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Bild: Gustav Wolf

Auf dem Montserrat bei Barcelona

 

 

Montserrat. Zwischen Lorbeerhecken, unter einer alten, grotesk verknorrten Olive. Ein gigantischer Bergstock mit unerhörten exzentrischen Felsbildungen, Massiven und Wänden, jähen Abstürzen, phantastischen Auswaschungen und abenteuerlichen Formationen. Der steinerne Komplex der Klosterbauten, die Weite des tiefliegenden Landes, alles liegt in praller Sonnenglut. Ein Getürm grotesker Massen ohne feinere Differenzierungen. Das wirkt beinahe geschmacklos wie in Barcelona die Grotta Magica. Das Groteske erscheint mir immer mehr als ein niederer Zustand, als Ausschweifung. Als etwas, das sich nicht vermöge ihm innewohnender Kraft auszudrücken vermag und zu tollen Übertreibungen greifen muß. Es ist, als ob hier ein teuflischer Zug der Natur durchgebrochen wäre. Das Gigantische, Monströse, die plump massige Körperlichkeit wirkt diabolisch. Und hier ist der Ursprung jenes »bodenständigen« neo-katalanischen Stiles, der monströsen Ungeheuerlichkeiten und der trivialen Willkür der Architekten von Barcelona. In dieser Umgebung steht der Festungsbau des Klosters, steht Kult, Mirakel und Monstranz.

Daran, wie anders diese Dinge heute auf mich einwirken, sehe ich, wie sehr ich mich gewandelt habe. (Auch das Meer hatte nicht mehr kosmisches Ausschweifen in mir ausgelöst, es war reinigend, befreiend und lösend, ohne ins Uferlose zu verleiten.)

In der Kirche, über dunkeln Räumen und Massen, über strotzendem Schmuckwerk in Goldgeflimmer, hoch über dem Altare, steht in der Tiefe des Raumes eine schwarze Madonna in weißem, goldbesticktem Ornate, unter schwerer goldener Krone. Frauen und Kinder ziehen am Bilde vorüber, küssen und küssen es wieder inbrünstig, unschuldige Kindergesichter, zünden Kerzen an. Viele junge Paare sind da, die von der wundertätigen Madonna den Segen erbitten für ihre Ehe. Alle tragen Embleme und Zeichen.

Bild: Gustav Wolf

In einer Kirche in Valencia

 

 

Da ich wieder heraustrete, liegt die Landschaft im Abendlicht. Groteske, Spuk und Dämonie sind verschwunden. Gewaltig, erschütternd und sagenhaft liegt der Gebirgsstock da, wie eine ungeheure Burg, wunderbar im verglühenden Lichte.

Spätnachts auf der Terrasse des Hotels. Große Autos keuchen herauf und speien Menschen aus, Menschenfleisch.

 

Barcelona, die Riesenstadt, ist versunken im Gedächtnis, hinabgesunken mit Cafés und Kabaretts und donnernden Autos, mit dem Tag und Nacht fortströmenden Leben der Großstadt. Mit Deutschen, die nur das eigene Wesen sehen, und solchen, die die Heimat nicht mehr sehen,

Bild: Gustav Wolf

Segler im Hafen von Alicante, die die Küste herunterfahren

 

 

unter Wirren und Zerfallenem, hinabgesunken mit dem erstochenen jungen Weibe auf der Straße und ihrem letzten gellen Schrei, mit den russischen Tänzerinnen und dem deutschen Athleten und dem gefräßigen Techniker im Hotel, mit allem Lärm. Der Berg ist versunken mit den steinernen Laszivitäten, mit der schwülen mystischen Kirche, den Hochzeitspaaren und Brautmüttern.

Bild: Gustav Wolf

Tafel V Der Felsen von Gibraltar am Abend, vom Meere aus

 

 

Ich sitze im Zuge. In jedem Wagen sind Gendarmen mit Gewehr und Patronentaschen. Links das Meer, rechts kupferrote und graugrüne Berge. Die Menschen sind alle freundlich und liebenswürdig und freudig dem Leben hingegeben. Den ganzen Tag fahre ich durch Ölbaumpflanzungen, durch Orangenhaine. Schöpfräder mit Tonkrügen werden von Maultieren umgetrieben. An Dünen, Klippen, Maisfeldern vorbei, durch endlose Orangenpflanzungen. Hinter den Bahnhöfen liegen die Orangen aufgehäuft wie bei uns die Kohlen. Durch Tarragona und Sagunt. Schöne Frauen.


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