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XIV. Feinde im Nebel

Zwei Tage nach dem Fest des höchsten Wesens – 22. Prairial – brachte Robespierre im Konvent das berüchtigte Gesetz durch, das jedem gestattete, einen »Verräter« oder »Verdächtigen« zu verhaften. Zeugen für die strafbare Handlung oder Absicht waren nicht nötig. Voruntersuchung wurde nicht geführt. Die Denunziation genügte für das Todesurteil.

Jeden Volksvertreter, gleichviel ob er mit Ja oder Nein stimmte, mag es kalt überrieselt haben, wenn er dachte, daß dies Gesetz morgen oder übermorgen ihn selber treffen konnte und daß in den letzten sechs Wochen elfhundertdreiundachtzig Personen hingerichtet worden waren. Dies Gesetz – Robespierres Kind – sprach allem Hohn, was Kulturvölker unter dem Wort »Gesetz« jemals verstanden hatten. Nicht von einem Volksvertreter, nicht von einem Republikaner schien es ersonnen, sondern von einem grausamen Diktator.

Schrecken mag auch die Verschworenen befallen haben, doch mit dem Schrecken kam auch ein blasses Lächeln der Befriedigung. Bravo, du Hoherpriester, du Gottessohn! Solche Schreckensgesetze tun treffliche Minierarbeit! Robespierre arbeitet unversehens gegen Robespierre – kann es einen besseren Witz geben?

Die Verschworenen arbeiten langsam, still und sicher. Ihr Kreis wächst. In Robespierres Schuldbuch stehen zu viele Namen, bei deren Klang Herzen sich erinnern, aufschreien, bluten. Die Verschworenen verstehen die Kunst, Robespierres Sturz als das Allheilmittel für alles und alle darzustellen. Sie ködern einen Teil der Royalisten, indem sie ihnen für »nachher« ein System der Milde, der wirklichen Gerechtigkeit versprechen: Bedenkt, daß durch ihn eure geflohenen Verwandten als Verräter erklärt und ihres Besitzes beraubt wurden! Zu den Anhängern Dantons sprechen sie: Denkt an Danton! Wer hat ihn dem Henker überliefert, weil sein Neid den Titanen nicht neben sich ertragen konnte? Den Republikanern aber flüsterten sie zu: Merkt ihr nicht seine Diktatorengelüste? Saht ihr ihn nicht am Fest des höchsten Wesens? Wie er allen voranschritt, überheblich, fürstlich, und wie sie ihm zujubelten und seine Hände küßten? Ist dieser Mann noch ein Republikaner? Nein, er ist schon heute ein Diktator, und er lauert nur auf den günstigen Augenblick, um den Konvent zu stürzen und die Alleinherrschaft an sich zu reißen! Ja, noch Schlimmeres als Diktatur brütet sein Hirn! War er doch kürzlich im Temple, um Marie Therese zu sehen, seine künftige Braut! Denn nichts Geringeres plant er, als den Thron wieder aufzurichten, den schwächlichen Sohn des gerichteten Tyrannen wieder einzusetzen und dessen Schwager zu werden. Die Königsbrut soll schwächlich sein. Wahrscheinlich hofft er, nach dem baldigen Tod des Kleinen den erledigten Thron selbst zu besteigen. Maximilien I. von Frankreich! … So albern das Märchen ist – es gibt Leute, die es glauben, und für den, der es nicht glauben kann, sind andere Lockmittel da, um ihn von der drohenden Gefahr zu überzeugen. Proskriptionslisten mit Robespierres Handschrift. Achtzehn Namen stehen darauf … nein, dreißig … nein, vierzig … Der Haarkünstler, der täglich ins Duplaysche Haus kommt, um den Unbestechlichen zu rasieren und ihm das Haar zierlich aufzurollen, hat diese Listen auf dem Tisch liegen sehen. (Friseure sind bekanntlich die zuverlässigste »Quelle«!) Wie, Bürger, du zweifelst an der Geschichte? Da will ich dir noch eine andere erzählen. Höre: vor etlichen Wochen (es können auch Monate sein) speiste der Unbestechliche mit etlichen Freunden bei irgendeinem Bekannten. Nur Männer, keine Damen! Der Tag war sehr heiß, und da man unter sich blieb, zogen die Herren ihre Röcke aus und hängten sie ins Vorzimmer. Auch der Unbestechliche saß trotz seiner sonstigen Korrektheit und seiner modrigen Würde hemdärmelig bei Tisch … Man ißt, man trinkt, man schwatzt, man lacht. Einer der Gäste verläßt für etliche Augenblicke die Tafel, geht durchs Vorzimmer, wo der schöne Rock des Unbestechlichen hängt. Neugier packt ihn: Was der Tugendbold wohl in seinen Taschen haben mag? Er kann seiner Neugier nicht widerstehen, durchsucht den schönen Rock. Zieht einen Zettel heraus. Namen stehen darauf. Nun, bei Robespierre ein Zettel mit Namen – mehr braucht man nicht zu wissen! Der Neugierige liest, erblaßt, taumelt … Er hat seinen eigenen Namen gelesen. Glaubt ihr noch immer nicht?

Eine schöne, aussichtsreiche Sache ist auch die Geschichte mit der Gottesmutter, der alten Cathérine Théot … Die kann man sogar im Konvent weitläufig erörtern. Es kommt nur darauf an, sie geschickt aufzubauschen.

Unter den überredeten, durch Märchen, schwindelhafte Aussichten oder Angstvorstellungen der Verschwörung zugeführten Männern waren gewiß etliche, die weder von Eigennutz noch von Rachgier getrieben wurden; in der Kerntruppe der Verschwörer aber findet sich kein einziger, der Achtung oder Sympathie erwecken könnte. Nur einem von ihnen – Tallien – kann man in diesen Tagen (aber auch nur in diesen Tagen!) menschliches Mitgefühl nicht versagen, denn er zitterte und kämpfte für eine geliebte Frau. In Bordeaux, wo er als Regierungskommissär wütete, hatte er die blendend schöne, zwanzigjährige Frau von Fontenay, geb. Cabarrus, kennen gelernt, die der Revolution anhing, während ihr geschiedener Mann emigriert war. Tallien, der ehemalige Setzer und spätere Journalist, lag schnell ebenso fest im Bann dieser südlichen Schönheit (Therese Cabarrus stammte von einem spanischen Vater), wie alle Männer vor und nach ihm, die Therese mit ihren keineswegs verhüllten Reizen beglückte, bis sie endlich, als geschiedene Madame Tallien, Fürstin Chimay wurde.

In den Armen dieser bezaubernden Frau vergaß Tallien alles – sogar die Blutgerichte. Führte in Bordeaux, der von Trauer und Greuel erfüllten Stadt, ein Prasserleben, das unliebsames Aufsehen machte. Hielt Wagen und Pferde, hatte seine Loge im Theater, ließ trotz Kriegsnot die teuersten Weine, die seltensten Leckerbissen in sein Haus bringen, und während die Bevölkerung schwarzes und immer schwärzer werdendes Brot aß, befahl der Regierungskommissär, daß auf seiner Tafel nur schneeweißes Friedensgebäck zu erscheinen habe.

Woher all die Mittel flossen, um seinen und Theresens Luxus zu bestreiten? Es riecht übel, wenn man ihnen nachforscht. Tallien war bestechlich, und Therese nahm ohne Skrupel fürstliche Geschenke von Leuten entgegen, denen sie durch ihren Einfluß auf Tallien das Leben rettete.

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Tallien.
Nach einer Zeichnung von J. Guerin.
Aus: L. Gallois, Histoire des journaux et des journalistes de la revolution francaise. Paris 1846. Bd. II 169

Die durch Frauenküsse und Geld erkaufte »Milde« Talliens erregte in Bordeaux kaum weniger Empörung als seine Blutgerichte, und auch der Wohlfahrtsausschuß wurde auf das Liebespaar aufmerksam. Therese Cabarrus, die Tochter eines feindlichen Ausländers und Gattin eines Emigranten, war ohnehin verdächtig, und das ganze Auftreten Talliens machte seine Abberufung nötig. Hatte er doch der Cabarrus sogar eine Salpeterkonzession verschafft, die ihr ein bedeutendes Einkommen in den Schoß warf!

In Paris angelangt, spielte Tallien im Konvent den Gekränkten und beklagte sich, daß man ihn verleumdet habe. Man ging nicht näher auf Einzelheiten ein, und die Angelegenheit schien, soweit sie ihn betraf, beigelegt. Therese aber wurde bald nachher verhaftet und schickte nun aus dem Gefängnis Brief auf Brief an den Geliebten, Briefe, die nach Rettung schrien, die baten, beschworen, verzweifelten, bis einer von ihnen mit verächtlichem Hohn fragen wird: »Gibt es in Frankreich überhaupt noch Männer?« Und beigeschlossen war – schreckliche Mahnung! – ein Dolch …

Tallien war dem Wahnsinn nahe. Die vergötterte Frau im Kerker. Im Konvent und Wohlfahrtsausschuß Robespierres lauerndes Mißtrauen und sein Gedächtnis, das Schmutzgeschäfte eines Regierungsvertreters nie vergißt … Die Verschwörung, die für Theresens und Talliens Schicksal viel zu langsam voranschreitet …

Am 27. Prairial meldet sich im Konvent Vadier zum Wort. Der Präsident, Robespierre, erteilt es ihm. Vadier hat eine wichtige Mitteilung zu machen: er hat eine Verschwörung entdeckt. Der Konvent ist gespannt. Verschwörungen werden zwar alle Tage entdeckt, aber immerhin –

Die Verschwörerin soll niemand anders sein als die fast achtzigjährige Théot! Wichtiges Beweismaterial liegt vor. Vadier hat mit eigenen Augen in dem Hause der Rue Contrescarpe eine Medaille gesehen, die auf einer Seite das Bild Ludwigs XVI. und auf der anderen das der Jungfrau Maria trug. Ferner erblickte er dort das Buch Salomonis und ähnliche umstürzlerische Lektüre.

Ebensowenig wie Vadier ist natürlich irgend jemand im Konvent von politischen Umtrieben Théots überzeugt. Aber Vadier ist ein geschickter Berichterstatter und weiß, worauf es ankommt, und wo er hinaus will. Es handelt sich für ihn nur darum, Robespierre lächerlich zu machen. Ist er erst lächerlich gemacht, dann schwindet von ihm und seinem »höchsten Wesen« der Nimbus, der ihn heute in den Augen des Volkes umgibt. Darf doch Billaud-Varenne von ihm sagen, daß nie zuvor ein Mensch so starken moralischen Einfluß gehabt hat wie er.

Mit Behagen und Witz schildert Vadier den abstrusen Mystizismus des Hauses in der Rue Contrescarpe. Nennt Namen von Mitverschworenen, von »Gläubigen«. Der Name Robespierre wird in der ganzen Rede nicht ein einziges Mal genannt, aber so deutlich und mit so kenntlicher Ironie zielt Vadier auf den Präsidenten, daß man rundum schmunzelt … lächelt … belustigte Seitenblicke auf den Unbestechlichen wirft. Als Vadier zum Schluß fordert, daß die Greisin samt Dom Gerle und etlichen anderen Intimen ihres Hauses dem Revolutionstribunal übergeben werde, ertönt lebhafter Beifall.

Vadier ist zufrieden. Wenn erst die ganze Narretei der Rue Contrescarpe vor den Galerien des Gerichtssaals aufgerollt und Robespierre darein verstrickt wird, dann tönt lautes Gelächter durch das spottlustige Paris. Dann ist Robespierre nur noch ein eitler Tor, und das Gelächter um ihn her macht den Boden unter seinen Füßen schwanken.

Die Verschworenen arbeiten langsam, still und sicher.

Robespierre selbst leistet ihrer Minierarbeit Vorschub. Seit dem Fest ist eine seltsame Depression über ihn gekommen. Er, der Redselige, schweigt jetzt im Konvent, ja er meidet ihn wochenlang. Die Präsenzlisten des Wohlfahrtsausschusses weisen wohl seinen Namen auf, aber auch hier schlummert seine Aktivität. Vielleicht fühlt er, daß auch hier sich Feinde erheben, vor allem Barère, der ewig Schmiegsame, der früher Robespierre den »Genius der Revolution« genannt hatte.

Robespierre meidet den Konvent, meidet den Wohlfahrtsausschuß. Macht mit seinem Hund einsame Spaziergänge draußen vor der Stadt oder auch in den Champs Elysées. Starrt mit seinen kurzsichtigen Augen Vorübergehenden mißtrauisch ins Gesicht.

Große Angst beginnt über den Verschworenen zu lagern und über allen, die sich auch nur in Gedanken gegen ihn versündigt haben. Er ist ja furchtbar, wenn er redet und anklagt, und manch einer erschrickt beim bloßen Anblick des blütenweißen Jabots und des zierlich aufgerollten Haars, als sähe er den Gottseibeiuns. Aber schrecklicher noch als seine Rede und seine Gegenwart ist sein Schweigen und seine Abwesenheit.

Was sinnt er? … Was plant er? … Was glaubt er? … Und – was weiß er?

Die Angst ist unbeschreiblich. Ob seine Spione ausgespürt haben, was im Werke ist? Wenn sie es ausgespürt haben, sind wir alle verloren!

Und er schweigt und bleibt fern …

Robespierres Stimmung war in all der Zeit sehr wechselnd. Meist blieb er trübe und in sich gekehrt, suchte die Einsamkeit der Natur. Zuweilen aber kam auch vorübergehend Heiterkeit über ihn, und dann konnte er wieder fröhlich sein wie zur Frühsommerzeit, wo er sich damit vergnügt hatte, in den Champs Elysées Maikäfer zu fangen. Doch immerfort war Nebel um ihn, Nebel, hinter dem er die Feinde spürte, die er doch nicht greifen konnte, wie auch sie noch nicht den Mut hatten, den Arm nach ihm zu strecken. Ein stummer, erbitterter Kampf im Nebel zwischen Abgründen. Keiner sieht des anderen Antlitz. Noch ringen sie nicht Brust an Brust. Doch zitternd in Wut und Zagen krampft sich schon Talliens Hand um den Dolch, den Therese ihm sandte. Morgen oder übermorgen oder in drei Tagen wird sie vor Fouquier-Tinville stehen … Wenn nicht etwas Unerhörtes geschieht, dann – Tallien, hast du den Mut zum Unerhörten?

Nach wochenlanger Abwesenheit erscheint Robespierre endlich – am 8. Thermidor – wieder im Konvent, um die lange Rede zu halten, die er als sein politisches Testament bezeichnete. Schwüle Spannung lagerte über dem Saal, schwüler noch als die Luft draußen, die von verhaltenen Gewittern bebte. Noch am Abend vorher hatte Taschereau Robespierre gewarnt: »Sei vorsichtig, deine Feinde haben mächtig intrigiert, mächtig verleumdet!« Er aber hatte erwidert: »Ich werde trotzdem meine Pflicht tun. Ich kann diesen Zustand nicht länger ertragen. Mir bricht das Herz, wenn ich bedenke, daß die Republik trotz all unserer Siege noch nie in so großer Gefahr war wie eben jetzt. Entweder befreie ich sie von den Schurken, die sie bedrohen, oder ich gehe zugrunde!« Und nun stand er da, ein Bürger mit zierlich aufgerolltem Haar und blütenweißem Jabot und doch vielleicht ein Rachegott, der Brand und Tod über Frevler verhängt. Die Minuten, die er braucht, um die Stufen zur Tribüne emporzusteigen und seine Blätter zu ordnen, dehnen sich zur Ewigkeit. Dann schallt seine Stimme durch den Saal.

»Mögen andere euch schmeichlerische Bilder entwerfen, ich stehe hier, um euch wertvolle Wahrheiten zu enthüllen. Ich werde die Übel aufdecken, die das Vaterland zu verderben drohen, und die allein eure Rechtlichkeit abstellen kann. Man wird mir wohl auch keinen Vorwurf machen, wenn ich ein Wort von den Angriffen sage, denen ich ausgesetzt bin …«

Der Konvent lauscht atemlos. Viele Herzen flattern in Angst: Jetzt wird er Namen nennen … Jetzt … Nein, noch eine Gnadenfrist.

Nein, noch fällt kein Name von seinen Lippen. Lange spricht er schon und leidenschaftlich, doch Namen – Namen hat man noch nicht vernommen. Nur eine Verächtlichkeit gegen all die Unsichtbaren hinter der Nebelwand, mit denen er schon so lange stumm und erbittert kämpft … »Sie schelten mich ›Tyrann‹! Wäre ich einer, so kröchen sie zu meinen Füßen. Ich würde ihnen gestatten, jegliches Verbrechen zu begehen, würde ihre Taschen mit Gold vollstopfen und könnte ihrer Dankbarkeit sicher sein!« … Wut zittert in vielen Herzen – die Wut von Jämmerlingen, die ihr Spiegelbild verleugnen müssen … Und er legt all die großen Fehler bloß, die von der Regierung, nein, von unfähigen Organen gemacht und auf seine, Robespierres Rechnung geschrieben worden sind, er weist auf die Hetze hin, die von feindlichen Blättern gegen ihn getrieben wird, deren Helfershelfer in Frankreich, im Konvent zu suchen sind. Verkünden diese Blätter doch schon seit Tagen, »daß dies zusammengeballte Hochgewitter von Haß, Rachedurst, Schrecken und verletzten Eitelkeiten endlich losbrechen will«. Und er sprach weiter von dem Verrat, der die Republik umlauere, wußte von Unterredungen feindlicher Emissäre mit Mitgliedern des Konvents.

Kaltes Grausen fällt schuldige Herzen an: Jetzt naht das Verhängnis … Jetzt muß er Namen nennen … Wir alle sind verloren … verraten … Und noch Sekunden, Minuten einer Spannung, die nicht mehr zu ertragen wäre, wenn sie länger dauerte … Manch einer denkt, nein, spürt nur brausend im Hirn, daß er lieber den eigenen Namen und sich verloren geben möchte, als noch länger diese schreckliche Spannung ertragen … Doch horch! Robespierres Rede wird nicht zum Blitzstrahl, der auf sie alle niederfährt! Nein, wie ein vom Licht bewegtes Flämmchen streicht sie unsicher hin und her. »Ich vermag mich nicht zu entschließen, den Schleier völlig zu lüften, der diese Geheimnisse deckt …«

Da weicht die ungeheuere Spannung. Viele Herzen schlagen erleichtert. Viele Jämmerlinge denken ohne Scheu an ihr eigenes Bild. Unterdrückter Jubel verhaltener Sieges- und Lebensgier erfüllt sie doppelt stark, weil der Untergang schon so nahe schien. Er weiß nichts! … Wir sind gerettet!

Die sehr lange Rede, die sich eingehend mit den französischen Zuständen beschäftigte und Robespierres Grundsätze noch einmal zusammenfaßte, wurde mit stürmischem Beifall aufgenommen, und Barère beantragte, daß sie in allen Departements veröffentlicht werden müßte. Ob er den Antrag stellte, weil er zu spüren meinte, daß der Sieg bei Robespierre bleiben würde, ob er es gleichsam als Lockspitzel tat, um Widerspruch zu erregen, bleibe dahingestellt, gehört auch nicht hierher. Widerspruch erhob sich auch alsbald, nicht gegen die Veröffentlichung, aber heftiger Streit entbrannte, ob für diese Veröffentlichung der Konvent allein zuständig sei, oder ob erst die Ansicht des Wohlfahrts- und Sicherheitsausschusses eingeholt werden müsse. Scheinbar parlamentarische Haarspalterei – aber an der Heftigkeit, mit der die Debatte geführt wurde, ließ sich erkennen, daß Großkampftage bevorstanden.

Robespierre war vom Erfolg des Tages befriedigt. Er wußte nichts von Theresens Dolch und nicht, daß die Verschworenen die Losung ausgegeben hatten: Morgen schlagen wir los!


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