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siehe Bildunterschrift

Sir Isaac Newton mit 46 Jahren

Isaak Newton.

Sir Isaak Newton's Leben nebst Darstellung seiner Entdeckungen von Sir David Brewster etc., übersetzt von B. M. Goldberg, mit Anmerkungen von H. W. Brandes (Leipzig 1833). Vergl. den Artikel von Biot in der Biographie Universelle und Fr. Arago's sämmtl. Werke, deutsch von Dr. Handtel (Leipzig 1855) III.


Zu Woolsthorpe, einem Dörfchen in der englischen Grafschaft Lincolnshire, wo die Familie ein kleines Landgut besaß, ward Newton gerade ein Jahr nach dem Tode Galilei's am 25. Dezember 1642 alten Styls geboren. Wie Kepler war auch Newton eine Frühgeburt; auch er kam so schwächlich zur Welt, daß man an seinem Aufkommen zweifelte. Der Vater war schon vor seiner Geburt in einem Alter von 36 Jahren gestorben; mit desto größerer Sorgfalt wachte nun die Wittwe über ihrem zarten Pflegling, der auch überraschend gut gedieh. Als sich Frau Newton drei Jahre nach dem Tode ihres Mannes mit Barnabas Smith, Pfarrer zu North-Witham unweit Woolsthorpe verehlichte, vertraute sie ihr Kind der Obhut ihrer eigenen Mutter. Der Knabe wuchs heran, besuchte die Elementarschulen des Kirchspiels und wurde in seinem zwölften Jahre auf die lateinische Schule des Städtchens Grantham gebracht, wo man ihn zu einem Apotheker, Namens Clark, in Kost und Wohnung gab. Es gibt phantasiereiche Naturen, die wegen der Flüchtigkeit ihres Geistes im Unterricht unaufmerksam und lässig sind: es gibt aber auch denkende Naturen, die, weil sie selbständig sind und Alles verarbeiten wollen, auch als unaufmerksame Schüler erscheinen. Zu letzteren mochte der junge Newton gehören, der in der ersten Zeit immer der Unterste blieb und für den Unterricht wenig empfänglich schien. Ein über ihm sitzender Knabe weckte ihn etwas unsanft aus seiner Träumerei, indem dieser ihm mit der Faust so hart an den Leib stieß, daß der arme Newton mehrere Tage die heftigsten Schmerzen fühlte. Nun entschloß er sich, es koste was es wolle, von seinem niederen Platze sich emporzuarbeiten, und es dauerte auch nicht lange, da war er der erste in seiner Klasse. Bald ward ihm ernste nützliche Thätigkeit zum Bedürfniß, auch in den Erholungsstunden, wo seine Genossen mit Spielen sich unterhielten. Er verschaffte sich allerlei Werkzeuge, als Sägen, Beile, Hammer und dergl., für seine mechanischen Arbeiten, und bald hatte er eine Windmühle, eine Wasseruhr und einen kleinen Wagen verfertigt, der von einer darin sitzenden Person in Bewegung gesetzt werden konnte.

Als nämlich in der Nähe von Grantham eine Windmühle gebaut wurde, lief Isaak, so oft er abkommen konnte, hinaus, um den Arbeiten der Werkleute zuzuschauen, und er hatte sich auch so gut den Bau der Maschinerie gemerkt, daß er ein künstliches Modell anfertigte, welches die allgemeine Bewunderung erregte. Der Apotheker setzte die Miniaturwindmühle auf den First seines Hauses und der Wind brachte sie vollkommen in Bewegung. Nicht zufrieden damit, kam der kleine Werkmeister noch auf die Idee, ob ein solches Werk nicht durch thierische Kraft in Bewegung zu setzen sei. So schloß er eine Maus in seine Mühle ein, die er die »Müllerin« nannte und welche dann durch das Betreten eines Rades die Maschine in Bewegung setzte.

Die Wasseruhr bestand in einem Kasten, den sich Newton von dem Bruder der Frau Clark erbeten hatte; wie eine gewöhnliche Stubenuhr hatte sie ein Zifferblatt, dessen Zeiger durch ein Stück Holz herumgedreht wurde, welches durch die Wirkung tropfenden Wassers stieg oder fiel. Sie stand in seinem Schlafzimmer und er versah sie jeden Morgen mit der nöthigen Wassermenge.

Das mechanische Fuhrwerk war ein Karren mit vier Rädern, der vermittelst einer Handhabe, die eine darin sitzende Person herumdrehte, in Bewegung gesetzt wurde, aber freilich nur auf ebener Erde zum Fahren sich eignete.

Den Mitschülern gab er Anleitung zur Verfertigung von Papierdrachen, und verfuhr dabei sehr genau, um die rechte Form und Proportion zu bestimmen. Auch machte er Laternen von Papier, die ihm zur Winterszeit auf seinem Gange zur Schule leuchten mußten, und bei dunkler Nacht befestigte er zuweilen solche Laternen an den Schweif seines Drachen, um den gemeinen Mann glauben zu machen, daß es Kometen wären.

Zu diesen Liebhabereien kam noch das Zeichnen und Versemachen. Die Wände in Isaaks Zimmer wurden mit Kohlenzeichnungen von Thieren, Menschen, Schiffen und mathematischen Figuren bedeckt, die alle sehr gut gezeichnet waren. Unter dieses oder jenes Portrait kamen dann auch wohl erklärende Verse zu stehen. Für ein Fräulein Storey, das in dem Hause des Herrn Clark wohnte und für welches der junge Newton zärtliche Freundschaft hegte, verfertigte er auch Schränke und kleine Toilettensachen, so daß keine Minute des Tages verging, die nicht durch Thätigkeit ausgefüllt wurde. Ein Werk führte ihn auf ein anderes. So mochte ihn die Unvollkommenheit seiner Wasseruhr auf die genauere Zeiteintheilung führen, wie sie durch die Sonne geregelt wird. In dem Hofraum des Hauses, wo er wohnte, verfolgte er die abwechselnde Bewegung der Sonne an den Wänden und Dächern der Gebäude, und bezeichnete vermittelst eingesteckter Pflöcke die stündlichen und halbstündlichen Punkte.

Newton hatte sein fünfzehntes Jahr erreicht und in den Studien große Fortschritte gemacht, als der Pfarrer Smith (1656) starb und die Wittwe mit ihren drei Kindern wieder nach Woolsthorpe zog. Bei ihrer eingeschränkten Lage erschien es wünschenswerth, daß Isaak die Verwaltung der kleinen Meierei übernahm, und die Mutter berief ihn zu sich. Um ihn an zwei der für den Landmann wichtigsten Geschäfte, das Einkaufen und Verkaufen, zu gewöhnen, schickte sie ihn des Sonnabends nach Grantham auf den Markt, dort Getreide und andere Produkte des Landguts abzusetzen und das für die Familie Nöthige einzukaufen. Zu seinem Beirath ward ihm ein alter treuer Diener mitgegeben. Sie pflegten im Gasthof zum Mohrenkopf einzukehren; aber kaum waren sie von ihren Pferden, als der junge Philosoph seinem Mentor Alles überließ und sich eiligst in sein Dachstübchen begab, wo ihm ein Haufen Bücher des Herrn Clark eine erwünschte Unterhaltung gewährte, bis nach vollbrachtem ökonomischen Geschäfte der alte Diener erschien und zur Rückfahrt antrieb. Zuweilen fuhr dieser auch ganz allein in das Städtchen und Isaak blieb hinter einem Busche liegen, um in einem mathematischen Buche zu studiren, das ihm wichtiger war als alle Kornsäcke seiner Mutter. Als die gute Frau sah, daß ihr Erstgeborner sich schlechterdings nicht zur Landwirthschaft bequemen wollte, und ihr Bruder, der Pfarrer W. Aiscough, auch zum Studiren rieth, ward Isaak wieder nach Grantham geschickt, um sich dort einige Monate lang auf das Trinity-Kollegium zu Cambridge vorzubereiten, welche Universität er, 18 Jahr alt, bezog (1661).

Im Vergleich mit andern Studenten war Newton sehr mangelhaft vorbereitet und seine Kenntnisse waren lückenhaft, aber er hatte – was auf Schulen nicht eben häufig gelehrt wird, beobachten und selbst denken gelernt, die Kraft, auf eigenen Füßen zu stehen, ausgebildet und machte darum außerordentlich rasche Fortschritte. Dr. Barrow, einer der gründlichsten Mathematiker seiner Zeit, erkannte des Jünglings Talent und zog ihn zu sich herauf, während der Schüler sich durch Studium von Saunderson's Logik und Kepler's Optik auf den Unterricht dieses Lehrers vorbereitete, den er bald überflügelte, so daß Barrow in dem Vorwort zu seinen optischen Vorlesungen, die er 1669 herausgab, bereits seinem Kollegen Herrn Isaak Newton dafür dankt, daß derselbe die Handschrift durchgesehen, manches Versehen berichtigt und wichtige Beiträge geliefert habe. Die Sätze des Euklid schienen dem mathematischen Genie Newton's so klar, daß er es nicht für nöthig hielt, die Elementargeometrie besonders zu studiren, und mit seinem ausdauernden Fleiß ward er Herr der Geometrie des Descartes (Cartesius). Später äußerte aber Newton sein Bedauern darüber, daß er sich über die cartesischen Werke und andere algebraische Schriften hergemacht, bevor er noch die Elemente des Euklid mit jener Aufmerksamkeit studirt hatte, welche ein so herrlicher Schriftsteller verdient.

In den Büchern der Universität ist verzeichnet, daß Newton 1661 als Sub-sizer ausgenommen wurde; im Jahre 1664 ward er Student, bekam 1665 den Grad eines Baccalaureus und 1667 als Magister. Im Jahr 1669 entsagte Dr. Barrow, um sich ganz der Theologie widmen zu können, der Professur der Mathematik zu Gunsten Newton's, der nun die glänzende Bahn der Entdeckungen und Forschungen betrat, die seinen Namen unsterblich gemacht haben.

Seine drei Hauptentdeckungen von der Methode der Fluxionen (fließenden Größen), von der Spaltung des Lichts und vom Weltgesetz der Schwere hatte Newton schon vor seinem 24. Jahre gemacht, wenn er auch die Resultate erst nach und nach zur Oeffentlichkeit brachte.

Als die Pest im Jahre 1666 Newton gezwungen hatte, Cambridge zu verlassen, saß er eines Tages nachdenkend im elterlichen Garten zu Woolsthorpe, und – wie man sagt – da brachte ein herabfallender Apfel ihn zu der Frage, ob diese Kraft, die alle Körper nach dem Mittelpunkte der Erde treibt, nicht dieselbe sei, welche den Mond in seiner Bahn um die Erde erhalte? Da die Schwere in den tiefsten Schachten der Erde ebenso wirksam ist, wie auf den höchsten Bergen – so fragte sich der Naturforscher –, warum sollte sie nicht auch sich weiter erstrecken auf die anderen Planeten, und die Sonne auch auf diese nicht in ähnlicher Weise wirken, wie die Erde auf den Mond? Newton verfolgte diese Idee mit Beziehung auf das dritte Kepler'sche Gesetz Vergl. den II. Th. S. 9., und fand richtig, daß die Anziehungskraft der Sonne im umgekehrten Verhältniß des Quadrats der Entfernung wirke. Als er aber die nämliche Voraussetzung auch auf den Mond anwandte, wollte die Rechnung nicht stimmen, weil die zu Grunde gelegte Größe des Erdhalbmessers noch nicht genau festgestellt war; als ein Jahrzehend später durch die von Picard ausgeführte Messung eines Meridiangrades der Irrthum berichtigt werden konnte, nahm Newton alsdann seine Rechnung wieder vor, und er hatte nun das Vergnügen, daß auch für die Mondbewegung dasselbe Gesetz sich herausstellte. Nun lag das ganze materielle Universum offen vor seinem Blick; die Sonne mit ihren Planeten, die Planeten mit ihren Trabanten, die Kometen, welche in excentrischen Bahnen rollen, und die Systeme der Fixsterne, die sich in unabsehbare Weiten des Raumes erstrecken: – Alles bewegte sich nach dem einen einfachen Grundgesetz, nach welchem der Apfel vom Baume zur Erde fällt.

In demselben Jahre beschäftigte sich Newton mit dem Schleifen von optischen Gläsern, die nicht sphärisch wären, um zu versuchen, ob dem Fehler der Linsen in den gebräuchlichen Fernröhren (Farbenzerstreuung und dadurch hervorgerufene Verdunkelung des Bildes) nicht abzuhelfen sei. Dieß führte ihn auf nähere Untersuchung der Brechung des Lichtes überhaupt. Es hatten bereits die größten Forscher die ganze Kraft ihres Geistes auf die Lehre vom Licht und von der Verbesserung des dioptrischen Fernrohrs gerichtet. James Gregory von Aberdeen hatte sein Spiegelteleskop erfunden; Descartes hatte die Theorie des gewöhnlichen Teleskops erläutert und Mittel zu seiner Vervollkommnung angegeben und Huygens nicht bloß die herrlichen Instrumente zu Stande gebracht, vermittelst deren er den Ring und die Trabanten des Saturn entdeckte, sondern auch angefangen, über die Natur des Lichtes und über die Phänomene der doppelten Strahlenbrechung die erfolgreichsten Untersuchungen anzustellen. Es bedurfte nur noch eines Talentes, wie das Newton's, um den entscheidenden Schritt nach vorwärts zu thun. Er nahm ein Glasprisma, und ließ in ein ganz verdunkeltes Zimmer durch eine kleine runde Oeffnung eine genügende Menge Sonnenlicht darauf fallen. Das auf der weißen Wand aufgefangene »Farbenspektrum« zeigte die bekannten sieben Regenbogenfarben, aber erschien nicht mehr kreisförmig, sondern wohl fünfmal so lang als breit. Sollte die Ungleichheit im Glase die Ursache sein? Newton nahm ein zweites Prisma und hielt es so an das erste, daß das Licht durch beide gehend in entgegengesetzten Richtungen gebrochen wurde. Nun war der lichte weiße Kreis wieder da, als ob das Licht ohne Weiteres aus dem kleinen Loch auf die weiße Wand gefallen wäre. Endlich nahm er ein Bret, in das ein kleines Loch gebohrt war, und stellte es dem Prisma so nahe, daß er jede einzelne Farbe nach Belieben hindurchlassen oder zurückhalten konnte; diese ließ er dann abermals durch ein Prisma und erfuhr so, daß die rothen Strahlen durch das zweite Prisma weniger gebrochen wurden als die orangenfarbenen, diese weniger als die gelben u. s. f., so daß die violetten als solche erschienen, die mehr als alle übrigen gebrochen wurden. Daraus ergab sich dann mit Gewißheit, daß das Licht nicht gleichartig gemischt sei, sondern aus Strahlen bestehe, von denen einige mehr brechbar sind als die anderen.

Mit dieser glänzenden Entdeckung in der Lehre vom Licht eröffnete Newton seine mathematischen Vorlesungen (1669); nicht lange darauf zog er durch eine Arbeit über bessere Einrichtung der Teleskope die Aufmerksamkeit der königlichen Sozietät der Wissenschaften zu London auf sich, welcher er auch ein solches von ihm selbst verfertigtes Teleskop mit einem Metallspiegel überreichte; 1672 wurde er zu ihrem Mitgliede ernannt und legte ihr nun einen Theil seiner Analyse des Lichtes vor. Ein Mitglied der Sozietät, Dr. Harke, unterwarf die Lehre Newton's einer scharfen Kritik, indem er von der Annahme eines alle Körper durchdringenden Aethers ausging, durch dessen wellenförmige Bewegungen (Undulationen), wenn sie die Netzhaut des Auges treffen, die Phänomene des Sehens hervorgerufen werden. Newton dagegen lehrte, daß Theilchen von unbeschreiblicher Feinheit und mit fast undenklicher Schnelligkeit von dem leuchtenden Körper fortgestoßen würden, und daß diese Theilchen, wenn sie in's Auge dringen, die Empfindung des Lichtes hervorbringen. Diese Theorie des Ausflusses oder der Emission fand auch in dem berühmten holländischen Mathematiker und Naturforscher Huygens, der sich zur Undulationstheorie bekannte, einen starken Gegner; aber Newton, der Vortheile und Nachtheile beider Ansichten genau abgewogen hatte, hielt an seiner Theorie unerschütterlich fest, die auch den Angriffen Eulers widerstand, bis sie in neuerer Zeit einen bedrohlichen Stoß durch Thomas Young erhielt.

Zur Erläuterung der Differenz in den Ansichten der großen Forscher hier nur Folgendes. Es hat wohl schon Mancher die glänzenden Farben beobachtet, in denen die Seifenblasen schimmern, die von spielenden Knaben durch eine kleine Thonpfeife gebildet werden. Diese Farben zeigen sich immer, wenn ein durchsichtiger Körper die gehörige Dünne erlangt. So glänzt ein Tropfen Oel, den man auf das Wasser fallen und dort sich in eine höchst dünne Schicht zertheilen läßt, in schönen Regenbogenfarben. Man kann diese Irideszenz am besten beobachten, wenn man in das Wasser zuvor etwas Potasche oder Soda gethan und darin zur Auflösung gebracht hat. Newton vermochte mit tiefem Scharfsinn aus dem Farbenspiel auf die Dicke der Seifenblase zu schließen und wies nach, daß einer gewissen Farbe auch stets eine gewisse Dicke der glänzenden Schicht entspreche. Er gelangte zu diesem Ergebniß auf folgendem Wege. Er nahm eine convexe Glasröhre von sehr schwacher Krümmung und legte eine kleine Platte glatten Glases darauf. In der Mitte, wo das Glas die Linse berührte, zeigte sich ein dunkler Punkt, rings um denselben erblickte man aber eine Reihe gefärbter Ringe. Die verschiedene Färbung dieser Ringe rührte offenbar von der verschiedenen Dicke der Luftschichten her, die sich zwischen der Linse und der auf ihr ruhenden Platte befanden. Indem nun Newton die Entfernungen dieser Ringe vom Mittelpunkte maß und den Halbmesser seiner Linse kannte, vermochte er durch einfache Berechnung die genaue Dicke der jeder einzelnen Farbe entsprechenden Luftschicht zu bestimmen und war somit im Stande, durch Anwendung dieser Berechnungen auf die Seifenblase die Dicke ihrer Wand zu bestimmen.

Da das Sonnenlicht aus verschiedenen Farben zusammengesetzt ist, suchte Newton das Experiment zu vereinfachen, indem er von dem Licht einer einzelnen Farbe Gebrauch machte. Nun erschienen die Ringe einfach hell und dunkel; rings um das Centrum zog sich ein heller Ring, dann folgte ein dunkler, hernach ein zweiter heller u. s. f. und es ward die Thatsache offenbar, daß zur Hervorbringung des zweiten dunkeln Ringes eine genau zweimal so dicke Luftschicht als die, welche den ersten dunkeln Ring erzeugte, zur Hervorbringung des dritten dunkeln Ringes eine dreimal so dicke Luftschicht erforderlich sei u. s. f. – Daß also die Dicke der den Ringen entsprechenden Luftschicht in arithmetischer Progression wachse. Newton entdeckte ferner, daß die Ringe violetten Lichtes kleiner seien als die vom rothen Licht, während die Zwischenfarben Ringe von Zwischendurchmessern erzeugten. Wenn man aber zusammengesetztes Licht in Anwendung bringt, erscheinen alsbald auch die Reihenfolgen von Farben.

Wie kommt es nun aber, daß die für rothes Licht erforderliche Entfernung größer ist als die für violettes Licht erforderliche? Dieß vermochte Newton's Theorie nicht zu erklären und das Phänomen ward erst klar in Thomas Youngs Lehre von den Aetherschwingungen, deren Wellen von verschiedener Breite und Geschwindigkeit auch auf der Netzhaut das Bild verschiedener Farben erzeugen. Newton meinte, das Licht bestehe aus materiellen Theilchen, die von dem Lichtkörper fortgestoßen würden, die von der Oberfläche des einen Körpers abprallten oder zum Theil oder ganz festgehalten würden. Er wandte auf die Lichttheilchen die mechanischen Gesetze der Wurfgeschosse an. Warum prallen aber diese kleinen Lichtprojektile nicht von einer Fläche weißen Papiers ab, wenn zwei Sonnenstrahlen an einem bestimmten Punkte sich kreuzen? Zur Erklärung des berühmten schon im Jahre 1665 von dem Jesuiten Grimaldi gemachten Experimentes sah sich Newton ganz außer Stande. Grimaldi ließ Sonnenstrahlen durch zwei nahe bei einander angebrachte Oeffnungen in einen dunkeln Raum eindringen und richtete seinen Versuch so ein, daß die hellen Punkte, welche von den Sonnenstrahlen auf einem Schranke sich bildeten, einander überdeckten. Da, wo diese Ueberdeckung stattfand, bemerkte er immer einen dunkeln Punkt, der alsbald verschwand, wenn einer der beiden Strahlen unterbrochen ward. Solchergestalt war die erstaunliche Thatsache festgestellt, daß unter Umständen Licht zu Licht gebracht, Dunkelheit erzeugen könne. Grimaldi bemerkte auch gefärbte Fransen rund um die Ränder der von dünnen Körpern geworfenen Schatten, und auch rund um die Ränder der von dünnen Sonnenstrahlen in einem dunkeln Zimmer hervorgebrachten Lichtstellen. Aus diesen Versuchen schloß er, das Licht könnte wohl durch Undulationen hervorgebracht werden – aber seine Versuche wurden von den Physikern außer Acht gelassen und erst fast anderthalb Jahrhunderte später wurden diese und ähnliche Erscheinungen, die Ringe Newton's eingeschlossen, durch die von Thomas Young ausgestellte Lehre von der Interferenz der Lichtstrahlen mit Erfolg zur Klarheit gebracht. Young zeigte, daß, wie zwei Wellen im Wasser sich kreuzend sich aufheben, wie in gleicher Weise auch Schallstrahlen sich gegenseitig heben oder theilweis und ganz vernichten können: so auch Lichtwellen sich in ihrem Nacheinander oder Ineinander und Kreuzen verschieden modifiziren; daß zwei Strahlen, die sich kreuzen, sich nicht immer an dem Punkte ihres Zusammentreffens vernichten, sondern sich schwächen oder verstärken je nach den Unterschieden der von den Strahlen durchlaufenen Wege. Da die Wellen violetten Lichtes kürzer sind als diejenigen des rothen, so ist im ersteren Falle eine geringere Dicke der Luftschicht zur Hervorbringung des Wegeunterschiedes erforderlich als in letzterem Falle; deßhalb wird bei einer geringern Entfernung vom Kern der Linse die eigentliche Dicke erreicht. Darum sind auch die violetten Ringe kleiner als die rothen. Ist die Dicke der Schicht von der Art, daß die zwei von ihrer oberen und unteren Fläche reflektirten Strahlen in ihren Wegen um eine halbe Wellenbreite abweichen, so gerathen (wie beim Schalle) die beiden Wellensysteme in Disharmonie, ein Strahl zerstört den anderen, und so erscheinen denn, wie wir von dem Kern der Linse aus auf Dicken stoßen, die abwechslungsweis gleich sind einer ungeraden und geraden Zahl von Halbwellen, auf hellere und dunklere Ringe.

Daß Young's Entdeckungen an den Untersuchungen Newton's, einen bedeutenden Anknüpfungspunkt fanden, geht schon aus den vorstehenden kurzen Andeutungen hervor. Die Wissenschaft ist ein großes Werk, an welchem die Tausende großer und kleiner Forscher gemeinsam arbeiten.

Gelehrte Streitigkeiten waren nicht des großen Newton Sache; sie beengten sein Gemüth und verstimmten ihn. Mitunter hatte er große Mühe seiner Aufwallungen Herr zu werden. Doch ließ er sich keineswegs von seiner Bahn ablenken und schon im Jahr 1687 trat sein großes Werk: » Philosophiae naturalis principia mathematica« (die mathematischen Grundsätze der Philosophie der Natur) an's Licht, worin er eine solche Fülle der erhabensten und tiefsten Gedanken niedergelegt hatte, daß nur Wenige seiner Zeitgenossen im Stande waren, es ganz zu verstehen und zu würdigen.

Die mathematischen Grundsätze des Newton'schen Systems fanden bald auf den meisten englischen Hochschulen Eingang, und die neuen Lehrsätze der Physik wurden eifrig studirt und dem Publikum durch verschiedene Vorlesungen zugänglich gemacht. Der berühmte Locke, welcher aus Mangel an mathematischen Kenntnissen die Principia zu verstehen nicht fähig war, fragte Huygens, ob alle in diesem Werke enthaltenen mathematischen Sätze richtig wären. Als ihm versichert worden, daß er sich auf die Richtigkeit derselben verlassen könne, nahm er sie als ausgemacht an und prüfte sorgfältig die aus ihnen hervorgehenden Schlüsse.

Unterdessen sollte das Leben des gelehrten Physikers auch politische Bedeutung erhalten. Der König Jakob II. wollte die vormalige Oberherrlichkeit des katholischen Glaubens wieder herstellen und fing an, die Rechte und wohlerworbenen Privilegien seiner protestantischen Unterthanen anzugreifen. Zu seinen widerrechtlichen Handlungen gehörte auch die, daß er an der Universität zu Cambridge einen Befehl ergehen ließ, den Pater Franziskus, einen unwissenden Mönch des Benediktinerordens, zum Grade eines Magisters zu erheben und dabei ihm den herkömmlichen Eid zu erlassen. Die Universität protestirte und Newton trug durch seine Festigkeit nicht wenig dazu bei, daß der König seinen Befehl zurücknehmen mußte. Bald darauf ward Newton zum Parlamentsmitglied für die Universität Cambridge erwählt und stimmte in gleich liberaler Weise für die Bill, welche die Thronerledigung proklamirte. Sein Freund, Karl Montague, nachheriger Graf von Halifax, zeigte in dieser Parlamentsversammlung solche Rednertalente und Sachkenntnisse, daß er zum Kommissionär des Schatzes und Geheimen Rath ernannt und 1694 zum Kanzler des Finanzkollegiums befördert wurde. Als solcher ging er damit um, die gangbare sehr verfälschte Münze umzuprägen und sie in ihrem eigenthümlichen Werth wieder herzustellen. Trotz allem Widerstand, den diese Reform hervorrief, führte er sie doch durch, und die Männer, welche er dabei zu Rathe zog, waren Newton, Locke und Halley, und da der bisherige Aufseher der Münze beim Zollamt angestellt wurde, ergriff der Minister die Gelegenheit, seinem Freunde und Lande zugleich zu dienen, indem er Newton zu dem wichtigen Posten empfahl (1696). Der König genehmigte die Anstellung, und Newton gab nun seinen mathematischen und chemischen Kenntnissen eine durchaus praktische Richtung. Im Jahr 1699 wurde er zum Münzmeister befördert und genoß als solcher eines sehr bedeutenden Einkommens. Er bewies sich aber auch in seiner neuen Stellung höchst thätig und treu. Zugleich begann sein wissenschaftlicher Ruf immer mehr sich auszubreiten und er ward von allen Seiten mit Ehrenbezeigungen überhäuft. Die pariser Akademie ernannte ihn zu ihrem auswärtigen Mitgliede; die Universität Cambridge wählte ihn (1701) zum zweiten Mal zu ihrem Parlamentsdeputirten; zwei Jahre darauf ward er Präsident der londoner Sozietät und 1705 erhob ihn die Königin Anna zum Ritter.

Als Georg I. im Jahr 1714 auf den großbritannischen Thron gelangte, wurde Sir Isaak Newton der Gegenstand des Interesses am Hofe. Seine hohe Stellung in der Verwaltung, sein glänzender Ruhm, sein fleckenloser Charakter – und vor Allem seine ungeheuchelte Frömmigkeit zogen die Aufmerksamkeit der Prinzessin von Wales (nachherigen Königin und Gemahlin Georgs II.) auf ihn. Diese Dame, die einen hochgebildeten Geist besaß, fand das größte Vergnügen in der Unterhaltung mit Newton und in der Korrespondenz mit seinem großen deutschen Nebenbuhler Leibnitz. Sie äußerte sich oft, daß sie sich glücklich fühle, in einer Zeit zu leben, wo sie der Unterhaltung eines so großen Genies zu genießen fähig wäre. Leibnitz aber griff in seiner Korrespondenz mit der Prinzessin die Newton'schen Lehren an vielen Punkten an, und als der König von diesen Angriffen hörte, sprach er den Wunsch aus, daß Sir Isaak Newton eine Widerlegung entwerfen möchte. Er trat demnach in die Schranken über den mathematischen Theil des Streites und überließ den philosophischen Theil desselben seinem treuen Anhänger Dr. Clark. So entspann sich eine Korrespondenz, welche von der Prinzessin mit der größten Theilnahme verfolgt wurde und die ihre Achtung gegen Newton keineswegs schwächte. Im Jahre 1716 legte Leibnitz den englischen Geometern eine schwierige analytische Aufgabe vor, um – wie er sagte – ihnen an den Puls zu fühlen. Newton, der sie Abends 4 Uhr, als er sehr ermüdet von der Münze heim kam, vorfand, machte sich gleich darüber her und hatte sie noch vor dem Schlafengehen gelöst.

Doch dieß war auch seine letzte mathematische Anstrengung. Die letzten zehn Jahre seines Lebens widmete er außer seiner amtlichen Thätigkeit fast nur theologischen Studien, zu denen sein frommer Sinn sich schon längst hingeneigt hatte. Inwiefern zu dieser Richtung eine durch seine früheren außerordentlichen Anstrengungen des Geistes herbeigeführte Schwächung der Nervenkraft mitwirkte, ist schwer zu entscheiden. Schon im Jahr 1693, als ein in seinem Arbeitszimmer entstandenes Feuer mehrere werthvolle Manuscripte verzehrt hatte, war ein Zustand geistiger Abspannung eingetreten, der aber auch seinen natürlichen Grund in den vielen Nachtwachen hatte. Newton schrieb damals an Locke: »Als ich im vergangenen Winter zu oft bei meinem Feuer schlief, gewöhnte ich mir eine schlechte Art zu schlafen an, und eine Krankheit, welche diesen Sommer epidemisch war, brachte mich noch mehr aus der Ordnung, so daß ich, als ich an Sie schrieb, in 14 Tagen in keiner Nacht eine Stunde und seit fünf Tagen keinen Augenblick geschlafen habe.« Wie oft hatte der große Mann über seine Studien Essen und Trinken vergessen! So erklärlich also auch die verminderte Energie seines Forschungstriebes in seinen späteren Jahren sein mag, so darf doch der fromme Grundzug seines Charakters nicht außer Acht gelassen werden, der ihn trieb, in dem Buch der Offenbarung den persönlichen Gott, der sich in Jesu Christo geoffenbart, zu suchen und festzuhalten. So tief auch seine Schriften über die Prophezeiungen des Daniel und der Apokalypse unter seinen naturhistorischen Werken stehen, so bleiben sie doch ein ehrenvolles Denkmal für den religiösen Charakter des Naturforschers und Philosophen, der freilich nicht in allen Richtungen genial sein konnte. Auch vermag ja der Engländer viel leichter als der Deutsche die freieste Naturforschung mit dem festesten Bibelglauben zu vereinen.

In geselliger Beziehung zeigte Newton stets eine große Ruhe und heitere Milde, er war gesprächig und mittheilend, und nur im Kreise seiner Verwandten überließ er sich zuweilen Stunden lang dem stillen Nachsinnen. Wenn ihn eine zu lösende Aufgabe beschäftigte, kam es wohl vor, daß er, vom Schlafe erwachend und im Begriff sich anzukleiden, noch auf dem Bette sitzen blieb, bis er mit der Lösung zu Stande gekommen war. Lichtenberg, der im Jahr 1774 und 1775 in London war, berichtet, daß er dort einen sehr bejahrten Mann kennen gelernt habe, der mit einem Bedienten Newton's in genauem Verhältnisse gestanden hatte. Dieser habe ihm erzählt, daß Newton's Bedienter, wenn er seinem Herrn Morgens das Frühstück brachte, ihn oft noch in eben der Stellung sitzend gefunden habe, wie er ihn Abends verlassen hatte. – Bei den unerschöpflichen Gedanken, die an Newton's Seele vorüber gingen, war es leicht erklärlich, daß er oft die Zeit vergaß. Auf die Frage seines Freundes Halley, wie er es nur angefangen habe, so viele und große Entdeckungen zu machen, antwortete er: »Indem ich unablässig darüber nachdachte,« und bei einer andern Gelegenheit äußerte er, daß wenn er etwas Bedeutendes geleistet habe, er dieses nur seinem anhaltenden Fleiß und seiner Geduld zu verdanken glaube. Seine Bescheidenheit blieb sich immer gleich, und noch kurz vor seinem Tode äußerte er: »Ich weiß nicht, wie ich der Welt erscheine; aber mir selbst komme ich vor wie ein Knabe, der am Meeresufer spielt und sich damit belustigt, daß er dann und wann einen glatten Kiesel oder eine schöne Muschel findet, während der große Ocean der Wahrheit unerforscht vor ihm liegt.« Er war so bescheiden, weil er so gründlich war.

Während der letzten zwanzig Jahre, die er in London zubrachte, ruhte die Sorge seines Hauswesens auf seiner schönen und gebildeten Nichte, welche auf Kosten ihres Oheims erzogen worden war, und nach dem Tode ihres ersten Mannes, des Obristen Barton, sich, an Herrn Conduit verheirathet hatte und fortwährend mit ihrem Manne in Newton's Hause wohnte bis an seinen Tod. Newton war sehr einfach in Diät und Kleidung, hielt aber auf Wohlanständigkeit, hatte Equipage und eine Bedienung von drei männlichen und drei weiblichen Personen. Seine Freigebigkeit und Mildthätigkeit war unbegrenzt; er verwendete einen beträchtlichen Theil seiner Einkünfte zur Unterstützung der Armen, zur Hülfe für seine Verwandten und zur Aufmunterung unbemittelter Gelehrten. Er äußerte sich oft, daß Diejenigen, welche erst nach ihrem Tode zu geben anfangen, eigentlich gar nichts geben.

Mit dem Anfang des 80sten Lebensjahres stellten sich Steinbeschwerden und bald darauf Gichtanfälle ein; die heftigsten Schmerzen der Krankheit ertrug er aber mit der größten Geduld. Noch im letzten Jahre seines Lebens präsidirte er einer Sitzung der königlichen Sozietät, am 28. Februar 1727; den 18. März, Sonnabends, las er noch die Zeitungen und unterhielt sich ziemlich lange mit Dr. Mead, aber um 6 Uhr Abends verlor er das Bewußtsein und blieb in diesem Zustande den ganzen Sonntag bis Montag den 20. März, wo er zwischen 1-2 Uhr des Morgens in einem Alter von 85 Jahren verschied.

Als der Hof den Tod des großen Mannes erfuhr, verordnete der König, daß – wie es bei Personen von höchstem Range üblich – der Leichnam auf einem Paradebette ausgestellt und dann in der Westminster-Abtei beigesetzt werden sollte, wohin er in feierlichstem Trauerzuge geleitet wurde. Das Leichentuch trugen der Lord-Ober-Kanzler, die Herzöge von Roxburgh und Montrose und die Grafen von Pembroke, Sussex und Macclesfield, welche Mitglieder der königlichen Sozietät waren. Nahe am Eingange in das Thor zur linken Seite fanden die irdischen Reste Newton's ihre Ruhestätte. Seine Verwandten und Erben beschlossen, ihm ein würdiges Denkmal zu errichten, und der Dechant und das Kapitel von Westminster bestimmten dazu eine Stelle in dem ansehnlichsten Theile der Abtei, die bis dahin manchem Vornehmen des englischen Adels verweigert worden war. Dieses Denkmal ward 1731 errichtet. An der Fronte eines auf einem Fußgestell ruhenden Sarkophages sind in halb erhabener Arbeit Jünglinge dargestellt, die in den Händen Embleme von Newton's Hauptentdeckungen halten. Einer hält ein Prisma, ein anderer ein Spiegelteleskop, ein dritter wägt die Sonne und die Planeten mit einer Schnellwage, ein vierter ist um einen Schmelzofen beschäftigt und zwei andere tragen neugeprägte Münzen. Auf dem Sarkophag ist Newton in ruhender Lage, mit dem Ellbogen auf mehrere seiner Schriften gestützt, angebracht; zwei vor ihm stehende Jünglinge halten eine Rolle, worauf astronomische Zeichnungen zu sehen sind. Hinter dem Sarkophag ist eine Pyramide, aus deren Mitte ein Globus hervorschaut, auf dem mehrere Konstellationen verzeichnet sind, um den Gang des Kometen von 1680 zu zeigen, dessen Periode Newton bestimmt hatte, desgleichen der Kolur der Sonnenwende, nach der Angabe des Hipparchus, vermittelst dessen Newton versucht hatte, in seiner Chronologie die Zeit der Argonautenfahrt zu bestimmen. Die Astronomie, als Königin der Wissenschaften, sitzt weinend an dem Globus mit dem Scepter in der Hand; auf der Spitze der Pyramide ragt ein Stern hervor. Die Grabschrift lautet also:

 

Hic situs est
Isaacus Newton, Eques auratus,
Qui animi vi prope divina
Planetarum motus, figuras,
Cometarum semitas, Oceanique aestus,
Sua Mathesi facem praeferente,
Primus demonstravit.
Radiorum Lucis dissimilitudines,
Colorumque inde nascentium proprietates,
Quas nemo antea vel suspicatus erat, pervestigavit,
Naturae, Antiquitates, S. Scripturae,
Sedulus, sagax, fidus Interpres,
Dei Opt. Max. Majestatem philosophia asseruit,
Evangelii simplicitatem, moribus expressit.
Sibi gratulentur Mortales, tale tantumque extitisse
Humani Generis Decus
Natus XXV. Decemb. MDCXLII, Obiit XX. Mar.
MDCCXXVII.

 

Zu deutsch:

 

Hier ruht
Der Ritter Sir Isaak Newton,
Welcher durch fast göttliche Geisteskraft
Der Planeten Bewegung, Gestalten,
Der Kometen Bahnen, des Ozeans Ebbe und Fluth,
Indem seine Mathematik ihm den Weg zeigte,
Zuerst darlegte;
Der Lichtstrahlen Ungleichheiten,
Der daraus entstehenden Farben Eigenthümlichkeiten,
Die keiner vorher auch nur gemuthmaßt hatte, erforschte.
Der Natur, der Alterthümer, der heiligen Schrift
Fleißiger, scharfsinniger und treuer Erklärer,
Des Allmächtigen Gottes Majestät verherrlichte er in seiner Philosophie,
Die Einfalt des Evangelii zeigte er in seinem Wandel.
Mögen die Sterblichen sich freuen, daß unter ihnen lebte
Diese Zierde des Menschengeschlechts,
Geboren den 25. Dezember 1642, gestorben den 20. März 1727.

 

Zu gleicher Zeit ward im Tower zu Ehren Newton's eine Denkmünze geschlagen; auf der einen Seite sein Bildniß mit dem Motto: Felix cognoscere causas (glücklich, wer die Ursachen erforscht!) und auf der Rückseite eine die Mathematik vorstellende Figur.

Den 4. Februar 1755 wurde ein prächtiges Standbild Newton's in Lebensgröße aus weißem Marmor in der Vorhalle des Trinity-Kollegiums errichtet. Newton ist mit einem leichten Mantel, auf einem Fußgestell stehend, vorgestellt, mit einem Prisma in der Hand und gen Himmel blickend mit dem Ausdruck des tiefsten Nachdenkens. An dem Fußgestell befindet sich die Inschrift:

Qui genus humanum ingenio superavit
(Der die Geschlechter der Menschen an Geist übertraf),

deren englische Plumpheit wenig zu dem bescheidenen Wesen Dessen stimmt, den sie verherrlichen soll.

* * *

Wir Deutsche wollen aber nicht vergessen, daß des Briten Newton Größe auf des Deutschen Kepler Größe ruhet, daß der deutsche Astronom den Grund legte, auf welchem Newton sein wissenschaftliches Gebäude errichtete und auf dem es allein zu stehen vermochte.


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