wein, und trank von deinem Bach.
Jetzt darf ich wiederum der Sonne mich erfreun:
Nun lob' ich deinen Bach, und trinke deinen Wein.

 

Dat veniam corvis, vexat censura columbas.

Juvenal Sat II 65.

Der schwarzen Locken Glanz wird, fast ohn' Unterscheid,
Bei dir der Schönen Rang entscheiden.
Auf Blonde stichelst du. Mich däucht, du gehst zu weit:
Sei klüger, Freund, und halt's mit beiden.

 

Hofmann von Hofmannswaldau.

Zum Dichter machten dich die Lieb' und die Natur.
O wärst du dieser stets, wie Opitz, treu gewesen!
Du würdest noch mit Ruhm gelesen:
Jetzt kennt man deinen Schwulst und deine Fehler nur.
Hat sonst dein Reiz auch Lehrer oft verführet,
So wirst du jetzt von Schülern kaum berühret.
Allein, wie viele sind von denen, die dich schmähn,
Zu metaphysisch schwach, wie du, sich zu vergehn!

 

Auf Furius, einen heutigen noch ungedruckten Scholiasten.

Ovidius erfährt's: du bist an Glossen reich;
Allein, du wirst dem Text nur neue Wunden schlagen.
Die blindlings, so wie du, sich ans Verbessern wagen,
Sind Pamphus, dem Cyclopen, gleich.
Er wollt' ein Bienchen jüngst von Chloens Wangen jagen,
Und gab ihr einen Backenstreich.

 

Auf den schlafenden Nigrill.

Hier liegt, doch leider! unbegraben
Nigrill, der ärgste Bösewicht.
Noch braucht er eine Grabschrift nicht,
Und muß alsdann auch keine haben,
Wann einst sein Lebensfaden bricht.

 

Goldoni.

Von vielen, die sich jetzt Thalien zugesellen,
Kennt keiner, so wie er, was bessert und gefällt.
Der Schauplatz und die heut'ge Welt
Sind seiner Fabeln stete Quellen.
Wie lehrreich rühren uns, durch ihn,
Bettina, und ihr Pasqualin!
Die Kleinigkeiten selbst, die nur zu spielen scheinen,
Auch die sieht man von ihm empfindlich angebracht,
Und wer nicht beim Goldoni lacht,
Der kann beim Holberg weinen.

 

Ein jegliches hat seine Zeit.

Ein türkscher Geistlicher schrieb frostige Gedichte,
Und führte sie doch stets in seiner Predigt an,
Und sagte, daß er sie selbst im Gebet ersann.
Zu dem sprach Gabriel, im nächtlichen Gesichte:
Die Verse, welche man im Beten ausgedacht,
Sind schlecht wie ein Gebet, wobei man Verse macht.

 

Arsinoe.

(1754.)

Die Kennerin der Fehler und der Sünden,
Arsinoe, kann nichts unsträflich finden,
Nicht Chloens Witz, nicht Juliens Gestalt.
Sie ist mit sich, mit andern, unzufrieden;
Nie wird ihr Mund im Unterricht ermüden.
Fragt nicht warum; Arsinoe wird alt.

 

Lindor.

Du sagst, daß Lindor Daphnen küßt,
Allein, du fehlest weit:
Denn kein verliebter Schäfer ist
So voll Bescheidenheit.
Finette, die dir widerspricht,
Macht beider Unschuld kund:
Die schöne Daphne küßt er nicht,
Er küßt nur ihren Hund.

 

An Hyperbolus.

Du sagst uns güldne Berge zu,
Und leistest nichts, und darfst dies Geben nennen:
So wirst du heute mir vergönnen,
Freigebiger zu sein, als du.
Ich schenke dir, so mancher Wahrheit wegen;
Ich schenke dir, Hyperbolus:
In deinen Bücherschatz den ganzen Livius;
In deinen Waffensaal des großen Rolands Degen;
Zehn Stück, ins Cabinet, von Rubens freier Hand;
Ein ächtes Phönixnest, die Beute ferner Reisen:
Für dein Gemahl Pitts großen Diamant;
Für deinen ersten Sohn den Wasserstein der Weisen;
Und alles, was du sonst, dich zu bereichern, liebst:
Herr, das empfange, wie du gibst.

 

An Trivius.

Ich sehe dich beim Schönemann:
Ich sehe dich in Iphis Garten;
In Harvstehude land' ich an,
Auch dort seh' ich dich auf mich warten;
Auf unserm Walle seh' ich dich:
Im Baumhaus seh' ich deine Züge;
Dich seh' ich hier; o lehre mich,
Wo ich dich nicht zu sehen kriege.

 

Die Einsichtvollen.

Es gibt ein Volk, das immer lernen sollte,
Und immer lehrt.
Das ist das Volk, das man nie hören wollte,
Und täglich hört.

 

Unvermuthete Antwort.

Malthin, den Jüngling, fragt Macrin,
Den Rechtsgelehrsamkeit, Amt, Milz und Alter steift:
Wie nennst du einen Kerl, sprich, sprich, wie nennst du ihn,
Den man im Ehebruch ergreift?
Ich nenn' ihn langsam, spricht Malthin.

 

Auf einen Lächler.

Seht, wie ein seichter Fluß, der voller Wirbel läuft,
Je minder tief er ist, die kleinen Kreise häuft!
Des seichten Glycons Bild, des Lächlers ohne Geist,
Der stets die Backen dehnt, stets ihre Grübchen weist.

 

An Euphem.

Dich schilt ein Staar, ein Papagei:
Das hörst du mit gerechtem Lachen,
Denn dich wird auch ihr Lobgeschrei
Nicht eitel, noch berühmter machen.
Nur Sbrullus sprach jüngst wider dich,
Als er auch wider Größre tobte.
Ist dieses dir so ärgerlich?
Wie? Wärst du stolz, wenn er dich lobte?

 

An einen Freund, der mir Burmanns Ovidium geschenkt hatte.

Freund, dein Ovidius vermehrt dir meine Pflicht.
So reizend sieht man gern, was er so schön geschrieben.
Wie leicht entbehrest du des Dichters Unterricht?
Du wußtest, unbelehrt, vorlängst die Kunst zu lieben:
Die wußt' ich sonder ihn und Chloens Augen nicht.

 

Wilhelmine.

(1740.)

Sie lebt' und liebt', und nun ist sie dahin,
Die Flüchtigste der Wilhelminen.
An Witz, an Lust, an freiem Sinn
Glich sie den Ninons, wie den Phrynen:
Ihr war genug, als Schäferin,
Der Kenner Neigung zu verdienen,
Und sie beneidete sonst keine Königin,
Als dich, du Königin der Bienen.

 

Der Mensch.

Ein Kind sucht Kindern oft den Apfel abzustreiten,
Weil schon die Kinder Menschen sind:
Auch der erwachsne Mensch ficht oft um Kleinigkeiten,
Ist trostlos im Verlust, und prahlt, wann er gewinnt.
Warum? Der Mensch bleibt noch ein Kind.

 

Der Jüngling.

Nun wird der junge Herr von seinem Mentor frei.
Wie froh ist ihm die Welt, und die Natur wie neu!
Nun sucht er Luft und Lust, schweift aus, flucht allem Zwange:
Verschwendet hoffnungsreich: ist zornig, doch nicht lange;
Oft scherzhaft, selten klug: voll Sprünge, wie sein Gaul.
Auf Tanz und Jagd erhitzt: zu kühler Arbeit faul:
Nur Chloris unterthan, die ihn so schön regieret,
Bis ihren Augen ihn Serpinens Wink entführet,
Dem ihn Elisa raubt. Sein Herz wird übereilt,
Das seine Weichlichkeit mit zwanzig Freunden theilt.
Er wählt unüberlegt, bleibt keiner Wahl ergeben,
Und denkt kaum an den Tod, und lebt nur, um zu leben.

 

Der Mann.

Bestimmter wählt ein Mann, nach Zweifeln und Verdacht:
Ihm lächelt nur die Welt, die ihm zuvor gelacht,
Der Tanzplatz jüngrer Lust. Nun richtet er die Kräfte
Erhabner auf den Zweck versorgender Geschäfte.
Nun unterwirft er sich: ihn zähmt ein fremder Zwang:
Nun wirbt sein kluger Fleiß um Ansehn, Amt und Rang.
Damit er weiter nicht mit theuren Küssen buhle,
Schickt ihn der Eigennutz dem Ehstand in die Schule:
Der Ordnung Heiligthum, und, durch des Himmels Gunst,
Dem Sitz geweihter Treu' und schärfrer Rechenkunst.
So mehrt er Stamm und Gut, ist achtsam und verschwiegen,
Scharfsinnig im Beruf, gesetzlich im Vergnügen,
Und wünscht, wenn ihm kein Weib des Lebens Lust vergällt,
Auf einen späten Tod, Ruhm bei der Afterwelt.

 

Der Alte.

Der weisheitvolle Greis, der gegenwärtge Zeiten
Hofmeisterlich belehrt, der Freund der Schwierigkeiten,
Ist hämisch, mißvergnügt, der Erben Trost und Last,
Und hoffet, scherzt und liebt so frostig, als er haßt:
Nichts rührt sein schlaffes Herz, als kluge Münzgesetze,
Des Reichthums Majestät, die Heiligkeit der Schätze,
Die er mit List, mit Furcht, die ihn zum Sklaven macht,
Erwuchert, sammlet, zählt, umarmt, versteckt, bewacht,
Verehrt, verschont, beseufzt. Scharf, und wie Schiffer pflegen,
Sieht er nach Luft und Wind, und wittert Sturm und Regen,
Scheut so den kürzesten, als längsten Tag im Jahr,
Den Frühling, wie den Herbst, lebt mäßig wie Cornar,
Auch eh' ihm noch der Arzt die Hungercur empfiehlet:
Bis ihn des Todes Geiz dem schönen Gelde stiehlet.

 

Vergleichung.

Wie edel ist ein Herz, das reich an steter Liebe,
Zum Wohlthun lebhaft ist, aus unerlerntem Triebe!
So wirkt ein lautrer Bach, der durch zwo Wiesen schleicht,
Nicht heftig schwillt, noch rauscht: dem nie die Kraft entweicht,
Die Ufer fruchtbar macht: an dem, bei jedem Lenzen,
Mit Blumen, die er nährt, die Hirten sich umkränzen.

Ein kleines Herz voll Stolz, die Werkstatt schlauer Kunst,
Wird tugendhaft und mild, aus Eigennutz der Gunst:
Ein Fürst, der, eh' er gibt, zehn Zweifel überwindet,
Bis daß sein Kanzler ihm den Ton zum Jawort findet,
Ahmt einem Springbrunn nach. Die Kunst macht die Natur
Verschwendrisch, wo sie kargt; jedoch zu Zeiten nur.
Er wird, so wie ein Sturm, uns Wunderkräfte zeigen.
Seht seinen starken Strahl bis an die Wolken steigen!
Als unerschöpflich eilt des Wassers Schatz empor,
Und prangt in heller Luft: der Schall betäubt das Ohr:
Das Auge weidet sich an Farben und an Bildern:
Kein Maler, kein Poet kann ihren Wechsel schildern.
Ein Rad, ein Triebwerk stockt: Gleich fließt sein Schatz nicht mehr.
Dem Bach ist Titus gleich; dem Springbrunn ein Tiber.

 

Montagne.

Montagne, Günstling der Natur,
Es sollte dich nur der, den Witz und Freiheit adeln,
Weil er dir rühmlich gleicht, erheben oder tadeln;
Dem sei ein Socrates; wo nicht, ein Epicur!
Du bist, zu aller Lust, in dem, was du geschrieben,
Nachlässig schön, und lehrreich zweifelhaft,
Unwissend voller Wissenschaft:
Auch der dich meistert, muß dich lieben.
Und heißt wol der mit Recht gelehrt,
Dem nicht dein Buch Geschmack und Kenntniß mehrt?

 

Die Poeten und ihre Verächter.

Der Erzpoet, der unaufhörlich dichtet,
Der Criticus, der unablässig richtet,
Sind nicht ein Paar, das mir gefällt.
Doch was ist der, den kein Geschmack beglücket,
Kein Opitz rührt, und Haller nicht entzücket?
Ein ungleich schlechtrer Held.

 

Die Kinder Ruben.

In Israel straft jeden Stamm sein Fluch
Auf diesen Tag. Dies lehrt ein kleines Buch
Von einem unglücksvollen Schwätzer.
Der Kinder Ruben Fluch wird schrecklich angeführt:
Was grün ist, das verdorrt, sobald sie es berührt:
Ein Vorbild vieler Uebersetzer.

 

Momar und Sophron.

M. Du kennst mein Werk, du weißt die Gründe,
Womit ich, zu der Freiheit Ruhm,
Den Helden für das Christenthum,
Den Grotius ganz überwinde.
Weil meine Lehre siegreich spricht,
So fehlt ihr auch kein Muth zum Spotten.
Wie werden, tritt mein Buch ans Licht,
Verfolger wider mich sich rotten!

S. Befürchte doch Verfolger nicht:
Du findest keinen, als die Motten.

 

Auf einen Papefiguier und Verächter der schönsten Stellen im Milton.

Der blasse Chaerilus wird oft, aus Eifer, roth,
Wann ich das erste Paar im Milton reizend finde.
Er bleibe, was er ist: so dürr als Miltons Tod.
Und bosheitvoll, wie Miltons Sünde!

 

Fallacia causae non causae.

Trotz einer Elster schwatzt Ursin,
Und keine Grabschrift lügt, wie er:
Dem jüdisch schreienden Gingrin
Fällt, auch im Schlaf, das Schweigen schwer.
Sie, deren Mund nichts sprachlos macht,
Sie reden heut, als mit Bedacht,
Verbindlich, sparsamer und leiser.
Sind heute beide Thoren weiser?
O nein! Beim Frost der letzten Nacht
Ward jener taub, und dieser heiser.

 

Alcon.

Apollo stand betäubt durch Söhne seiner Kunst,
Denn jeder singt ihm Dank, oft für weit größre Gunst,
Als ihm der Gott gewährt, und nach verrauschten Chören
Bat Alcon insgeheim Apoll um neue Lehren.
Er kam, vergnügt, zurück. Gleich denkt die ganze Schaar:
Was wird denn eben dem, vor andern, offenbar?
Und einer rief ihm zu: Nun bist du, frei von Fehde,
Voll Gottheit, voll Olymp. Umstirnt mit Wahrheit, rede
Aetherisch! Genius! Uranisch ist dein Ruhm!
Sprich! Was entwölkte dir Apollens Heiligthum?
Er sprach: Ihr Dichter, hört! Mir hat der Gott befohlen,
In meinem Ausdruck mich nicht stets zu wiederholen.

 

Unterricht für einen Reisenden.

Wenn dir ein Mann, den du nicht kennst, begegnet,
Der lächelnd schleicht, und dich durch Minen segnet,
Scharf nach dir schielt, sich ehrerbietig krümmt,
Gebete brummt, und tiefe Seufzer stimmt:
Und ein Husar, wovor der Anblick schrecket,
Dem das Gesicht Blut, Staub und Pulver decket,
Zugleich erscheint: wär' er, nach Mentzels Art,
Frech, wie sein Pferd, und rauher, als sein Bart;
So rath ich dir, was mir Erfahrne riethen,
Vor jenem mehr, als diesem, dich zu hüten.

 

An Reptill.

Rebuff verfolget mich; ihn darfst du nicht erbittern:
Und Arbas; doch auch er ist dir ein Matador:
Selbst Struma; »Struma selbst?« Du widersprichst nicht Rittern,
Und wie schwingt Struma sich aus Staub und Nacht empor!
Urgande will sich mehr, als alle die, erkühnen:
Du bist ein Wittwenfreund, und sie ist reich, Reptill.
Mein Gönner, lebe wohl! Nicht Sklaven mag ich dienen:
Frei muß der Stolze sein, der mir gebieten will.

 

Bei einem Carneval.

(1746.)

Das Spiel der Welt besteht aus Mummereien:
Ein Hofmann schleicht in priesterlicher Tracht,
Als Nonne winkt die Nymphe Schmeicheleien;
Ein Wuchrer stutzt in eines Sultans Pracht;
Der falsche Phrax erscheint im Schäferkleide;
Als Bäurin stampft die zarte Flavia;
Verblendend glänzt im stolzen Erbgeschmeide
Atossa selbst, der Läufer Zulica;
Als Fledermaus läßt Phryne sich nicht nennen,
Auch Myrtis nicht, der bunte Papagei.
O möchte man stets jedem sagen können:
Dich, Maske, kenn' ich; … nur vorbei!

 

Gastereien.

Die Wissenschaft, ein Gastmahl anzustellen,
Wo zwanzig sich, als wie durchs Loos, gesellen,
Geliebte Stadt! die war dir längst bekannt;
Allein, die Kunst, drei, die von gleichen Sitten
Und Herzen sind, auf Ein Gericht zu bitten,
Die fremde Kunst wird Reichen nie genannt.
Der einen kann es nicht an Schmeichlern fehlen;
Die andre wird mit Sorgfalt Freunde wählen.
O stolzes Geld, ach hättest du Verstand!

 

Die Schriftsteller.

Was gibt dem, was man schreibt, der Dauer Sicherheit?
Nicht Ordnung, nicht Geschmack: nicht Fleiß, noch Gründlichkeit.
Nicht immer ist es g'nug, der Welt durch Wahrheit nützen,
Nicht g'nug, der Alten Geist, der Neuern Witz besitzen:
Am wenigsten genug, daß man vor seine Schrift
Mäcenen stellt, sie preist, und sittsam übertrifft,
Daß auch von unserm Werth die öffentlichen Proben
Kein Kritikus verruft, und zwanzig Vettern loben,
Daß ein beredter Held im schärfsten Vorbericht,
Für unsers Namens Ruhm mit allen Tropen ficht.
Oft wird das beste Buch durch andere begraben!
Ein Buch, das leben soll, muß seinen Schutzgeist haben.

 

Fabel.

Es ist Euphrast, der stets gefiel
In allem, was wir von ihm lesen,
Bescheiden-sinnreich, wie Virgil,
Erfindsam, wie Homer gewesen.
Er schrieb nicht bis ins Stufenjahr,
Nicht viel, nichts auf Befehl, nichts eilig.
Wie ihm die Wahrheit heilig war,
So war ihm auch die Sprache heilig.
Sich selbst zum Lobe redt' er nie,
Doch litt er andrer Stolz und Träume,
Sprach selten von der Poesie,
Noch gegen oder für die Reime.
Er war voll weiser Sittsamkeit,
Drum ward er keiner Secte Götze,
Und hinterließ der Folgezeit
Zwar Muster, aber nicht Gesetze.
Nur Wasser trank er, und nicht Wein.
Von Schönen liebt' er nur die alten:
Blos ihrer Seelen Freund zu sein,
Und sich des Busens zu enthalten.
Er starb, und ließ, eh' er verschied,
Ein Buch, das er gemacht, verbrennen,
So sehr auch sein Verleger rieth,
Das Werk der Welt und ihm zu gönnen.

 

Ein klägliches Schicksal der Poeten.

Wie sorglos schläft der sichre Musensohn,
Wann er, bei Kerz' und Nacht, in dichterischen Stunden,
Nun, wie er glaubt, den Einfall ausgefunden,
Den er gesucht, der ihn zu sehr geflohn!
Wie unruhvoll wird seine Lagerstatt,
Wann ihm der nächste Tag, sobald er ganz erwachet,
Des Fundes Werth mit Recht verdächtig machet!
Der Einfall welkt: die Worte fließen matt.
So schmeichelhaft war Jacobs Nacht und Stand,
Als, wie er wünscht' und hofft', ihn Rahels Reiz beglückte:
So groß sein Leid, als er den Tag erblickte,
Die Augen rieb, und eine Lea fand.

 

An die heutigen Beförderer der schönen Wissenschaften und freien Künste.

(1754.)

Ihr Gönner des Geschmacks! Ihn würdig zu erhöhn,
Ahmt so dem Colbert nach, wie Colbert dem Mäcen.
Verdienet Ruhm und Dank. Doch wollt ihr Künste bessern,
So wählt die rechte Zeit, die Künstler zu vergrößern.
Seid auch den Dichtern hold: Versorgt und rühmet sie;
Nur jenes nicht zu spät, und dieses nicht zu früh!

 

Prophezeiung

(1754.)

Freund, sterb' ich einst, so wird ein Bösewicht,
Der jetzt noch schweigt, mir keinen Nachruhm gönnen,
Und über mich und meinen Werth erkennen.
Es mag geschehn! Den Schnarcher fürcht' ich nicht.
Aus Demuth nur will ich ihn dir nicht nennen.
Sein Tadel ehrt, mehr als ein Lobgedicht.


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