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An meine Mutter

Ob einst im Traum du dessen wissend warst,
Zu welchem Dasein du dein Kind gebarst?

Hast du mein Leiden damals vorgefühlt
Und jenen Trost der Sterne, der es kühlt?

Hast du der Freuden Übermaß gekannt,
Darin sich immer neu mein Herz verbrannt?

Hast du den Pfad der Einsamkeit gewußt,
Den ich in Kindertagen wallen mußt?

Hast du's geahnt, daß mir das Herz fast bricht
Vor einer Heckenrose Angesicht?

Und daß Begeisterung und Raserei
Mein selig-unglückselig Wesen sei?

Erkenntnis selbst wird mir zur Schöpfungslust
Und stürmt mit Fackelschein durch meine Brust.

Mutter, du schufest mich zum großen Meer,
Nun strömen alle Dinge zu mir her,

Mit Klagen, Fragen, Wundern tausendfalt,
Und alle wollen Namen und Gestalt,

Und keinem kann ich still entgegensehn,
Und muß mit allen werden und vergehn. –

Mutter, du wußtest's – auch dein eigen Blut
Hat nimmerdar geschwiegen und geruht.

Und doch warst du mir willig und bereit –
Hab' Dank! Hab' Dank in alle Ewigkeit!

Erika Rheinsch.


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