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An meine Mutter

(Eine Übertragung der » Epître à la reine«.
Gedichtet am 27. März 1738)

O Kön'gin, herzlich mir verehrt,
O tapfre Frau, o Mutter wert!
Dein Herz, drin alle Güte wohnt,
Das voller Nachsicht Schwache schont,
Dein hoher Sinn, der unentwegt
Wohltat zu den Bedürft'gen trägt,
Dein Geist, so fest und doch so gut,
Und jener schöne Edelmut,
Der dich verzeihen läßt die Kränkung,
Dein Rechtsgefühl, das lächelnd ruht
In maßvoll edler Machtbeschränkung –
Sind eine Mahnung immerzu:
Sie lehren uns, dir nachzutrachten
Im Tugendgottesglanz wie du.

Sie sind es, die mich aus dem Schweigen,
Zu dem ich selber mich verdammt,
Herausgelockt, mich dir zu neigen,
Die mich zu solchem Lied entflammt.
Der Himmel wolle seine Gnade
Leuchtend in deine Tage streun,
Und dich am Rande deiner Pfade
Mit süßem Blumenglanz erfreun!
So kostbar schön sind deine Tage,
So zart gesponnen dein Gespinst,
Daß ich die Parze bittend frage,
Eh' du aus ihren Händen rinnst:
»O strenge Atropos, zerschneide
Mir meinen Faden, mir entzwei!
Und lege, was ich willig meide,
Den Jahren meiner Mutter bei!«

Friedrich der Große.


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