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Sevilla. Saß im Auto, wußte nicht, wie es kam. Saßen drei Mann vorn in Livree. Sitze seht im vornehmen Hotel. Der Teufel hat mich hierher geschleppt. Aber jetzt heißt's Haltung bewahren! Sich nicht verblüffen lassen! –

Der Kutscher schläft auf dem Bock. Der Schuhputzer schläft an der Ecke. Der Polizist schläft stehend, der Portier, der Verkäufer, alle schlafen. Die Hitze liegt wie Blei auf den Menschen und drückt sie zu Boden. Die Häuser glühen. Sevilla die »Bratpfanne«, Stadt des Reichtums, der Feste, der Parks, der Blumen, der Droschken und Fahnenstangen! Eine seltsam reiche, ungeheure Kathedrale. Ein Maurenschloß. Maurenhäuser, Palmengärten, traumhaftes Leben, Reichtum, Üppigkeit und Eleganz. Die Hitze ist mörderisch. Jede Bewegung erstirbt.

Die Bilder der Städte rasen an mir vorbei wie eine Fieberphantasie: Tetuan, Ceuta, Algeciras, Gibraltar. Weiß, geduckt unter schwärzlich ausgeglühtem Himmel, glühende Städte. Exotischer Hauch. Man spürt Mexiko, Havana herüber. Alles zieht wie im Traum vorbei, unfaßlich, unsagbar. Stadt reiht sich an Stadt zur bunten Kette. Weißglühende Häuser, gigantische Kathedralen, brennendes Land, strahlendes Meer, glühender Fels: schwüler Traum unterm Sonnenbrand.

Im Schnellzug durch Andalusien, über wette Getreidefelder, durch Olivenpflanzungen. Am Quadalquivir entlang, über dessen Blau ein kupferner Schimmer liegt, derselbe Schimmer, der auch das Blau des Himmels überzieht. Wette, eingehegte Weideplätze mit Stierherden (für die corridas). Niedere Gehöfte, einsame Gasthäuser.

Die ungeheure Helligkeit des ungebrochenen Lichtes, die verzehrende Glut des Sonnenbrandes und jene sonderbare Welt von Verworfenheit, Entartung des Abhubs von Europa, vermischt mit der stillen Gelassenheit und dem geheimen Glanze, mit der edlen Würde und dem ungebändigten Stolze der Berber, das verjagt alle Begriffe.

Unvermittelt steigen Bilder auf: zaghaft öffnet sich eine schwere Tür, Frauen in bunten Gewändern, Gürteln, Spangen, Schleifen, Tüchern, Kinder mit klaren Gesichtern, dunkle Pracht in stillen Gemächern.

In weitem Saale ein würdiger Mann im weißen Gewande schaut stumm über das Land.

Glühende Städte ducken sich unter unendlichem, unerbittlichem Himmel. Die Erde brennt in Flammen.

Bild: Gustav Wolf

Tafel XIII Die maurische Brücke in Córdoba (mit Calahorra)

 

 

Dunkle, abenteuerliche Gestalten retten auf einsamen Wegen, binden das Pferd an den Pfahl vor der Schenke. Dome in ungeheueren Maßen, in denen die Menschen wie Ameisen herumkriechen, Altarwände ganz von Gold, die sich verlieren in der gewaltigen Höhe der Gewölbe.

Bild: Gustav Wolf

Am Paseo del Gran Capitán zu Córdoba. Über die Straße sind große Tücher gespannt, unter denen der dürftige Verkehr sich bewegt.

 

 

Sultansschlösser, traumhaft graziöse Gewebe, anmutig und von heiterer Üppigkeit.

Und das Herrlichste: das Meer. Ewig jung, unendlich, unfaßbar. Offene Welt!

Vor der Unendlichkeit und dem Glanze der Welt erstirbt jede lächerliche Geschäftigkeit und auch der Wunsch, zu bilden.


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