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Die Ballade von den Mädchen, die keinen Mann mehr finden

Sie haben alle eine Nacht mal ohne Hemd
so fleischern weiß und aufgeschwemmt
im Gras gelegen.
Und haben da in solcher Nacht
den Mann um seinen Schlaf gebracht;
sie wußten wohl weswegen.
Das war im Sommerjahr ihr schönster Traum,
denn winters grünt im Wald kein Pflaumenbaum.

Im Pflaumenbaum da sang die Nachtigall
noch manchesmal das Lied vom Sündenfall.
Und oben bei den Schafen,
da stand ein fetter Mond und ließ
den Knaben, der so schön die Flöte blies,
die ganze Nacht nicht schlafen.
Er hat wohl an das Kind, das kommt, gedacht
und sich am Morgen aus dem Staub gemacht.

Da banden sich die Mädchen einen Kranz ins Haar
und klopften an bei Jesu Engelschar,
daß er sie von den bösen Schleichen
im Männermeer erlöse für und für.
Doch Petrus stand mit seinem Sarraß vor der Tür
und zeigte auf den See; da schwammen sie, die Leichen,
da schwammen viele Kinder aus der Pflaumenzeit
und taten dem Gewürm so leid.

Sie tragen jetzt ein schwarzes Witwenkleid
und auf ihr Haar der böse Winter schneit,
die ganze Nacht brennt in der Kammer Licht
und aus dem Spiegel grinst ein Tiergesicht.
Da möchten sie das Bild zerschmeißen.
Doch Glück und Glas das reimt sich nie
auf Pflaumenbaum und Zitterknie.

 

Zur Tröstung höre man diesen Vierzeiler noch:

... auch Pflaumenbäume wachsen ihre Zeit
und welken hin und werden abgehaun.
Was in der Früh noch trug ein Purpurkleid,
fault abends schon im schwarzen Dreck am Zaun.

siehe Bildunterschrift

Nachbildung einer Manuskriptseite


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