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siehe Bildunterschrift

Abraham Gottlob Werner. Nach einem Poträt von Christian Leberecht Vogel

Abraham Gottlob Werner.

»Schriften der mineralog. Gesellschaft zu Dresden«, 2ter Band. Denkschrift zur Erinnerung an die Verdienste des etc. zu Dresden verstorbenen k. sächs. Bergraths Werner. Die Abhandlung von G. H. v. Schubert in den Münchner Gel. Anzeigen, 1850 Nr. 46.


Wie es gewisse Familien giebt, in denen die Theologie, andere, in denen die Jurisprudenz oder Arzneikunst heimisch geworden ist, so stammte Werner aus echt hütten- und bergmännischem Geblüt. Seit zwei Jahrhunderten waren die Vorfahren des berühmten Mineralogen ansehnliche Besitzer von Eisenhütten und Hammerwerken gewesen; der Großvater hatte das Dobrahüttenwerk zu Ludwigstadt bei Baireuth erbaut und verwaltet, der Vater aber die ruhigere Stellung eines Inspektors über die gräflich Solm'schen Eisenhüttenwerke bei Wehrau in der Oberlausitz den Sorgen des eigenen Besitzes vorgezogen. Hier wurde ihm das Söhnchen geboren (25. September 1750), das bestimmt war, als ein Stern erster Größe am Himmel der Wissenschaft zu glänzen. Die Umgebung des Ortes war nicht ungünstig, das angeborene Talent des Knaben zu wecken; ein steil am Ufer der vorbeifließenden Quais abfallender Hügel zeigte deutlich eine Schichtung verschiedener Erdmassen, und der kleine Abraham schaute oft hin zu dieser Auflagerung, sich fragend, wie das Alles wohl entstanden sein möchte? Der Vater erfreute ihn oft mit hübschen Stückchen Bleiglanz, Kupferkies und anderem glänzenden Erz; was die Umgegend an Steinen und Versteinerungen darbot, lernte er bald kennen und sammeln. Auch das berg- und hüttenmännische Gewerbe betrachtete er früh mit dem größten Interesse, und der Vater konnte ihm keinen größeren Gefallen thun, als Geschichten von kühnen Bergleuten und von der Entstehung dieses und jenes Bergwerks zu erzählen. Er hatte kaum lesen gelernt, als er auch schon die Bücher seines Vaters, die von dem Bergbau und dem Erzgestein handelten, mit größter Wißbegier durchstudirte. Aber auch die biblische Geschichte wurde nicht vernachlässigt, und der fromme Vater war vor Allem bemüht, daß ein guter religiöser Grund in der Erziehung seines Sohnes gelegt wurde. Darum sandte er ihn mit zurückgelegtem zehnten Jahre in die Waisenhausschule zu Bunzlau in Schlesien, woselbst er vier Jahre unter der Zucht und Pflege treuer Lehrer verblieb bis nach erfolgter Konfirmation.

Nach Hause zurückgekehrt, mußte er zur Unterstützung des Vaters den Dienst eines Hüttenschreibers versehen, und drei Jahre lang kopirte er gehorsam und fleißig Rechnungen und Geschäftsberichte. Der Vater hatte von dem ihm sehr geneigten Grafen Solms das Versprechen erhalten, daß der Sohn einst sein Nachfolger im Amte werden sollte, und so war es ihm ganz recht, daß dieser von der Pike an dienen lernte.

Doch die Vorsehung hatte es anders beschlossen. Das viele Sitzen und Schreiben, der Druck einer rein mechanischen Arbeit, welche dem inneren Seelendrange kein Genüge gewährte, hatte so nachtheilig auf die körperliche Entwickelung des Jünglings gewirkt, daß dieser in eine Krankheit verfiel, welche nach dem Rath der Aerzte nur durch den Gebrauch des Karlsbades gehoben werden konnte. Die Reise führte über Freiberg, die hochberühmte Hauptstadt des erzgebirgischen Bergbaus. Der Anblick der vielen Pochwerke, Schmelzhütten, Grubengebäude, des regen Lebens unter und über der Erde wirkte wahrhaft elektrisirend auf das Gemüth des jungen Mannes; er vergaß Krankheit und Karlsbad und hätte am liebsten gleich in Freiberg Halt gemacht. Die Bergbeamten freuten sich der Begeisterung des Jünglings, und redeten ihm wie dem Vater zu, die zwei Jahre zuvor errichtete Bergakademie zu beziehen. Als der Sohn von seiner Badereise heimgekehrt war, erhielt er vom Vater die Gewährung seines sehnlichsten Wunsches, und ein günstiger Zufall fügte es, daß seine Ankunft in Freiberg (Ostern 1769) gerade in die Tage fiel, an welchem dem Kurfürsten, nachmaligem Könige Friedrich August von Sachsen, gehuldigt wurde. Die prächtigen und originellen Festaufzüge der Bergleute zeigten so dem begeisterungsvollen Manne gleich zu Anfang die poetische und glänzendste Seite des Berglebens.

Die Akademie war noch in der Wiege, aber Werner wußte jede Gelegenheit zu lernen trefflich zu benutzen, begnügte sich nicht mit den Vorträgen seiner Lehrer und der Lösung der ihm aufgegebenen Arbeiten, sondern fuhr mit an, wie ein gemeiner Bergmann, unterhielt sich mit oberen und niederen Beamten, trieb sehr eifrig Mineralogie, vernachlässigte dabei auch nicht die Sprachstudien, gleich als hätte er geahnt, daß später ihm lernbegierige Jünger aus allen Nationen zuströmen würden. Der Kurator der Akademie, Papst von Ohain, einer der größten damals lebenden Mineralogen, betrachtete mit wahrhaft väterlicher Zuneigung den strebsamen jungen Mann, verstattete ihm den ungehinderten Zutritt in sein Haus und namentlich zu seiner überaus reichen Privatsammlung, und hörte mit größter Theilnahme dem jungen Akademiker zu, wenn dieser ihm seine Ansichten über die Lagerung der Fossilien, den Bau der Gebirge, über Verbesserung des bergmännischen Betriebes mittheilte. Von Ohain wollte ihm sogleich, um ihn für die Akademie zu erhalten, eine Anstellung im königlichen Dienst verschaffen, welches Anerbieten jedoch von Werner bescheiden abgelehnt wurde, denn dieser fühlte noch den Drang einer weitern allseitigen wissenschaftlichen Ausbildung, und bezog (1771) mit Zustimmung seines Vaters die Universität Leipzig.

Für einen tüchtigen Beamten war das Studium der Rechtswissenschaften von großem Vortheil; neben diesem widmete sich Werner der Naturkunde und dem Studium der neueren Sprachen. In Professor Gehler, dem Verfasser des physikalischen Wörterbuchs, fand er einen höchst anregenden Lehrer, und der vertraute Umgang mit dem Naturforscher Leske und dem höchst talentvollen Arzt Gallisch wirkte fördernd auf den eifrigen Studenten. In der Mineralogie lag der wissenschaftliche Stoff noch sehr chaotisch gemischt. Zwar hatte schon im Jahre 1757 der ältere Bruder Gehlers einen Versuch gemacht, die äußeren Kennzeichen der Fossilien festzustellen und so einer wissenschaftlichen Lehre Bahn zu brechen; auch die berühmten Mineralogen Hill und Wallerius hatten auf die Nothwendigkeit hingewiesen, die Arten der Mineralien nach feststehenden in die Sinne fallenden Merkmalen zu klassifiziren; aber dem jungen Werner war es vorbehalten, das entscheidende Wort zu sprechen, wodurch das Chaotische plötzlich Licht und Ordnung empfing. Er ließ im Jahre 1774 eine kleine Abhandlung drucken »über die äußeren Kennzeichen der Fossilien«, worin er in leichtfaßlicher Sprache zeigte, wie durch Betrachtung der Form, Farbe, der Grade des Glanzes und der Durchsichtigkeit etc. die verschiedenen Steinarten in Klassen, Ordnungen und Familien zu gruppiren seien.

Wie früher das auf die Betrachtung der Befruchtungswerkzeuge der Pflanzen gebaute System des großen Linné der Botanik einen festen Halt gegeben hatte, so geschah es nun durch Werner mit der Mineralogie; bei allen Männern von Fach fand seine kleine Schrift die entschiedenste Anerkennung. Sein Freund und Gönner von Ohain war besonders erfreut, und durch ihn erhielt Werner den Ruf zu der ehrenvollen Stelle eines Inspektors der mineralogischen Sammlung, sowie eines Lehrers der Mineralogie und Bergbaukunde an der Akademie zu Freiberg.

»Welch' anderer Ort, welche andere Stellung hätte wohl günstiger sein können für die allmälige Entwickelung der Gaben, die in dem Gerufenen lagen; für die kräftige, weit über die nächsten Schranken der Zeit und des Raumes hinausreichende Wirksamkeit desselben! Wer Freiberg und den Reichthum der verschiedenen Gebirgsarten, sowie der einfachen Gesteine näher kennt, der weiß es, daß nur wenige Gegenden der Erde sind, die in so engem Raume eine solche Mannigfaltigkeit der Formen des Mineralreiches zu Tage legen. Ein Weg von wenig Stunden oder Meilen führt den sachkundigen Wanderer über die verschiedenartigsten Gebirgsformationen; der Eingang in die verborgene Tiefe, zu den Lagerstätten der Erze und der sie begleitenden Nebengesteine ist nach allen Seiten hin durch die zahlreichen Grubengebäude eröffnet. Dieser Landstrich ist eine Mineraliensammlung im Großen; der Sammler, der sie zu benutzen weiß, kann schon durch Tausch allein vom Ausland her die meisten zur Ergänzung des Naheliegenden nöthigen Materialien eines Mineralienkabinets sich verschaffen.«

Gleich im ersten Jahre seines Lehramtes trennte Werner die Vorträge über Bergbaukunde von denen über Mineralogie; dann schied er aber auch die Lehre über die einfachen nicht gemengten Mineralien oder die Oryktognosie, wie er sie nannte, von der Geognosie oder der Lehre über die Gebirge und Gebirgsarten. Schon seit dem Jahre 1775 hatte Werner in seinen geognostischen Vorlesungen auf die Verschiedenheit wie auf die Ordnung und Reihenfolge, in welcher die großen Massen der Erdrinde sich ablagern, aufmerksam gemacht. Bald darauf erschien der Bericht des berühmten Reisenden Pallas, der Sibirien durchforscht hatte und dort dieselbe Lagerung der Ur- und Flötzgebirge gefunden, wie sie Werner in seinem kleinen freiberger Bezirk als Naturgesetz erkannt und aufgestellt hatte. Das erregte bei allen Sachkundigen nicht geringe Verwunderung. Alexander v. Humboldt sagt in seinem geognostischen Versuch »über die Lagerung der Gebirgsarten in beiden Erdhälften«: »Werner hat auch in Gegenden, deren Untersuchung ihm nicht vergönnt gewesen, einen Theil der Entdeckungen vorbereitet: er hat, möchte man sagen, einen Theil der Entdeckungen vorgefühlt, womit die Geognosie nach ihm bereichert worden. So kann irgend ein sehr beschränkter Raum der Erdveste, eine Gegend von wenig Quadratmeilen Ausdehnung, in welcher die Natur viele Formationen vereinigt hat – gleich dem wahrhaften Mikrokosmus alter Philosophen – im Geiste eines bewährten Beobachters sehr richtige Gedanken erwecken über die Grundwahrheiten der Geognosie. So waren die meisten der früheren Ansichten Werners, selbst jene, die der berühmte Mann schon vor 1790 erfaßt hatte, von einer Richtigkeit, welche noch fortwährend Bewunderung erweckt.«

Die Einfachheit und Klarheit, mit welcher Werner seine Geognosie darstellte, erweckte bei Zuhörern und Anhängern unbedingtes Zutrauen. Als Quelle der verschiedenen Bildungen und Lagerungen der Erdschichten galt ihm der Ozean, aus welchem sich das Starre von oben nach unten niedergeschlagen hatte; daher sein System das neptunistische hieß, im Gegensatz der plutonistischen Theorie, welche eine Erhebung von unten nach oben unter Einwirkung des noch fort und fort in Vulkanen hervorbrechenden Erdfeuers annahm. Bei dem außerordentlichen durch allseitige Beobachtung unterstützten Fortschritt, den die Naturwissenschaft nahm, mußte sich die plutonische Lehre immer entschiedener Bahn brechen, und hätte Werner, der scharfblickende Beobachter, nur Ein Mal einen brennenden Vulkan oder die erloschenen im Rheingebiet oder Südfrankreich gesehen, so würde er wohl schwerlich den Grund solcher vulkanischen Erscheinungen in brennenden Steinkohlenlagern gesucht oder den Basalt aus wässrigen Niederschlägen abgeleitet haben. Sind aber auch viele geognostische Lehren des Altmeisters nicht mehr haltbar, so bleibt ihm doch der unvergängliche Ruhm, der Wahrheit die Bahn gebrochen zu haben durch den Genius der Wissenschaft und exakter Forschung.

In der Oryktognosie steht er noch immer unübertroffen da. Sein außerordentliches Talent, durch die sinnliche Anschauung der Gegenstände ein klares Bild derselben zu erfassen, und genau und scharf, wie es erfaßt war, auch im Wort darzustellen – dabei eine strenge Konsequenz, die keine Unklarheit und Verworrenheit bei den Schülern duldete: mußten ihn wohl als Lehrer der Mineralogie allgemein beliebt und berühmt machen. Lassen wir einen seiner Schüler, der uns in seiner Selbstbiographie (»Was ich erlebte« von Steffens) ein schätzbares Bild seines Lehrers gezeichnet hat, darüber reden:

»Freiberg stand als Akademie damals in der höchsten Blüthe. Werner ward in ganz Europa unbestritten als der erste Mineralog, ja als der neue Stifter und Begründer dieser Wissenschaft betrachtet. Keiner konnte sich damals mit ihm als Oryktognosten messen, selbst Linné besaß nie eine allgemeinere Autorität in der Botanik, als Werner in der Oryktognosie. In der Geognosie hatten die Neptunisten den entschiedenen Sieg über die Vulkanisten errungen. Von Hutton's Erhebungstheorie war kaum die Rede. Aus allen Gegenden Europa's und Amerikas strömten die Mineralogen nach Freiberg. – A. v. Humboldt, L. v. Buch, Esmark, der Norweger, Elhyar, der spanische Mexikaner, Andrada, der brasilianische Portugiese, waren wenige Jahre früher dagewesen. Zu meiner Zeit fand ich dort noch den Irländer Mitchel, der in England schon einen bedeutenden Ruf in seinem Fache besaß; Jameson, den Schottländer, dessen Verdienste um die Geognosie seit seiner Reise durch Schottland allgemein geschätzt wurden. Unter denen, die später als berühmte Mineralogen genannt wurden, und die sich zu meiner Zeit in Freiberg aufhielten, waren d'Aubuisson, der Franzose, Mohs und Herder.

»Werner war noch in der Blüthe seiner Jahre, 49 Jahre alt. Er war eine höchst ausgezeichnete Persönlichkeit, und nahm mich schon bei meinem ersten Besuche ganz für sich ein. Er war von mittlerer Größe, breitschulterig, sein rundes freundliches Gesicht versprach zwar beim ersten Anblicke nicht viel, und dennoch beherrschte er auf eine entschiedene Weise einen jeden, wenn er zu sprechen anfing. Sein Auge ward dann feurig, die Züge schienen sich zu beleben; seine Stimme hatte durch die Höhe etwas Schneidendes, aber jedes Wort war überlegt; eine besonnene Klarheit und die entschiedenste Bestimmtheit seiner Ansichten sprach sich in Allem, was er sagte, aus. Damit verband sich aber eine so seltene Güte, daß er unwiderstehlich Aller Herzen gewann.

»Werner litt anhaltend an einer Unterleibskrankheit; er war dabei sehr ängstlich und um seine Gesundheit besorgt. Er kleidete sich sehr warm; der Magen war immer mit einem Thierfell bedeckt, und wenn er an Magenschmerzen litt, fügte er eine erwärmte Blechplatte hinzu. Das Klima in Freiberg ist freilich rauh, aber doch erschrak ich nicht wenig, wenn ich im Julimonat zu ihm hereintrat und den Ofen warm fand. Er war in Allem bis zur Pedanterie pünktlich. Mit den Zuhörern, die er vorzüglich lieb hatte, pflegte er nach solchen Gegenden, die sich durch irgend eine geognostische Merkwürdigkeit auszeichneten, in seiner Equipage hinzufahren. Er bestimmte dann ganz genau die Zeit der Abfahrt, man durfte nun keine Minute zu früh oder zu spät kommen. Kam man zu früh, so saß er nicht selten bei der Arbeit, sah den Hereintretenden bedenklich an und dann auf die Uhr; kam man zu spät, wenn auch nur um einige Minuten, so ward man in Verlegenheit gesetzt, wenn man ihn selbst in ziemlich warmen Tagen mit Rock, Ueberrock und Pelz auf der Treppe wartend fand. Da mich das Glück, ihn auf solchen kleinen Touren zu begleiten, eine Zeit lang fast jede Woche traf, so sorgte ich ängstlich dafür, daß meine Uhr genau mit seiner übereinstimmend ging. Ich liebte diesen seltsamen und ausgezeichneten Marin unbeschreiblich.

– »Werner's Hauptverdienst um die Oryktognosie beruhte vorzüglich auf der scharfen Auffassung der zartesten Unterschiede. In seinem ganzen Wesen drückte sich eine mit Aengstlichkeit gepaarte Bestimmtheit aus, mit welcher er sie erkannte und darstellte. Eine jede Unklarheit beunruhigte ihn. Er zwang seine Zuhörer fast, die unmerklichsten Nuancen in den Farbenmischungen der Fossilien mit möglichster Entschiedenheit zu erkennen. Alle Kennzeichen derselben waren höchst genau klassifizirt, und eine jede Abweichung von der durch ihn streng bestimmten Ordnung, ein jedes schwankende Auffassen ängstigte, ja verletzte ihn. Obgleich er zur Bestimmung der Krystalle keine mathematischen Formen benutzte, waren seine Beschreibungen derselben doch die genauesten und klarsten. Die krystallinische Struktur der Fossilien ward von ihm zuerst erkannt, und die Zahl der Durchgänge der Blätter, wie er sie nannte, und ihre Stellung gegeneinander enthielt schon den Keim der Ansicht von einer bestimmten Grundform sämmtlicher Kristallisationen, die später so wichtig ward.

»Werner hat bekanntlich wenig drucken lassen. Seine Hefte aber bildeten die Grundlage der vielen oryktognostischen Handbücher, die zu seiner Zeit durch Wiedemann, Emmerling, Reuß u. s. w. bis auf Breithaupt erschienen sind.«

Doch nicht bloß als Lehrer der Mineralogie und Geognosie, sondern auch als Lehrer der Bergbaukunst und Eisenhüttenkunde, als Mitglied des Oberbergamts zu Freiberg, und ganz besonders als Freund der Akademisten wirkte Werner eben so thätig als ruhmvoll. Und bei dieser großen amtlichen Thätigkeit und Berufstreue gewann er – wobei ihm eben die genaueste Einteilung der Zeit zu Statten kam – noch Muße, um dem Studium der Geschichte und Geographie, der Alterthums- und Sprachwissenschaft obzuliegen. Zu seiner Erholung vertiefte er sich in das Studium der verschiedenen Sprachen, der europäischen und asiatischen; man fand ihn oft in frühester Morgenstunde schon bei seinen Wörterbüchern, mit dem Entwerfen von Tabellen beschäftigt, auf denen er die ihrem Sinne nach verwandten Wurzelwörter der vornehmsten bekannten Ursprachen zusammenstellte, und welche die Grundlage bilden sollten zu einem großen polyglottischen Wörterbuch. Die Leichtigkeit, womit Werner fremde Sprachen erlernte, kam ihm sehr zu Statten in seinem Verkehr mit Schülern und Freunden der verschiedensten Nationalität. Da er Spanier und Portugiesen, Italiener und Ungarn, Engländer und Dänen, Schweden und Russen zu Schülern hatte, so wählte er als Sprache für die Fremden das Französische, unterließ jedoch nicht, um diesem und jenem jungen Manne die Sache recht deutlich zu machen, in dessen Muttersprache sich an ihn zu wenden. An seinem System hielt er streng und vertheidigte es hartnäckig gegen alle Angriffe; aber in Bezug auf seine großen Erfolge und Verdienste blieb er stets der anspruchslose, bescheidene, liebenswürdig einfache Mann. Sein Einkommen war mäßig, aber reichte vollkommen für seine Bedürfnisse aus, da er nicht verheirathet war. Mehrere sehr ehrenvolle Anträge in's Ausland lehnte er ab, denn er war mit Leib und Seele seinem Könige und sächsischem Vaterlande zugethan. Als die Häupter der französischen Republik, um ihn auszuzeichnen, ihm ein Ehrendiplom eines Citoyen de la république übersandten, gerieth er in große Verlegenheit und theilte es sogleich dem Hofe mit. – Er starb zu Dresden am 30. Juni 1817 in den Armen seiner Freunde und seiner einzigen Schwester. Sein Leichnam wurde auf Kosten des Staats unter einem feierlichen Trauerzuge nach Freiberg abgeführt und in dem dortigen uralten Dom, nahe den irdischen Resten des Kurfürsten Moritz und anderer Fürsten des Hauses Sachsen, beigesetzt. Die mineralogische Gesellschaft zu Dresden, deren Mitstifter und erster Präsident er war, hat ihm an der Freiberger Straße, eine Stunde von Dresden, ein aus Granitblöcken und Basaltsäulen gruppirtes Denkmal gesetzt; seine Schwester, die verwittwete Pastorin Glaubitz zu Hirschberg in Schlesien, ließ ihm 1823 auf seinem Grabe ein kleines Denkmal errichten. In seinem patriotischen Sinne hatte er schon lange vor seinem Tode angeordnet, daß seine reiche und wohlgeordnete Mineraliensammlung der Freiberger Akademie verbleiben sollte, obschon von England aus ihm eine große Summe dafür geboten wurde. Auch seine übrigen Sammlungen an Büchern, Landkarten, Zeichnungen, Münzen etc. wurden der Akademie überlassen.

Die großen Zeitgenossen Werner's, Schelling und Göthe, ehrten ihn hoch, und wenn Göthe und Werner in Karlsbad zusammentrafen, war es für beide ein Genuß; Göthe bekannte sich immer treu zu den geologischen Ansichten Werner's. Außer den beiden Koryphäen der Wissenschaft, A. v. Humboldt und L. v. Buch, sind als ausgezeichnete Schüler Werner's drei Männer zu nennen, die als Lehrer auf die deutsche Jugend den besten Einfluß geübt haben, wenn auch in ganz verschiedener Weise: H. Steffens, K. v. Raumer und H. v. Schubert. Zu Edinburg in Schottland stiftete ein Schüler Werner's, der berühmte Professor Robert Jameson, eine gelehrte Gesellschaft unter dem Namen Wernerian Natural History Society.


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