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14. Kapitel.
Die Stadtmarkung.

Unter » Markung« im engeren Sinn (von ahd. marcha, ursprünglich == Grenzzeichen, dann die Grenze selbst und das von ihr umschlossene Gebiet) versteht man allen zu einer Gemeinde gehörigen Grund und Boden. Sieht man von dem Wohnort selbst ab (welcher früher, wenn er nicht ummauert war, wenigstens durch einen geflochtenen Zaun, »Etter« genannt, eingehegt war), so zerfällt (zerfiel) die Markung in drei Teile: das bebaute Gelände, den Wald, wenn ein solcher vorhanden ist, und die Weide. Ueberall sind die einzelnen Geländeteile durch besondere Namen ausgezeichnet, welche entweder von der Bodenart oder von der Bodenform oder von der Art der Bodenbenützung oder von irgend einem besonderen Merkmal, auch von Personen, hergenommen worden sind (» Flurnamen«).

 

1. Die Flurnamen gehen sehr oft in die graueste Vorzeit zurück und geben dann wertvolle Aufschlüsse über Zustände oder Ereignisse, von welchen keine Schrift noch Sage mehr Kunde gibt. Im allgemeinen besitzen sie ein außerordentlich zähes Leben; auszunehmen sind vielleicht die Namen von Waldparzellen, welche einem stärkeren Wechsel unterworfen sind, wie z. B. eine Vergleichung des Forstlagerbuchs von 1556 mit dem von 1684 (Stromberger Forst) erkennen läßt.

Von unseren hiesigen Flurnamen sind nur ein paar in geschichtlicher Zeit aufgekommen; dagegen sind mehrere im Laufe der Zeit abgegangen oder stehen im Begriff, vergessen zu werden. Die Deutung mancher Flurnamen ist schwierig, besonders wenn wir es mit Stammwörtern zu tun haben, welche längst verschollen sind, oder wenn der Name seine ursprüngliche Form bis zur Unkenntlichkeit geändert hat.

Wir geben nunmehr das Verzeichnis der hiesigen Flurnamen, ausgenommen die Waldnamen. Die abgegangenen sind mit einem Kreuz († ) bezeichnet; die älteren Formen fügen wir in Klammern bei.

Nähere Zelg. Der Linn- (Lint-, Lem-) Brunnen hat jedenfalls mit der Linde nichts zu tun, weil dort für einen Baum kein Platz ist; auch von lene, lönne (=Abhang) ist wegen des t (alt »Lintbrunnen«) abzusehen. Bleibt übrig die Herleitung von ahd. lint d. i. Schlange, Wurm, vgl. »Lindwurm«, »Wurmberg«. An dem felsigen, sonnigen Abhang über dem Brünnlein mag derlei Getier früher sein Wesen getrieben haben. Oder endlich können wir noch denken an »linde« = gelinde, also: sanftfließender Brunnen. Gegenwärtig hört man, je länger, je häufiger, doch fast nur von Nichteinheimischen: »Rinnbrünnele«. – Der Bronnenweg; der krumme Weg; hinterm Turn; hinter St. Josen (hinter St. Josen Cappelin, 1494 ff., vom hl. Jodokus); das Schemmelfeld (im, am Schemel 1494); am Bolbaum (uff dem Walbom, Bol-, Bollbom); im Suckenrain (jetzt »Zuckerrain«); auf'm, am Biltzen ( bilz = Gebüsch, Weidengeflecht, Zaun); das Schlepplin † (= Hütlein, Mütze?) = ½ Morgen Weinberg ob dem Linnbronnen; das Häslach, der Häslich-Rain ( haselach = Haselgesträuch); der Galgenberg, Galgenrain; im obern Thal (Tall); Kriegäcker (d. h. strittige Äcker); Riedäcker ( hriot, Sumpfgras); das Zolppenwäldle † (erst seit dem 16. Jahrh. von Alexander Zolpp), jetzt Chausseeberg; der Brachberg (über der Grenze auf Bietigheimer Mark liegt auch ein Brachberg, broochberg gesprochen); am Pfarrersgraben; im Spindelberg; bei der Zieglersgruben; Schwalbenhälde (1494 Swalwenhälde, von ahd. swalawa = Schwalbe; heute »Schwalmahälde«); Sachsemer Steig; die Schied † (S. 56); der Braitbronnen † (bei der Hardt); der Klingen- (Klingel-) Acker † (Klinge = Hecke, Rain, Schlucht).

Zelg mittel: (außer schon genannten) im nähern Wasum (ahd. wasemo = Grasboden); der Kreuzberg; in, an der Seiten (Syten); in der Grüeben; die Aineth (Ainot); die nähere, äußere, obere Ainoth-Hecke † (zwischen den zween Ainathecken 1522); der Dornacker †; die Hofhälde †; die Fahräcker (gehörten zum »Neckarfahr«); der Forstweg; das Betzenloch (Loch, Lohe = Wald); beim hohen Triebstein (s. u. !); beim Hagenbrönnle (Hag = Busch, Buschwald, aber auch = Zuchtstier); der (die) Steinbach; die Kirschhälde; zwischen Hölzern †; by dem rotten Stain, 1522, †.

Äußere Zelg: das äußere, das mittel Gwändt (Wand, Gewanne = Grenze, Flur); der Metzgerwasen; in Gründen; am dieffen Weg †; die Ingersheimer Steig; im Kalkofen; im Birgle (Bürglin, 1522); bei dem hohen Kreuz † (1784: zwischen Forstweg und Stadtacker, ist ein Dreispitz, stoßt mit der Spitzen auf den Ingersheimer Weg); die Kreuzegarte, zwischen Hölzern † ( egart, abgezäuntes Land, Brach- oder Oedland); der Lar- oder Lerbronnen, beim Häslachpfad † ( laer = Oebung, Weideland); uff dem Law (Lau, Lauw, Low), in der Nähe der Galgenegarten »und geht der Forstweg dardurch« † (entweder von loh = Wald, oder von lacha, vgl. S. 86).

Weinberge: die Enzhälde; im Bräun (durch Brand gerodeter Wald); der Name kommt im älteren L.B. nicht vor); bei der Wartt; im Gheglen; in der Deutelstahl (der Ton ruht auf der letzten Silbe! 1555 Tüttelstall, 1569 Deytelstall, im von ahd. tiutel = Moosrohr, Sumpfrohr? oder vom Personennamen Tutilo; die Deutelstahlklinge (1522 bei Tutenklingen); die Bernhälde (1413 Bernhuser Hälde), die Hermannsklinge ( vereinzelt auch Hermolz-, Hermoltsklinge, z. B. 1543); die Froschberge; die Niedernberge; die Schalksteinklinge; ob den Gärten; die Wurmberge; das Neusätz; der Hasenlauf †; die Sannau †; die Rappuse.

Wiesen: im, auf dem Wörth; die Kiesstückle; die Wasengärten; die Aineth-, die Fahr-, die Pfarrwiesen (1494: Browelwiesen = Wasserwiesen, von ahd. brogil, bruohil); der Säuwas; am weißen Rain (bei dem Nesselwörth; dort auch) des Köpli(n)s Bronnen † (Familienname); die Söldenwiesen †; der Egelsee (Legelsee) an der Enz, aber auch eine Egelseewiese, die »zieht herab uff den Neckar by dem Schweynsfurt«; der Schweinsfurt, unter der Neckarhälde (1569); das Gänswäsumle; der Gans-, der Bürger-, der Bandwörth; die Burgäcker.

Gärten: das Hag; im Neuschlüssel (Schlüssel = rechtwinkliger Ausschnitt aus einem Acker); in der Lentel (Lintal, Lennthal); die Wasen-, die Keitgärten.

 

2. Die Geschichte der Stadtmarkung. Die alte Besigheimer Markung umfaßte lediglich das Gebiet zwischen dem Neckar und der Enz, bis zur Ingersheimer Untermark. Was jenseits der beiden Wasser liegt, ist in geschichtlicher Zeit hinzugekommen.

Von jeher fühlten sich die von Besigheim innerhalb der beiden Wasser beengt, und so finden wir, so weit wir zurückgehen können, Teile der Nachbarmarkungen in den Händen hiesiger Bürger. Im 16. Jahrh. hatte man auf 13 fremden Markungen Güter. Das gab Anlaß zu endlosem Zank nach allen Seiten; oft ruhte der Streit nicht eher, als bis das fragliche Gebiet zur Besigheimer Mark geschlagen wurde.

Jenseits des Neckars, auf Gemmrigheimer Mark, sind Hiesige schon im 15. Jahrh. begütert. Der Fahrweg unter den Wurmbergen soll auf Dorfes Kosten, ohne der Weingartinhaber Schaden, gebessert werden; was durch den Neckar »angrießt«, soll Gemmrigheimer Allmand sein und bleiben (1490). – Im J. 1626 sind dort 140 Besigheimer begütert mit Aeckern (36), Wiesen (9 etwa) Weingärten (51), Wald (2 Morgen); dazu haben an dem großen Hof zu Walheim auf Gemmrigheimer Markung Hiesige inne gegen 15¼ Morgen. Diese Güter haben sie seit über 100 Jahren im Besitz. Nach Vertrag vom Jahre 1534 (zwischen Propst und Kapitel des Stifts Backnang und Besigheim geschlossen) haben die Besitzer der Wurmbergweinberge Fug und Macht, Erde im Weg ob den Weingärten zu graben. Der Vertrag ist noch 1838 als verbindlich erkannt worden.

Besigheim hat seit Jahrhunderten seine dortigen »Ausgüter« selbst kollektiert (besteuert), alle Rechte der Losung bei Verkäufen ausgeübt, ferner dort Weingartschützen gehabt, den Wein in hiesiger Kelter deyhen (pressen) dürfen. Nachdem nun ein Befehl ausgegeben ist, wonach jeder Ort seine ganze Markung selbst kollektieren soll, Gemmrigheim aber darauf keinen Wert legt, da es dann nur mit der landschaftlichen Anlage gesteigert würde, so wird ein Vergleich geschlossen, wonach alle seit 1629 nach Besigheim versteuerten Güter auch fernerhin dort besteuert werden sollen (21. Sept. 1718). Im Jahre 1875 wurde das bisher nach Besigheim versteuerte Gebiet vollends ausdrücklich zur städtischen Markung geschlagen.

Der Bezirk über der Enz drüben bis zur Bietigheimer Markung war bis über die Mitte des 19. Iahrh. Walheim-Denkendorf'scher Zehntdistrikt und ohne allen Zweifel ursprünglich auch Walheimer Markung. Jedenfalls ist der Strich von der Schalksteinklinge an bis zur Enzbrücke in einer Zeit, welche nicht allzuweit hinter der Gegenwart zurückliegt, vom Walheimer Markungsverband losgelöst worden. Nach Urkunde vom J. 1528 haben die Besigheimer seit undenklicher Zeit die Güter bis zum Steg, gar wenige ausgenommen, mit aller Gerechtigkeit inne gehabt. Es wird daher alles Gebiet, welches begrenzt ist durch die Enz, den Steg, die Schalksteinklinge und den Weg, der ob den Niedern- und Froschbergen herumgehet und Rietweg (1433 Riedpfad) genannt ist, bis an die Löchgauer Steige – an Besigheim übergeben mit voller Gewalt und Macht zum Untergehen, Gebieten und Verbieten, und sie sollen es verwalten wie ihren eigenen Markt. Auch die Allmand oder Kydgärten unter dem Weg (an der Enz) bis zum Steg dürfen sie nutzen und meßen. Doch soll das Gebiet auch fernerhin noch Walheimer Markt heißen und das Dorf darf es auch fürderhin umstocken und umsteinen. Den »Fluß der Klingen« sollen die von Walheim versehen. – Im Jahre 1748 wird das Gebiet vollends ausdrücklich der Stadtmarkung zugeschieden. Der Bezirk von der Enzbrücke und der Löchgauer Steige an aufwärts muß schon früher an Besigheim gekommen sein. Sicher ist, daß Besigheim den Weg »zwischen Wiesen« dort von jeher zu unterhalten hatte; daß die von Walheim dort keinen Weidgang besaßen, keine Leseordnung machen durften, keine Feld- und Weingartschützen aufstellten; ferner daß Besigheim dort den Markungsumgang vornahm und schon im 15. Jahrh. Verträge mit Bietigheim und Löchgau abschloß wegen des Weidgangs an Orten, die von der Enz ziemlich weit entfernt liegen. Bemerkenswert ist auch, daß Teile der »neuen Lehen« (s. 15. Kapitel!) dort, jenseits der Enz, belegen waren, während die »alten Lehen« ausschließlich auf alter Markung lagen. Endlich der kleine Zehnt zwischen Enz und Neckar gehörte nach Besigheim (dem Pfarrer); der jenseits der Enz nach Walheim.

Wenn gleichwohl in den L.B. der fragliche Bezirk mitunter als »Walheimer Markt« bezeichnet ist und die von Bietigheim und Löchgau, wenn es ihnen paßte, der Stadt das Markungsrecht dort bestritten, so beruhte das teils auf ungenauer Ausdrucksweise oder auf alter Gewohnheit, teils auf absichtlicher oder unabsichtlicher Verwechslung des Zehntbezirks mit dem Markungsbezirk.

Gegen Bietigheim ist die Grenze stets unverändert geblieben, ausgenommen einige unbedeutende Regulierungen. Nach Vertrag vom Jahre 1483 dürfen die von Besigheim jährlich auf St. Michaelis, vorher nicht, ihr Vieh auf den unteren Nesselwörth treiben, bis Bietigheim seine Markung bannt und schließt. Was den bisherigen Uebertrieb am Brachberg und zu Hegenau betrifft, so soll jeder von nun an auf seiner Mark bleiben.

Um dieselbe Zeit (1483) vertrug man sich auch mit Löchgau, des Uebertriebs halben auf das Burgfeld und Osterfeld (vgl. Kapitel 15), sowie auf das »Löchgauer Feld«. Was den letzteren Distrikt betrifft, so sollen zwei aus dem Gericht und vier aus der Gemeinde zu Besigheim, die ihr Mannrecht haben, Eide zu Gott und den Heiligen schwören, was Güter am Wüstenberg vor dem und auf den Tag des Entscheids, der zwischen Württemberg und Baden auf Mittwoch nach St. Ulrichen 1461 ergangen ist, in Bauen und Gebäuen gewesen«; dieselbigen Güter sollen denen von Besigheim verbleiben (soweit letztere die Güter nicht verkaufen). Der Eid geschah denn auch am Samstag vor Jubilate, worauf alsbald Steine gesetzt und auf einen derselben »Besigheimer Viehtrieb« gehauen wurde (der sog. »hohe Triebstein«).

Die Frage, welcher von beiden Orten die dortigen »Ausgüter« der Bürger von Besigheim besteuern dürfe, gab in der Folgezeit Anlaß zu endlosen und unerquicklichen Auseinandersetzungen. Im J. 1598 wurde ein Drittel dieser Güter – es waren 5–600 Morgen an Aeckern, Wiesen, Weingärten und Wald, zum Teil jenseits der »Triebsteine« gelegen – dem Dorf, zwei Drittel wurden der Stadt zugeschieden je mit dem Recht der Besteuerung, der » Marklosung« (s. u.!) und der » Erkenntnis« der Kaufkontrakte. Es gab aber immer wieder Streit. Im J. 1713 stellte es sich heraus, daß die Besigheimer weit mehr als ihre ⅔ nämlich 500 statt 400 Morgen, in ihren Steuerverband gezogen hatten. Das Dorf berechnete seinen Steuerausfall auf mehrere 1000 fl. Die Stadt verteidigte sich: das Gebiet diesseits der Triebsteine sei nicht mehr als 428 Morgen, darunter viel ödes Feld. – In einem umfangreichen Gutachten der Tübinger Fakultät vom Jahre 1742 wird der ganze bisherige Streit dargelegt, wobei wir u. a. erfahren, daß Besigheim 1629 nur 226¾ Morgen, 1719 nur 297 Morgen Felds, dazu 43 Morgen Weinbergs und 60 Morgen Walds in seiner Steuer liegen hatte. Im J. 1746 wurde wieder einmal ein Vertrag geschlossen, worin die Besteuerung auf den diesseitigen ⅔ (»auf Löchgauer Mark liegenden«) Gütern ganz Besigheim zugesprochen wurde, ausgenommen die Weingärten im »großen Steinbach« und die Aecker ob denselben in Zelg Osterfeld.

Hundert Jahre später, 1848, trat dann Löchgau die nach Besigheim steuernden Güter, 398 2/8 Morgen 2 4/10 Ruten, mit Jagd- und Weiderecht endgültig an Besigheim ab. Hingegen verzog sich letzteres alles Trieb- und Weiderechts, das es außerhalb jenes Gebiets besessen. Die Markungs-, die Steuer- und die Weidegrenze fielen nunmehr zusammen (Steuerwert der Güter: Aecker 5340 fl., Weinberge 3720 fl.; auf 1000 fl. Werts kommen 5 fl. Steuer). Damit war ein »Span« beigelegt, welcher mindestens 400 Jahre gedauert hatte.

 

3. Die Besteuerung der Ausmärker. Bei unserem gegenwärtigen Steuerwesen ist es für einen Ort ziemlich gleichgültig, ob die Grundsteuer von Auswärtigen, welche innerhalb der Ortsmarkung begütert sind (»Ausmärker«), mit der Steuersumme des einen oder des andern Orts an die Staatskasse abgeliefert wird; früher war es aber nicht gleichgültig, denn die Steuer wurde als eine runde Summe auf die Gemeinden gelegt und diese besorgten die Umlage auf die in ihrem Steuerverband liegenden Güter. Daher galt der Grundsatz, daß jedes Gut in loco rei sitae d. h. an den Ort, in dessen Markverband es gehöre, zu steuern habe. Die Württ. L.O. 1567 bestimmte z. B., daß die Ausleute gerade so wie württembergische Untertanen zu steuern hätten. An Ausländische sollten überhaupt keine liegenden Güter verkauft werden.

Es ist aber begreiflich, daß die Stadt wenigstens versuchte, die Ausgüter ihrer Bürger – nach einer Aeußerung vom J. 1564 sollen es damals an die 1000 Morgen auf 15 fremden Markungen gewesen sein – in ihre Besteuerung zu ziehen. Darüber kam es fast mit allen Nachbarn zu Zerwürfnissen.

Im J. 1508 drohen die Ingersheimer, wenn die Besigheimer Ausleute nicht innerhalb 8 Tagen ihre Schatzung zahlten, würden ihnen die Gütlein genommen und die Besitzer gefangen geführt werden. Man berief sich auf eine Verfügung vom J. 1465, worin die badische Regierung es der Stadt bezeugte, daß sie, solange die Stadt bei Baden gewesen, nie bewilligt habe, daß ihre fremden Güter mit Schatzung belegt würden. Weder wüßten sich die ältesten Räte Karls des Gegenteils zu erinnern, noch sei solches, Zeit seines Vaters oder Ahnherrn, je vorgekommen. – Natürlich war das für Württemberg nicht maßgebend und es wurde 1518 entschieden: soviel die von Besigheim in den letzten 10 Jahren Güter in Ingersheim gekauft, davon sollen sie Römergeld etc. entrichten. Die schon früher besessenen sind frei. – Also doch ein teilweiser Erfolg.

Aehnliches wurde bezüglich der Ausgüter auf dem Löchgauer Burgfeld und Osterfeld bestimmt. Schon Mitte des 15. Jahrh. waren hier Besigheimer Bürger begütert, verweigerten aber jedwede Steuer, wie einige 60 Jahre und darüber alte Löchgauer Mannen bezeugten in einer Reihe von Verhandlungen, welche in den 1480er Jahren stattfanden. Es wurde nun vertragen: welche Güter bisher Bet oder Schatzung nicht gezahlt, die sind auch fernerhin frei; welche aber bisher »unserer Herrschaft Württemberg« solche Steuer gezahlt haben, die sollen auch fürder zahlen, nämlich jeder Morgen 6 hl. jährlich, 3 hl. auf St. Georgen und 3 hl. auf St. Michaels Tag. Geht aber ein Gut, das bisher frei gewesen, aus der Besigheimer Händen in den Besitz von Löchgauern über, so soll es die Bürde gleich tragen wie andere Löchgauer Güter. Das »Betkorn« betreffend, so soll es gehalten werden wie mit dem Betgeld (Vertrag zwischen Eberhard von Württemberg und dem Pfalzgrafen Philipp, welchem auch beitritt, durch eigenes Siegel, der Schelm von Bergen für sich und die Seinigen zu Löchigkhaim. Gegeben Stuttgart, Freitag nach Neujahr 1488).

Betreffend Gemmrigheim sei dem oben (S. 124) Erzählten noch beigefügt: bis 1554 waren die Besigheimer Ausmärker nicht beschwert worden; da aber verlangte man, daß sie an den Landsbeschwerden auch mittrügen. – Nach des U.Vogts von Lauffen Bericht (1589) besitzen Besigheimer Bürger seit undenklichen Zeiten Weinberge 76, Aecker 25, Wiesen 4, Egerten 7 Morgen. Man ist seit langen Jahren bemüht, die Verhältnisse in Einklang mit der L.O. und mit den Landtagsabschieden zu bringen. Die Besigheimer beziehen sich aber auf das uralte Herkommen und geben Steuer bloß von solchen Gütern, welche sie zu den obigen hinzuerwerben.

Seinen Walheimer Ausbesitz besteuerte Besigheim von jeher. Das gab zu badischer Zeit weiter keinen Anstoß, weil damals die Orte nicht mit einer festbestimmten Summe belegt wurden; vielmehr wurde jedes Gut für sich jährlich eingeschätzt und dem Hundert Gulden Werts nach besteuert.

Bietigheim gegenüber war man weniger glücklich und die Stadt mußte sich zu Zugeständnissen bequemen, wenigstens so lange sie württembergisch war. Im J. 1515 wurde im Grundsatz die Steuerpflicht der Besigheimer Ausleute festgestellt, 1523 erkaufte Besigheim durch eine Abschlagssumme von 6 Pfd. 10 sch. das Recht, die bis dahin besessenen Güter (Nesselwörthwiesen) selbst zu besteuern; neu hinzukommende sollen von Bietigheim aus mit aller Art Steuer beschwert werden. Weitere Verträge folgten in den Jahren 1527, 1540, 1557 etc. Im J. 1540 hatten die Hiesigen Aecker zu Hegenau und auf dem Brachberg; Wiesen gegen 52 Morgen. Im J. 1557 besaß man an Wiesen 33, an Aeckern 33, an Wald 11 Morgen (1513 werden die Ausgüter von der Schätzungskommission auf 1403 Pfd. 2 sch. Steuerwert angeschlagen). Die ganze zweite Hälfte des 16. Jahrh. hindurch zerfte man sich wegen der Nesselwörthwiesen herum, teils schriftlich, teils tätlich. Wir können diesen Streit hier nicht weiter verfolgen – der vollständige Briefwechsel liegt noch vor – und begnügen uns zu berichten, daß Besigheim zu schlimmer Letzt in diesem Span wie in so vielen anderen (mit Bietigheim) klein beigeben mußte.

Auf Klein-Sachsenheimer Mark besaßen 8 Bürger von Besigheim 1580 gegen 1 Morgen Waldes (»Fürhölzer«), wovon sie keine Steuer zahlen wollten. Die Streitigkeit wurde durch Verkauf der Güter an das Dorf aus der Welt geschafft.

Als im J. 1584 ein Viertel des Dorfes Hofen von Hans von Auerbach an Württemberg kam, beschwerten sich die Hofener alsbald: die Markgräfischen hätten viele der besten Güter, zahlten aber keine Ablösungshilfe. Allerdings seien die Ausmärker unter denen vom Adel seit alters mit jeglicher Kontribution unbeschwert geblieben. Der Vogt von Brackenheim berichtet (1590), er fordere seit 6 Jahren die Steuer, aber es sei bis jetzt kein Heller bezahlt worden. Alle Bitten um Hilfe bei der (württembergischen) Regierung seien erfolglos geblieben.

 

4. Die Marklosung. Wenn ein Markgenosse einem Ausmärker ein Gut verkaufte, so durfte jeder in der Markung Gesessene »in den Kauf stehen« und das Gut binnen Jahr und Tag lösen d. h. an sich bringen, gegen Erlegung des seinerzeit bedingten Kaufgeldes samt »Weinkauf.« Dieses Losungs- d. h. Vorkaufsrecht sollte verhindern, daß Markungsgüter in die Hände von Auswärtigen, zumal Ausländern kämen. Daher mußte jeder Kaufkontrakt sofort der Obrigkeit des betreffenden Orts angemeldet und den Bürgern verkündet werden (Genaueres s. in den verschiedenen Württ. L.O. von 1536 an).

Im J. 1591 wurden die Besigheim benachbarten württembergischen Aemter zu berichten aufgefordert, wie es hinsichtlich der Marklosung etc. gegenüber Baden gehalten werde.

Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, daß man in Bietigheim stets auf der Marklosung, freilich nicht immer mit Erfolg, bestanden und schon 1533 von der Regierung »die sonder Gnad und Freiheit« ausgebracht habe: »So ein Ußmann ein liegend Gut, in Bietigheimer Zwingen und Bännen gelegen, kauft oder verkauft, so soll allezeit ein Gemeinsmann oder ein jeder Inwohner dasselbig Gut und Kaufgeld, wie das mit Hauptsumma, Zielern und Weinkauf erhauft worden, in einem Monat ... an sich bringen und lösen dürfen.«

Klein-Sachsenheim, Hofen und Gemmrigheim gegenüber haben sich die von Besigheim bisher nicht um die Marklosung bekümmert. Sie verkaufen, berichtet der U.Vogt von Lauffen, Gemmrigheimer Güter unter sich, verkünden die Losung nur selten; vor 6 Jahren hat einer einen Morgen Ackers in der oberen Au um 25 fl. erbaust; das wurde in G. vor der Kirchen öffentlich ausgerufen, aber niemand löste den Acker aus. Handelt es sich um zins- oder teilbare Güter, so wird weder um Leihung, noch um Lösung nachgesucht; ebensowenig wird Handlohn und Weglösin (s. Kap. 15) entrichtet.

In Walheim haben Besigheimer (um 1609) die dortigen Lehengüter zum vierten Teil inne. Von einer Marklosung hat man zu badischer Zeit der Enden (dort) nie etwas gewußt. Bei den Gütern, welche seit 1595 von Besigheimern erkauft wurden, hat man, gemäß dem in Württemberg geltenden Recht, die Marklosung zugestanden. Müßte man das aber auch bei allen anderen tun, so müßte die Stadt wieder zum Dorfe werden. Es handelt sich auch meist um Güter, die der Stadt nahe, dem Dorfe fern liegen, also von Besigheim aus, zum Vorteil auch der Herrschaft, besser gebaut werden können.

 

5. Der Markungsumgang. Die Markungsgrenze oder »Untermarkung« war durch Marksteine bezeichnet, welche immer durch die Untergänger der zwei aneinander grenzenden Gemeinden gemeinsam gesetzt bzw. erneuert wurden. Gegen Bietigheim trugen sie den Bietigheimer Turm, gegen Besigheim die 2 Türme; die Walheimer Zehntbezirkssteine trugen oben ein einfaches Kreuz, gegen Löchgau ein Rad, gegen Walheim das zweifache Kreuz des Klosters Denkendorf.

Die Markung sollte (nach Befehl vom 2. Juli 1603, wiederholt z. B. im J. 1735) jährlich umgangen werden durch den Amtm. oder Schultheißen und etliche Aelteste aus der Gemeinde, sonderlich wenn ein Ort an eine fremde Herrschaft anstieß. Auch die jungen Leute sollten mitgehen und die Alten sollten ihnen die Steine fleißig zeigen, damit sie deren genugsam berichtet seien.

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Besigheim. Altstadt (S. 122).

Von einigen Umgängen berichten hiesige und sonstige Akten. So wurde am 15. Nov. 1568 der Forstwald umgangen, wobei mitgingen, soweit Besigheim an den Forst grenzte, die Besigheimer Ober- und Unteramtleute sowie der Untergang von dort. Im ganzen prüfte man 168 Grenzsteine, welche sämtlich für kräftig und gerecht befunden wurden. Beiläufig sei gesagt, daß im J. 1601 auf allen Gütersteinen »so in den Forstwald hineinwärts mit dem badischen Schildlein bezeichnet sind«, das württembergische Hirschhorn angebracht wurde. – An einer Umgehung des Walheimer Zehnts im J. 1566 nahmen teil: Vertreter von Besigheim, Bietigheim, Löchgau, Walheim, Hofen, Erligheim, Kirchheim, der Probst von Denkendorf, ein württembergischer Rentkammerrat; ferner die Maulbronner, Anspacher, Sturmfeder'schen, Lauffener, »Talemischen« und Neippergischen Pfleger. – Eine Umgehung der Besigheimer Markung hat stattgefunden z. B. am 8. Juni 1629 und am 28. und 29. Mai 1688. Bei der letzteren nahmen teil die Magistratspersonen, etliche und 20 junge Bürger, auch die Schulknaben; zum Schluß erhielt alles auf dem Rathaus eine Erfrischung, wobei aufgingen, neben 7 Imi Weins: 7½ Pfd. Käse à 12 kr. und Brot für 22 kr.

Die üppigsten Umgänge leistete man sich im J. 1754 und wieder im J. 1776. Die ausführlichen Beschreibungen sind noch vorhanden. In der Einleitung wird bemerkt, es sei lange Jahre durch kein »solenner« Umgang möglich gewesen, da die Stadt mit ihren Nachbarn ständig in Strittigkeiten und Spänen gelegen sei. – Das Fest dauerte jedesmal 3 Tage. Allmorgendlich zog man aus, die Feldschützen voran, dann folgten die Untergänger samt Feldmesser, der Zinkenist samt Geselle mit dem Waldhorn, der Harnisch samt Tambour, die Schuljugend mit den Schulmeistern, Magistratspersonen, endlich junge und alte Bürger, insbesondere die ledige (Feuer-) Rotte. Bald blies der Zinkenist einen Marsch, bald schlug der Tambour einen Wirbel, bald sang wieder die Schuljugend. Die benachbarten Untergänge wurden je mit einem Salve begrüßt und ebenso entlassen. Das Mittagessen wurde im Freien gehalten. Was hiebei an Speise und Wein aufging, ist bis ins Einzelnste getreulich in den Beilagen zum Unterg. Prot. verzeichnet. Ihnen haben wir es im N.E.B. 1901, Nro. 128–133 nacherzählt. Die Mitglieder des heutigen Untergangs haben mit Bedauern festgestellt, daß heutzutage die Markungsumgänge ziemlich »nüchterner« verlaufen. – Daß auch nichtsolenne Augenscheine in früherer Zett nicht trocken beschlossen wurden, deutet das Unterg.Prot. S. 127b an: »Und sollen beede Parteien mit einander zum scharpffen Eck hineingehen und jeder sein Zech selber zahlen. Actum Sambstag, den 13. Maij Anno 1622.« –

 

6. Wege und Straßen. Wie wir schon wissen, (S. 70) sahen die Besigheimer als die rechte Landstraße für den Güterverkehr im Enztal den Weg auf dem rechten Enzufer an, welchen die von Bietigheim (1700) nur als Postweg gelten ließen (er heißt aber noch 1788 »die alte Landstraße«). Letztere betrachteten als die eigentliche Landstraße den sog. »Zwischenwiesenweg« links der Enz. Dieser sei stets benützt worden zwischen Heilbronn, Bietigheim, Gröningen, Leonberg, Tübingen, Herrenberg, Rottenburg u. s. f. Fuhrleute, welche ins Oberland wollten, nach Ulm, Augsburg etc., seien der Wart zu auf Ingersheim gefahren. – Im J. 1700 ist es noch der alte Streit. Bietigheim war nicht zu bewegen, den Weg rechts der Enz ausbessern zu helfen; Besigheim ließ den Zwischenwiesenweg versumpfen. Es erhielt aber den Befehl, bei Strafe von 40 Thalern (60 fl.) den Weg binnen 6 Wochen in stand zu richten. Wie schlecht er aber noch 50 Jahre später war, beweist eine Notiz im G.P. 1743, wonach man ihn extra herrichten mußte, um ihn für die Königl. Majestät von Böhmen, welche hier passieren wollte, benützbar zu machen. An dem Verfall der Straße, welche fast nicht mehr zu bessern war, trug freilich, wie hervorgehoben wird, die Stadt die meiste Schuld, weil sie, um Märsche und Quartiere abzuwenden, den Weg geflissentlich vernachlässigt hatte. – In den 1760er Jahren wurde endlich mit einer gründlichen Instandsetzung Ernst gemacht. Es war nämlich dem Amt Besigheim samt dem Marbacher Amt auferlegt worden, zur Erhaltung der Straße zwischen Bietigheim und Ludwigsburg beizutragen. Von Bietigheim aus sollte dann die Landstraße über Löchgau nach Bönnigheim geführt werden. Letztere Stadt arbeitete mit aller Macht daran, daß es soweit komme. Um dem zu begegnen, beschloß der Magistrat hier, der Regierung 3000 fl. Beisteuer anzubieten, falls die Landstraße hieher gerichtet würde. Serenissimus äußerte sich zustimmend und fand sich in eigener hoher Person am Donnerstag den 26. Jan. 1764 an Ort und Stelle ein, um die Dinge in Augenschein zu nehmen. Auf herzoglichen Befehl hielten dann im folgenden Jahre die vier Aemter Brackenheim, Kirchheim, Lauffen, Bietigheim mit Besigheim eine Konferenz ab. Die Aemter kamen überein, zusammen 10 000 fl. aufzubringen, wovon Besigheim 2000 fl. trafen.

Die »Chaussee« war schon Ende 1765 fertig. Von dem Weg zwischen Wiesen ließ man nur den unteren Teil fortbestehen, der obere wurde verkauft. Im Zusammenhang mit diesen Arbeiten wurde auch das nähere Neckartor niedergelegt und über die Enz, statt des bisherigen Stegs, eine steinerne Brücke gebaut (welche im J. 1824 durch Hochwasser zerstört wurde).

Die Unterhaltung der Wege innerhalb der Ortsmarkungen bzw. der Aemter war früher Sache der einzelnen Gemeinden bzw. der Aemter. Im 18. Jahrh. (seit 1710) wurde den Landstraßen seitens des Staats erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Man stellte Straßeninspektoren auf (1732) für das Land, Wegeinspektoren in den Gemeinden, und begann seit der Mitte des Jahrh. die Anlegung von Kunststraßen. So wurde 1752 die Straße von Stuttgart nach Ludwigsburg fertig gestellt. Dabei wurden auch die Aemter mit Geldbeiträgen und Fronen gehörig in Anspruch genommen (vgl. Dr. Pfaff, Geschichte des Straßenbaus etc., in W. J. 1859).

Eine Straße, welche die Stadt bzw. das Amt Besigheim eigentlich nichts anging, mit deren Unterhaltung man sich aber, wohl oder übel, doch beschweren mußte, war die von Ingersheim nach Geisingen. Es gab nämlich bei Geisingen, von dem Siechenhause bis an die Höhe gegen Ingersheim, »etlich böse Lachen und Pfühl«, durch welche die Fuhrleute gezwungen wurden, andere Wege zu nehmen. Besigheim, Walheim und die beiden Ingersheim sahen sich dadurch in ihrer Nahrung geschwächt. Die Orte baten nun den Hans von Stammheim, die Herrschaft in Geisingen dahin zu vermögen, daß sie bzw. die Gemeinde Geisingen den Weg bessere. Es wurde nun verglichen (1566): die Geisinger Gemeinde will solche böse Lachen und Pfühl »vom Siechenhause bis heruff uf den Hohlweg und am anderen Ende bis uff die Ebene« 15 Jahre lang auf ihre Kosten erhalten. Die obgemeldeten Orte geben dafür 21 fl. Der im J. 1548 errichtete Vertrag, wonach die Gastgebwirte der 4 Orte denen von Geisingen 13 fl. gaben, damit letztere die Straße im Bau erhielten 15 Jahre lang, soll tot und ab sein. –

»Die Geisinger Lache« hatte von da an ihre ständige Rubrik in dem »Amtsschaden«, da Geisingen nun einmal zu keinem Opfer zu bewegen war. Im J. 1715 aber wurde, nachdem man lange prozessiert, der Vogt von Bietigheim beauftragt, einen Augenschein zu nehmen. Auf Grund davon wurde verfügt, es solle jeder Ort seine Straßen versehen, soweit seine Markung reiche: also Geisingen seine Lachen, Cannstatt und Markgröningen aber die Straße beim Schafhof und Lerchenholz.

Geisingen und die übrigen Stammheim'schen bzw. Schertlin'schen Lehenflecken hatten immer behauptet, wer den Wegzoll genieße, solle auch die Straße erhalten. Ihre Gegner: die Straße von Geisingen nach Heutingsheim ist nötig, weil, wann das Wasser im Enztal groß, man dann auf dieser Straße von Bietigheim nach Besigheim kommen kann. Die Geisinger Straße ist jederzeit die Hauptverbindung zwischen Stuttgart, Cannstatt, Besigheim und Heilbronn gewesen.

Der Aufwand der Stadt für Wege und Stege war im Durchschnitt recht beträchtlich. In den Jahren 1718–27 z. B. wurden, mit Einschluß der zu Geld gerechneten Fronen, zus. 1176 fl. 19½ kr. verausgabt.

Ueber die Verkehrsverhältnisse der älteren Zeit gibt uns einigen Aufschluß eine im J. 1589 aus den B.M.R. von 1479 an erhobene Aufstellung über das jährlich gefallene Weg- (und Güterzoll-)Geld. Es werden hier durchgeführt: Häute, Schafe, Schweine, Heringe, Stockfische, Zimmer- und Bauholz, Stippiche, Blei, Eisen, Frucht (letztere selten). Die Häute kommen von Lauingen, Eßlingen, Cannstatt, Hall, Pforzheim und gehen z. B. nach Horb; Schweine kommen meist von Heilbronn her, auch von Bretten und Pforzheim. – Im J. 1522 sind häufige Artikel: Salz, Sand, Kupfer, Tuch, Eisen, Blei, Häute, Schweine. Heringe und Stockfische werden oft Jahre hindurch nicht erwähnt, dann kommen auf einmal wieder viele Ladungen durch. Der Ursprungs- wie der Bestimmungsort ist übrigens meist nicht angegeben. In den 1570er Jahren werden »Frankfurter Güterwägen« häufiger genannt, besonders nach der Frankfurter Herbstmesse (z. B. 1574). Auch von Augsburg nach Heilbronn werden viele »Centnergüter« durchgeführt (besonders 1583).

 

7. Brunnen und Brücken. Die Brunnen innerhalb der Stadt waren meist Galg- oder Galt- d. h. Ziehbrunnen (von dem über dem Brunnenschacht errichteten »Galgen«, zwei aufrechtstehenden Pfosten mit einem Querholz zum Befestigen der Rolle); der ursprünglich einzige Röhrenbrunnen war der auf dem Markt. Im J. 1687 sind Röhrenbrunnen in der Stadt. Das Instandhalten der Brunnen und vollends das der Brunnenleitung war immer sehr kostspielig. Namentlich während des 30-jährigen Kriegs war das Brunnenwerk sehr ruiniert worden. Im J. 1658 wurde ein Radwerk erstellt, durch welches aus der Enz Wasser (zur Tränkung des Viehs) in die Stadt, 204 Schuh hoch, heraufgeschafft wurde; 7 Röhren wurden davon gespeist. Das Werk wurde von einem hiesigen Bürger namens Hertle ausgeführt, welcher das Modell vorher dem Herzog (als er in Sachsenheim weilte) vorzeigte. Das Modell fand den vollen Beifall Serenissimi; leider aber bewährte sich das Unternehmen nicht besonders. Wenigstens war die Bürgerschaft höchst unzufrieden und meinte, die darauf verwendeten vielen Hunderte von Gulden seien »in den Brunnen geworfen«. In den Jahren 1680 ff. wird wieder viel Geld für das »Bronnenwesen« aufgewandt. Es ist ganz im Verfall; mehrere große Brunnenstuben sind eingefallen; 1800 Teuchel à 20 kr., 2000 Brunnenkacheln à 10 kr., 15 messingene Hahnen a 3 fl., zusammen 978 fl. sind erforderlich. Die vornehmste Quelle ist eine Stunde weit weg, im Neckarhäldenwald; bis zum Häslachbrunnen ist es ¾ Stunden. Wenige Jahre darauf wurde das mit so viel Mühe und Kosten durchgeführte Werk durch die Franzosen wieder gründlich und planmäßig zerstört. Im Jahre 1897 – um das hier anzufügen – ist eine städtische Hochdruckwasserleitung eingerichtet worden, die, erst hart bekämpft, bald allgemein als Wohltat empfunden wurde.

An sonstigen Brunnen und Quellen auf der Markung werden genannt: Der Linnbrunnen, das Hagenbrönnle, ein Teufelsbronnen in der Nähe der Deutelstahlklinge, der Lärbronnen, der Breitbronnen bei der Hardt, der Märzenbronnen (wahrscheinlich am Häslachrain), der Gänsbronnen unter den Niedernbergen u. s. f.

Die Brücken sind meist schon oben genannt. Es sei erinnert an die obere Enzbrücke, an die über den Arm des Neckars, an den hangenden Steg, den man bei Feindesnähe abzubrechen pflegte. Unter der Bernhälde standen bis ins 18. Jahrh. zwei steinerne Brückchen, zwischen denen die Markungsgrenze dem Brachberg zu lief.

Eben dort soll aber in noch älterer Zeit eine größere Brücke gestanden haben; wenigstens wissen die Biet. A. folgendes zu erzählen: links der Enz, zwischen Brachberg und Hirschrain, hat einst ein Flecken gestanden, (Ober- und Unter-) Hegenau geheißen. Durch diesen ging die Niederländische Straße; sie überschritt sodann die Enz auf einer hölzernen Brücke mit hölzernem Joch, Bruckbalken und Dielen, und lief die Hermannsklinge hinauf und am Forstwald hinum, Eglosheim zu. Von der hölzernen Brücke sahen die Alten noch lange die Joche im Wasser; Stadtschreiber Hornmold (um 1525) blieb beim Fischen oft mit dem Spraitgarn an den im Wasser verborgenen Stotzen hängen. – Der »hangende Steg« wurde bei Feindesgefahr abgebrochen. Inschrift in der Nähe des früheren hangenden Stegs Neckar- und Enzbote 1900.

Ueber den Neckar ging eine Fähre, einige Schritte unterhalb der jetzigen Holzbrücke. – Das Steinbachbrückle erwähnen wir weniger um seiner selbst als um der daneben stehenden alten Linde willen. Diese ist im J. 1686 gesetzt von Hans Melchior Hofmann, Bürger und Bäcker hier (St.G.B.).

 

8. Der Husarenhof. Außerhalb Etters befanden sich früher keine Wohngebäude mit Ausnahme des (»Werkhauses« an der Stelle der späteren »Sonne«, des Schießhauses, Schafhauses und des) Husarenhofs. Der Name ist uns übrigens vor dem Ende des 18. Jahrh. nie begegnet; es ist immer nur vom »Hof« oder vom »Landauer'schen Hof« die Rede. Das Wachstum des Hofs aus kleinem Anfang bis zu heute noch bescheidenem Umfang können wir in den L.B. (1628), in den G.P. und in den Pfarrberichten verfolgen. Nach Pf.B. 1747 steht ein Bauernhof auf der Höhe, anfangs von 2, jetzt von 3 Haushaltungen bewohnt; 1792 sind es immer noch 3, 1794: 6 Haushaltungen. Namen von Bauern sind: 1738 Grimm und Konr. Mack, 1746 Christ. Dais, 1749 Sonnenwirt Landauer, 1750 Jak. Konr. Gleich, Jos. Pfizenmaier, 1767 David Möhle.

Ueber den Konr. Mack wird 1742 geklagt, er ruiniere den Stadtwald mit Hauung Holzes, treibe sein Vieh beständig, besonders nächtlicher Weile, dorthin; er gebe weder auf Gebott noch Verbott etwas, erscheine auf Vorbieten nicht, wohne überhaupt der Stadt und der Herrschaft zu großem Schaden daselbst. Im J. 1749 protestierte die Stadt gegen ein »vorhabendes« Bauwesen Landauers. Das Forstamt Leonberg hat auf Anregen der Stadt Schritte getan, »daß diese schädlichen Domizilien dort auf dem freien Feld demoliert und die Inwohner zu einem ordentlichen bürgerlichen Haushalt in der Stadt angewiesen werden.« Landauer soll auch die Errichtung einer Wirschaft planen, wodurch Metzger und Becken in loco (am Ort) gänzlich ruiniert würden. Ferner möchte große Unordnung tags und nachts entstehen, da dorthin kein Umgang und keine Scharwacht kommt. Der Wald wird wahrscheinlich, der Weidgang sicher beeinträchtigt durch Kulturveränderungen, Errichtung von Landzäunen und Gräben; auch die Nebenlieger leiden durch die Veränderung der Zelg, die Stadtäcker durch die Hof-Hühner und -Gänse Schaden. Die Hofleute geben auf das Gesetz nichts, begehen allerhand Exzesse, offen und heimlich. Man bittet, sämtliche Bewohner vom freien Feld in die Stadt zu weisen.

Soweit kam es nun freilich nicht. Aber eine gewisse Spannung zwischen Stadt und Hof bestand noch lange, und die Stadt bezeugte auch 100 Jahre später noch wenig Lust, zu Gunsten des Hofs kostspielige Opfer zu bringen. So wird letzterer z. B. 1847 mit seinem Gesuch um Herstellung eines Brunnens auf Gemeindekosten abgewiesen.


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