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8. Dem Teufel verschrieben

Ein armer Tor, der einmal wohlhabend gewesen war, hatte nichts mehr zu leben. In seiner Verzweiflung zog er eines Tages im Walde auf Abenteuer aus. Unvermutet gelangte er an einen großen Palast, aus dem ihm ein sehr feiner Herr entgegenkam. »So traurig, mein Freund? Wo drückt denn der Schuh?«

»Ach, ich Unglücklicher! Ich weiß nicht, wovon ich noch leben soll. Ich möchte mir gern etwas verdienen, aber niemand will mich behalten. Ich habe nie richtig arbeiten gelernt.« – Und nun erzählte er dem Herrn, wie er ins Elend geraten war. –

»Du brauchst also Geld«, sagte der Signore. »Wenn du mit zu mir hereinkommen willst, sollst du es haben. Du sollst wieder im Überfluß leben!« – Doch ehe er das Geld erhielt, mußte der Unglückliche einen Pfandbrief mit seinem Blut unterschreiben und schwören, nach einem Jahre wiederzukommen.

Als er nun das große Vermögen seelenvergnügt mit heimbrachte, rief seine Frau ganz erschrocken: »Um Gotteswillen, Mann, wo hast du das Geld her? Hast du es im Walde einem Reichen abgenommen? Oder hast du als falscher Zeuge einen Meineid geschworen?«

»Gott soll mich bewahren!« antwortete der Tor. »Hör nur, was ich für Glück hatte!«

»Jesus Maria!« rief die Frau entsetzt aus und bekreuzte sich dreimal, als er ihr alles erzählt hatte. »Das Geld kommt vom leibhaftigen Satan! Na, wenigstens ist es nicht falsch. Man kann es gebrauchen. Nur muß man den Schuldschein vertilgen. Ich werde dir beistehen.«

Nach einem Jahre, währenddessen die guten Leute vom Teufelsgelde herrlich und in Freuden gelebt hatten, machte sich der brave Mann aus, sein dem Besitzer des Waldschlosses gegebenes Versprechen zu erfüllen. Seine treue Lebensgefährtin aber, die ihn vergeblich zurückzuhalten suchte, bestand darauf, ihn zu begleiten.

Wie sie nun so selbander auf ihren Eseln im Walde dahintrabten und den Palast schon in der Ferne erblickten, kamen sie an einer alten, halbverfallenen Kapelle vorüber. Da sprach die fromme Seele:

»Gefall' dir's, mein Gatte, vom Esel zu steigen,
der heiligen Jungfrau Verehrung zu zeigen!
Eh' wir dem Schloßherrn persönlich begegnen,
mag uns die Mutter Maria noch segnen!«

So überließen sie die Esel, an Bäume gebunden, ihrer Andacht im Grünen, während sie selbst ehrfurchtsvoll die Kapelle betraten, die heilige Madonna, die vom Altar lächelnd auf sie herniederschaute, um ihren mütterlichen Beistand anzuflehen. –

Als die gute Frau nun, vom Schlaf überwältigt, im Traume noch weiterzubeten schien und der Mann sich leis entfernte, um sein schlimmes Geschäft allein zu erledigen, stieg die mitleidige Mutter Gottes vom niedrigen kleinen Altar herab und gesellte sich schweigend in Gestalt der Schläferin zum langsam dahinreitenden Gatten. Am Palast angelangt, ließ sie den Türklopfer dreimal so kräftig ertönen, daß der Widerhall das Waldecho weckte. Gleichwohl rührte sich niemand; denn der dadrin mochte ahnen, wer so unheimlich dreimal pochte. – »Öffnet« rief die Himmlische gebietend. –

Endlich erschien der Gewaltige und sprach schlotternd zum törichten Manne, der nicht weniger zitterte: »O weh mir Ärmsten! Wen hast du mir da ins Haus gebracht?« – »Gib mir dieses Mannes Verschreibung!« befahl die hohe Frau unerbittlich.

»Ich habe nur die Erfüllung seines Versprechens zu fordern. Er hat es hier mit seinem Blute unterschrieben. Mir gehört seine Seele«, erwiderte der Böse, indem er ihr die Unterschrift hinhielt.

»Erbärmliches Spiel hast du getrieben.
Du hast den Armen schändlich belogen.
Hast ihn mit deinem Gelde betrogen.
Vernichte, was er mit Blut unterschrieben!«

Mit diesen Worten ergriff und zerriß sie das Pergament. Der Teufel aber stampfte fluchend mit dem Fuße, worauf er unter Donnergepolter mit dem ganzen Palaste verschwand.


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