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Mütterleins Feldpostpaket

Du forderst viel, o Vaterland!

Gepackt, gesiegelt! Nun geh hin,
Erfreue meinen Herzensjungen!
Wär' ich so jung wie alt ich bin,
Ich wär' der Feldpost nachgesprungen,
Gelaufen wär' ich Tag und Nacht,
Hätt' ihm das Päcklein selbst gebracht.

Denn alles, was ich denk' und tu'
Vom Morgen bis zum Abendsegen,
Eilt meinem Sohn, dem einz'gen, zu;
Der ist mein alles allerwegen,
Und was ich für ihn tu' und sinn',
Das steckt in diesem Päcklein drin.

Die Jacke und die warmen Socken,
Die strickt ich bei des Lämpchens Licht.
Das war des Kindes erst Frohlocken,
Die Augenlust vergesst ich nicht.
Jetzt siegl' ich bei dem hellen Schein
Dem Kriegsmann seine Gabe ein.

Ein Päckchen Tabak und dazu
Ein Tütchen Kaffee fein gemahlen,
O wenn er das erblickt! Im Nu
Wird ihm die Freud' im Auge strahlen –
Gewiß im Geiste sitzt er hier
Am trauten Tische neben mir.

Das Geld, das ich für ihn gespart,
Wird seinen Blick zum Wandschrank wenden,
Wo schon der Vater aufbewahrt,
Was er erschwang mit harten Händen.
Jetzt ist's der Witwe karger Lohn,
Den spart die Liebe für den Sohn.

Und ganz zu unterst, fast versteckt,
Liegt, was die Liebste ihm geschrieben:
Warum? Daß er es erst entdeckt,
Wenn meiner Lieb' der Sieg geblieben,
Daß ich ihm doch am nächsten steh' –
Wenn's anders wär', das tät mir weh!«

So hat das Mütterlein bewegt
Ihr Werk vollbracht im stillen Sehnen.
Ob auch der Mutterstolz sich regt,
Aufs Siegel fallen heiße Tränen,
Und zitternd preßt das Herz die Hand:
Du forderst viel, o Vaterland!

Friedrich Hofmann.


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